Eintracht Frankfurt ist die "die launische Diva vom Main", der Hamburger SV ist ein "Chaos-Club" oder natürlich Bayern München als "FC Hollywood" - läuft es bei einem Fußballverein drunter und drüber sind höhnische Spitznamen nicht weit.
Der KSC: Die beleidigte badische Leberwurst?
Einen solchen hat der Karlsruher SC - trotz zahlreicher interner Konflikte in der Vergangenheit - nicht. Aber spätestens für das Chaos rund um die Freistellung von Oliver Kreuzer am 1. April hätte er ihn aber mehr als verdient. Wie wäre es mit: Die beleidigte Leberwurst? Doch der Reihe nach.

Mit der am vergangen Samstag verkündeten Abbestellung und am Montag vollzogenen Freistellung von Kreuzer als Geschäftsführer Sport beim KSC werden Erinnerungen an eigentlich vergessene Chaos-Tage wach. Die Personalie Kreuzer polarisierte - schon immer!
Sie war die gesamte Amtszeit eine Streitfrage, bei der sich Fans und - wie in den vergangenen Tagen deutlich wurde - auch Entscheidungsträger in zwei Lager teilten. Der Verein könnte an der aktuellen Situation sogar zerbrechen, derart groß sind die Risse in der Führungsriege. Fest steht: Aus den aktuellen Grabenkämpfen kommt kein Sieger hervor - es gibt nur Verlierer.
Holger Siegmund-Schultze - der beschädigte Präsident
Da wäre zu Beginn KSC-Präsident und Beiratsvorsitzender Holger Siegmund-Schultze. 2020 begann ein eigentlich ruhige Amtszeit: Mit der Wahl Siegmund-Schultzes zum Präsidenten kehrte nach langer Zeit endlich wieder Ruhe in den Verein ein. Vergessen waren die Querelen um Vorgänger Ingo Wellenreuther und der unsägliche Streit mit der Stadt Karlsruhe um das neue Stadion.
Nun - knapp drei Jahre später - steuert Siegmund-Schultze mit seiner Präsidentschaft in unruhige Gewässer: Mutwillig. Denn: Egal wie man die Arbeit von Oliver Kreuzer bewertet - eine Entlassung per Mail und auch am Telefon ist schlechter Stil und eines Profiklubs nicht würdig! Immerhin war Kreuzer sechs Jahre als leitender Angestellter für den KSC tätig und stand als Spieler in über 200 Spielen für die Badener auf dem Rasen. Siegmund-Schultze ist Verlierer Nummer Eins.

Offenbar nahm man sich ein Beispiel an Branchenprimus Bayern München, der zehn Tage vor der Kreuzer-Abbestellung ebenso unehrenhaft Trainer Julian Nagelsmann den Laufpass gab. Sportliche Werte wie Fairplay und Ehrlichkeit scheinen bei beiden Entscheidungen keine Rolle gespielt zu haben.
Dass man sich dann auch noch dazu entschied, die Abbestellung am 1. April zu verkünden und damit zu sorgen, dass selbst die härtesten Kreuzer-Gegner an einen schlechten Aprilscherz glaubten, machte das kommunikative Chaos perfekt. Die Social-Media-Abteilung des KSC sah sich sogar gezwungen den Post mit den Worten "Bei dieser Meldung handelt es sich nicht um einen Aprilscherz", zu versehen.

Um das Chaos zu vollenden: Die Entscheidung traf man in einer Beiratssitzung, bei er es eigentlich "nur" um den Etat für die kommende Saison und nicht um Personalien gehen sollte - damit fiel die Entscheidung ohne Vorankündigung aus heiterem Himmel. Dies erklärte Vize-Präsident Martin Müller im SWR.
So sollen Siegmund-Schultze, Thomas Hock und Christian Fischer die anderen beiden - Martin Müller und Günther Pilarsky - regelrecht mit dem spontanen Tagesordnungspunkt überrumpelt haben. Und das von einem Mann, der auf Stil-Fragen sonst so großen Wert legt. Gegenüber ka-news.de widerspricht Christian Fischer der Darstellung Müllers. Es habe sehr wohl eine Aussprache über die Arbeit beider Geschäftsführer auf der Agenda gestanden.

Und: der offensichtliche Bruch im Präsidium ist enorm. Egal wen Siegmund-Schultze oder ein anderer Kreuzer-Gegner als Nachfolger präsentiert. Die Vize-Präsidenten Müller und Pilarsky werden mit kritischen Worten sicher nicht sparen. Ärger ist jetzt schon vorprogrammiert.
Einzig, dass Siegmund-Schultze seit Samstag konsequent versucht nach vorne zu blicken, ist ihm positiv auszulegen. Anders als seine Präsidiums-Kollegen ist nun er bemüht, nach dem großen Knall, Professionalität auszustrahlen. Leider zu spät.
Martin Müller und Günther Pilarsky - die beleidigten Kinder
Martin Müller und Günther Pilarsky standen und stehen hinter Oliver Kreuzer. Sie sind mit der Freistellung alles andere einverstanden - was natürlich ihr gutes Recht ist - schließlich bringt nur ein gewisser Diskurs auch Fortschritt. Jetzt aber die beleidigte Leberwurst zu spielen, schadet nicht nur ihnen, sondern auch dem KSC! Und bringt Oliver Kreuzer auch nicht zurück ins Amt. Müller und Pilarsky sind Verlierer Nummer zwei und drei.

Als Folge der Entlassung wollen beide ihre zuvor versprochenen Investitionen jetzt nicht mehr vollziehen. "Ich bin von den KSC-Mitgliedern gewählt und werde im Beirat weiterarbeiten. Das Interesse, das geplante Parkhaus zu finanzieren, ist bei mir aber jetzt natürlich nicht mehr da", so Pilarsky in Medienberichten.
Müller ergänzt: "Weiteres Geld zur Verfügung zu stellen, wäre aber unsererseits inkonsequent. Bei meinem Aktienkauf vor drei Jahren habe ich gesagt, dass ich diesen davon abhängig mache, wie mit dem Geld umgegangen wird."

Die Reaktion der Vize-Präsidenten erinnert eher an einen Streit zwischen Kindergartenkindern statt an zwei gestandene Geschäftsmänner: "Was?! Du hast meinen Freund nicht zu deinem Kindergeburtstag eingeladen? Dann darfst du jetzt nicht mehr mitspielen!"
Da muss man sich schon fragen: Herr Müller, Herr Pilarsky, ist Ihnen eventuell schon in den Sinn gekommen, dass Sie von den KSC-Mitgliedern eben wegen dieser Versprechungen ins Präsidium gewählt wurden?! Und: Dass der KSC nun weiterhin 600.000 Euro an Oliver Kreuzer überweisen muss, ist auch ihre Schuld, schließlich haben Sie am neuen Vertrag mitgearbeitet, oder etwa nicht?

Dass Präsident Siegmund-Schultze am Montagabend gegenüber den "Badischen Neusten Nachrichten" (BNN) dann auch noch verkündet, dass die Pläne für das Parkhaus sowieso schon seit Wochen auf Eis lägen, lässt ebenso nur darauf schließen, dass sich hier zwei Männer ohne Sinn und Verstand in der Öffentlichkeit aufplustern wollen.

"Wachen Sie endlich auf und stellen Sie Ihre persönlichen Befindlichkeiten zum Wohle des KSC hinten an!", möchte man den Vize-Präsidenten Pilarsky und Müller zurufen. Ansonsten wäre ein Rücktritt das Beste. Der Verein würde sich endlich aus einer unerträglichen Abhängigkeit befreien.
Chance und Risiko für Christian Eichner
Potentieller Verlierer Nummer vier: Trainer Christian Eichner. Seit Amtsantritt im Februar 2020 ohne jegliche Skandale, ist er der Ruhepol des Wildparkklubs. Nun erhält er nach Kreuzers Abgang die sportliche Leitung - und damit die große Verantwortung über Transfers und Spielerverträge. Ihm bleibt zu wünschen, dass er diese Aufgabe gut meistern kann - ohne dass ihm der Beirat am Ende einen Schwarzen Peter zuschiebt.
Schlussendlich bleibt: Von Eichner und Michael Becker - der seit Jahren dafür sorgt, dass der KSC der finanziellen Konsolidierung entgegenarbeitet - sollten sich einige Entscheider im Wildpark eine große Scheibe abschneiden. Dem Wohle des Vereins wäre es mehr als nur zu wünschen.