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Karlsruhe: 28 Jahre Rausch: Karlsruher Ex-Kiffer über Joints und den großen Absturz

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28 Jahre Rausch: Karlsruher Ex-Kiffer über Joints und den großen Absturz

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    (Symbolbild)
    (Symbolbild) Foto: Archiv

    Norbert ist 44 Jahre alt und seit einem Jahr clean. Seit er 15 war, hat er 28 Jahre lang "im Rausch gelebt", wie er sagt. Cannabis, Alkohol, Amphetamine - auch Speed, Kokain und Heroin hat er konsumiert.

    Mit den Jahren wächst auch der Scherbenhaufen

    Als er im Job mit Kollegen in Konflikt geriet und dabei Gewalt im Spiel war, hat es bei ihm zum ersten Mal klick gemacht. Eine Woche später hatte er einen Unfall. Da war klar: "Ich muss aufhören." Drogen haben bisher den Großteil seines Lebens dominiert. "Damit schien anfangs alles leichter, alle Probleme waren weniger schlimm", sagt er. Mit den Jahren sei der Scherbenhaufen um ihn herum jedoch immer größer geworden. Beziehungen gingen in die Brüche, der Beruf litt unter der Sucht. "Die Droge war mir aber immer wichtiger als die Partnerschaften", weiß er heute.

    Als Norbert auf Entgiftung ging, nahm er morgens noch einmal alles, was er zu Hause finden konnte. Was er nicht geschafft habe zu konsumieren, spülte er das Klo hinunter. "Ich kam völlig stoned in der Therapie an - und hatte einfach blanke Angst." Für Drogen hat er bis zu diesem Zeitpunkt um die 500.000 Euro ausgegeben. Wofür? "Anfangs wird das Zugehörigkeits- und Selbstwertgefühl durch Drogen enorm gesteigert", berichtet er. Beim ersten Mal spiele sicherlich auch viel Neugierde mit. Wie eine Drogenkarriere aber dann verlaufe, ob sie überhaupt zu einer werde - das sei sehr individuell.

    Davon kann auch der 34-jährige Matthias berichten. Auch er ist am Donnerstag zu Gast bei der Fachstelle Sucht in der Karlstraße 61. Hier berichtet er Schülern gemeinsam mit Norbert aus seinem Drogenleben. Regelmäßig informieren Beratungsstellen, Suchtbeauftragte des Landkreises und die Polizei gemeinsam in Sachen Präventionsarbeit. Die Initiative "Wegschauen ist auch keine Lösung" will Schüler für das Thema Sucht sensibilisieren. So genannte Peer-Schüler sollen dann ihre Mitschüler mit dem neuen Wissen aufklären.

    "Droge hat mich entschleunigt"

    Matthias hat zehn Jahre lang täglich gekifft, und dabei Cannabis in rauen Mengen verbraucht. Für ihn hatte das anfangs einen klaren Vorteil: "Weil ich ein eher hektischer Mensch bin, kam ich durchs Kiffen zur Ruhe. Es hat mir ein bisschen mehr Gleichgültigkeit gebracht", erzählt er. Der 34-Jährige redet schnell und viel, wie er selbst sagt, die Droge habe ihn entschleunigt und "Leistungsdruck herausgenommen". War mal kein Joint zur Hand, betäubte er sich mit großen Mengen Alkohol. Subjektiv betrachtet ging es ihm so besser - inzwischen sagt er: "Ich habe einmal mit dem Teufel getanzt und eine Schwelle übertreten - und mir den Genuss für mein Leben versaut."

    Denn noch heute kämpft er bei alltäglichen Dingen mit der richtigen Dosierung. "Sobald ich etwas toll finde, will ich es immer haben - und viel davon." Egal ob Essen, Filme oder positive Erlebnisse - die Dosierung falle ihm schwer. Seit drei Jahren ist er clean, vor vier Monaten wurde sein zweites Kind geboren. Matthias wehrt sich aber trotz Abstinenz dagegen, Alkohol zu verteufeln. "Nur weil ich nicht damit umgehen konnte und heute keinen Alkohol mehr trinke, gilt das nicht für andere." Für seinen Drogenkonsum gingen rund 200.000 Euro drauf, die er heute noch abbezahlt. In etwa zwei Jahren möchte er schuldenfrei sein.

    "Haben Sie keine Angst rückfällig zu werden?", fragte eine Schülerin. "Jeden Tag", antwortete der 34-Jährige. Andere Schüler wollten wissen, wann man eigentlich süchtig ist oder ob man einen Drogensüchtigen auf seinen Konsum ansprechen soll. "Schlimmer machen, kann man es durch Ansprechen nicht - und Wegschauen ist ja auch keine Lösung", meinen nicht nur Norbert und Matthias, sondern auch alle Beteiligten der Initiative.

    Sie haben Fragen zum Thema oder zu Alkohol- und Drogenkonsum? Bei der Online-Beratung der Fachstelle Sucht haben Sie die Möglichkeit, unverbindlich, kostenlos und anonym Fragen zu stellen oder einfach ihre Probleme zu beschreiben. Sie bekommen in der Regel innerhalb von 48 Stunden Antwort von einem qualifizierten Mitarbeiter. Hier geht's zur Online-Beratung!

    Weitere Infos zur Fachstelle Sucht in Karlsruhe finden Sie hier: www.bw-lv.de

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