Der Karlsruher SC hat sich in der Saison 1992/93 erstmals in der Geschichte des Fußballvereins für den UEFA-Pokal qualifiziert. Und jetzt spielen sie im heimischen Wildparkstadion in Karlsruhe bereits in der 2. Runde gegen den FC Valencia.

Die Jungs sind von Anfang an gut drauf: “Wir hatten schon im Mannschaftsbus das Gefühl, dass dies unser Abend wird“, sagt KSC-Spieler Michael Wittwer im späteren Interview. Aber das Endergebnis des legendären Spiels hätte keiner vorhersehen können: 7:0 für Karlsruhe.

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Das Wildparkstadion in Karlsruhe. | Bild: Stadt Karlsruhe

Jörg Dahlmann, der das Spiel KSC-Valencia kommentiert, ist am Ende außer sich vor Aufregung: “Dieser Mann hat heute ein kleines Wunder bewirkt!“ – die Rede ist von Stürmer Edgar Schmitt, der vier der sieben Tore gegen die Spanier schießt.

KSC gegen FC Valencia 1993 – das Hinspiel

Im Fußballstadion Estadio Mestalla in Valencia, Spanien, findet das Hinspiel zwischen dem KSC und dem FC Valencia am 20. Oktober 1993 statt. Der Valencia Club de Fútbol ist einer der erfolgreichsten spanischen Fußballvereine, der damalige Tabellenführer der Primera División, mit Spielern wie Predrag Mijatović, Ljuboslaw Penew und Juan Antonio Pizzi.

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Die Spanier sind aber an diesem Tag den Deutschen überlegen und gewinnen 3:1. Der späte Treffer für Deutschland wird auch von Edgar Schmitt erzielt. So braucht der KSC jetzt mindestens einen 2:0 Sieg im Rückspiel, um in das Achtelfinale zu kommen.

KSC gegen FC Valencia Aufstellung

Zum Zeitpunkt des Spiels ist Winfried Schäfer bereits sieben Jahre Trainer beim KSC gewesen. Unter seiner Führung beginnen die erfolgreichsten zehn Jahre des KSC in der jüngeren Geschichte. Aber leider darf der Trainer, der im Laufe des Spiels den Spitznamen “Winni Wahnsinn“ erhält, dieses Spiel nach einer Sperre der UEFA nicht vom Spielfeldrand aus beobachten. Die Mannschaft der Karlsruher glänzt nur mit Stars.

In der Abwehr spielt Dirk Schuster, der 1986 DDR-Meister wird, und im gleichen Jahr in Jugoslawien wird er mit der U-19-Auswahl der DDR-Europameister. Im Sommer 1990 wechselt er zu Eintracht Braunschweig und 1991 holt der KSC ihn in die 1. Bundesliga. Zwischen 1994 und 1995 wird er dreimal in der Deutschen Nationalmannschaft eingesetzt. Der Deutschland-Mittelfeldspieler Wolfgang Rolff ist ebenfalls in der Mannschaft dabei. Rolff hatte schon für Bremerhaven, Köln, Hamburg und Leverkusen gespielt, bevor er nach Karlsruhe wechselte.

Edgar Schmitt (9/KSC) bejubelt sein Tor zum 5:0. Links: Valerij Shmarov, rechts: Manfred Bender.
Edgar Schmitt (9/KSC) bejubelt sein Tor zum 5:0. Links: Valerij Shmarov, rechts: Manfred Bender. GES/ Fußball/ UEFA-Europapokal, Rückspiel: Karlsruher SC - FC Valencia, 02.11.1993 Football / Soccer: UEFA-CUP: Karlsruhe vs. Valencia, Karlsruhe, November 02, 1993 | Bild: Werner Eifried (GES-Sportfoto)

Insgesamt bestreitet er in den 1980er Jahren 37 Länderspiele für Deutschland. Torwart Oliver Kahn, der später zum FC Bayern München wechselt und zwischen 1995 und 2006 in der Deutschen Nationalmannschaft spielt, ist einer der großen Helden des Spiels.

In der ersten Hälfte dominiert Valencia, vor Allem mit einer Reihe von Torversuchen, sodass Kahn bis an seinen Grenzen gefordert ist. Aber er schafft es, die spanischen Angreifer zurückzuhalten, bis das erste deutsche Tor fällt. Und dann nimmt das Spiel plötzlich eine andere Wendung.

KSC gegen FC Valencia: Aus Edgar Schmitt wird Euro Eddy

“KSC hat kein Land gesehen gegen Valencia bis zu diesem Tor von Edgar Schmitt, sagt Kommentator Jörg Dahlmann gegen Ende des Spiels. Schmitt schießt das erste Tor in der 29. Minute – und das Stadion bricht in Euphorie aus. “Dieser Mann ist Gold wert für den KSC!“ ruft Dahlmann. “Der goldene Edgar!“

Zur Zeit des Spiels ist Edgar Schmitt aus Rittersdorf in der Pfalz bereits 30 Jahre alt – das heißt, er ist schon zu alt, um in die Nationalmannschaft einzusteigen. Für Saarbrücken, Trier und Frankfurt hat er gespielt, bevor er zum KSC wechselt. 1993 nimmt er sowohl mit Eintracht Frankfurt, als auch mit den Karlsruhern am UEFA-Pokal teil. In neun Spielen schießt er insgesamt acht Tore. Bis zur Halbzeit im Spiel gegen Valencia steht es 3:0 für die Karlsruher.

©GES//Anzeigentafel mit dem Endstand 7:0 
UEFA-Cup : Karlsruher SC - Valencia CF , 02.11.1993
©GES-Sportfoto/Am Herrenacker 5/76706 ...
©GES//Anzeigentafel mit dem Endstand 7:0 UEFA-Cup : Karlsruher SC - Valencia CF , 02.11.1993 ©GES-Sportfoto/Am Herrenacker 5/76706 Dettenheim/ | Bild: GES-Sportfoto (FN)

Auch das zweite Tor hat Schmitt in der 34. Minute geschossen – und wird im Kommentar von dem überglücklichen Dahlmann als “Edgar König Schmitt“ gekrönt. Das dritte Tor wird vom Mittelfeldspieler Rainer Schütterle in der 37. Minute erzielt. Mit einer Führung von 3:0 würden die Karlsruher jetzt sicher ins Achtelfinale kommen, wenn die Spanier bei Null bleiben. Der KSC denkt aber nicht dran, bei 3:0 zu bleiben.

Das Adrenalin fließt und sie sind in Hochform – vor allem Schmitt, der nach dem Spiel “Euro-Eddy“ getauft wird. “Edgar Schmitt ist heute Weltklasse!“ sagt der begeisterte Dahlmann, und weiter: “Der KSC – es gelingt ihnen alles! Die Brasilianer aus Baden“.

7:0 für die Karlsruher gegen Valencia

Nach der Halbzeit geht es mit den Toren weiter – noch vier, zwei davon wieder von Schmitt. Die anderen kommen von dem kroatischen Nationalspieler Slaven Bilić, der nach seiner Zeit beim KSC ein paar Jahre im Premiere League in England spielt, und von Waleri Schmarow, der russische Nationalspieler. Das Endergebnis: 7:0 für den KSC gegen den FC Valencia.

“Sensationell, was die Jungs leisten“, lobt Winni Schäfer im Interview. Nach außen hin bleibt er cool, aber wenn ein Tor fällt, sieht man ihn in der Beobachtungskabine aufspringen.

Der FC Valencia im UEFA-Pokal 1993

Der Trainer des FC Valencia zur Zeit des Spiels 1993 ist Guus Hiddink, ein ehemaliger niederländischer Fußballspieler. Hiddink hat eine erfolgreiche Karriere als Abwehrspieler hinter sich, sowohl beim PSV Eindhoven als auch in der North American Soccer League. 1991 fängt er als Trainer beim FC Valencia an.

Einige der Spieler beim FC Valencia spielen in der Nationalmannschaft Spaniens. Fernando Gómez Colomer, genannt einfach Fernando, spielt beispielsweise jahrelang in den Junioren-Nationalmannschaften Spaniens und später in der Nationalmannschaft. Andere Nationalspieler, die im November 1993 am Rückspiel im Wildparkstadion teilnehmen, sind Abwehrspieler Fernando Giner und Francisco José Camarasa, Verteidiger Quique Sánchez Flores, als auch Álvaro Cervera und Juan Antonio Pizzi.

Juan Antonio Pizzi ist der Coach der Mannschaft Saudi-Arabiens.
Juan Antonio Pizzi ist inzwischen Coach der Mannschaft Saudi-Arabiens. | Bild: Federico Gambarini

Miodrag Belodedici spielt in der rumänischen Nationalmannschaft mit, während Predrag Mijatović zu dieser Zeit bei der jugoslawischen Nationalmannschaft ist. José Manuel Sempere ist der Torwart. Der Stürmer Luboslav Penev, der die beiden Tore im Hinspiel geschossen hat, spielt im Wildparkstadion nicht mit.

KSC Valencia 7:0 – es hätte aber auch anders ausgehen können

Eine entscheidende Szene im Spiel findet unmittelbar vor der Halbzeit statt: der Pfostenschuss von Juan Antonio Pizzi beim Stand von 3:0. Das Spiel hätte hier kippen können, wenn der Ball doch noch über die Linie gelaufen wäre. "Aber er läuft auf der Linie, herrlich“, sagt Winni Schäfer nach dem Spiel. Kahn hat aber auch wunderbar das Tor verteidigt. “Da kann man nicht mehr verlieren“, erklärt Schäfer.

Die Folgen des Spiels KSC gegen FC Valencia

Mit dem Sieg über FC Valencia schafft es der KSC, in die 3. Runde zu kommen. Schließlich gelingt es der Mannschaft, das Halbfinale zu erreichen. Im Achtelfinale schlagen sie Girondins Bordeaux und im Viertelfinale Boavista Porto. Im Halbfinale verlieren die Karlsruher knapp gegen den SV Casino Salzburg. Winfried Schäfer bleibt weiterhin “Winni Wahnsinn“ und Edgar Schmitt wird bundesweit als “Euro-Eddy“ bekannt.

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“Das beste Spiel seines Lebens“, kündigt Jörg Dahlmann an, als Schmitt vom Spielfeld geht – und wahrscheinlich blieb das auch so. Die Folgen für den FC Valencia sind ungünstiger – kurz nach dem Spiel muss der Club die Tabellenführung abgeben. Trainer Guus Hiddink wird am 15. November, knapp zwei Wochen nach dem Spiel, entlassen. Am Ende der Saison 1993/94 hat Valencia mit Tabellenplatz 7 die erneute Qualifikation für den Europapokal verpasst.

Was macht Euro-Eddy heute?

“Euro-Eddy“ spielt bist 1996 noch beim KSC, wechselt dann 1997 zum SC Fortuna Köln, wo er ein Jahr lang bleibt. Ab 2007 macht er verschiedene Stationen als Trainer durch: In Aalen, Stuttgart, Uerdingen und Essingen und hört 2012 damit auf. 2019 kandidiert er erfolglos für das Amt des KSC-Vizepräsidenten. Nach seiner Fußballkarriere will Schmitt sich neue Ziele setzen und begibt sich auf andere Geschäftsfelder, wo er alles verliert und wieder bei null anfangen muss.

Euro-Eddy, Florian Dick und Gunther Metz (v. l.)
Euro-Eddy, Florian Dick und Gunther Metz (v. l.) | Bild: Hans-Joachim Of

Aber er holt die Mittlere Reife und Fachabitur nach und studiert anschließend Sportökonomie und Psychologie. Heute ist er selbständig – unter anderem arbeitet er weiter für den KSC im Talentscouting-Bereich und bei Wohlfahrts-Aktionen. Außerdem ist er Repräsentant beim Toto-Lotto Rheinland-Pfalz, hier geht es um Benefiz, Sponsoring und Hilfe für benachteiligte Kinder.

KSC gegen FC Valencia 1993 nochmal auf Youtube erleben

Die Highlights des Rückspiels mit den sieben Toren im Wildparkstadion können über Youtube noch einmal erlebt werden.

 
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