Neun-Euro-Ticket, Tankrabatt, Energiegeld, eine Kindergelderhöhung und eine Senkung der Mehrwertsteuer bei Gas auf sieben statt 19 Prozent.
Drittes Entlastungspaket hat Volumen von 65 Milliarden Euro
Die Liste der Maßnahmen zur Entlastung der Bürger in Deutschland ist beziehungsweise war lang. Das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung hat beispielsweise ein Volumen von 65 Milliarden Euro.
Doch nicht nur Privatpersonen kämpfen mit den aktuell hohen Energiepreisen, auch Unternehmen ächzen aufgrund der Kostenentwicklung bei Strom oder Gas.

Da kommt doch die Frage auf: Wo bleiben die Entlastungen für die Wirtschaft oder die Unternehmen in Deutschland und damit auch in Karlsruhe?
Mehr Tempo gefordert
Denn gehen die Unternehmen reihenweise aufgrund der hohen Energiepreise pleite, hilft den Angestellten auch das beste und schwerste Entlastungspakt nichts.

Ein Beispiel: Der Düsseldorfer Toilettenpapierhersteller Hakle musste Insolvenz anmelden. Für viele ein Vorbote einer drohenden Pleitewelle, die Deutschland im Winter einholen könnte. Muss die Bundesregierung also auch hier aushelfen?

Dabei ist es aber nicht so, als würden Unternehmen aktuell allein gelassen werden. Einige Hilfsprogramme laufen bereits, wie bei einem Gespräch mit Gert Adler, stellvertretender Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Karlsruhe, deutlich wird.
Hilfe ist da, aber...
"Es gibt bereits gewisse Entlastungs- und Unterstützungsmaßnahmen für die Wirtschaft. Zum Beispiel gibt es ein Großbürgschaftsprogramm für Betriebsmittel und Investitionskredite oder ein Kfw-Sonderprogramm um Umsatzrückgänge aus niedergelegten Standorten in der Ukraine oder Energiekosten abzufangen", erklärt Adler.

Auch für Energie-Versorgungsunternehmen, die an der Energiebörse tätig sind, ist ein Programm ins Leben gerufen worden um die Versorgungssicherheit sicherzustellen und die betroffenen Unternehmen abzusichern. Direkte finanzielle Zuschüsse würden diese Programme aber nicht beinhalten, so der IHK-Mann.
Ein weiteres Paket ist das sogenannte Energiekostendämpfungsprogramm, welches bis Ende September für energie- und handelsintensive Unternehmen vorgesehen ist, die durch die erhöhten Energiepreise in Schieflage gekommen sind oder geraten könnten. "In der Spitze sieht dieses Programm eine Unterstützung von bis zu 50 Millionen Euro vor", so Adler.
"Programme auf eine breite Basis stellen"
"Es gibt also nicht nichts, wir als IHK würden uns aber wünschen, dass die Programme auf eine breitere Basis gestellt werden und nicht nur auf bestimmte Branchen bezogen bleibt auch die finanzielle Unterstützung sollte mehr in die Tiefe gehen", meint Adler. Über den Sommer habe sich die Situation weiter verschärft und die Notlage der Unternehmen werde größer.

Ähnliche Worte kommen auch von Susanne Schied, Geschäftsführerin der Bäckerei Badischen Backstub' aus Ettlingen. "Die Situation ist dramatisch. Wir bekommen die volle Breitseite der aktuellen Kostensituation ab", sagt Scheid im Gespräch mit ka-news.de. Auch sie wünscht sich Entlastungspakte für Unternehmen.
Dennoch: "Wir möchten, dass Brot und der Bäcker bezahlbar bleiben und wollen die Preissteigerungen nicht eins zu eins an unsere Kunden weitergeben." Trotz der Bemühungen, eine Preissteigerung hat bereits stattgefunden, eine weitere soll laut Schied folgen.
Bäcker kämpfen mit hohen Energie- und Rohstoffpreisen
So kämpft die Backstube nicht nur mit enormen Preisen für Gas und Strom, sondern - seit Ende 2021 - auch mit deutlich gestiegenen Preisen für Rohstoffe. "Für einen Doppelzentner Mehl bezahlen wir aktuell den doppelten Preis." Bei anderen Rohstoffen sei die Situation ähnlich und ziehe sich wie ein roter Faden durch die Bilanzen.

Doch nicht nur für Mehl oder Butter, auch für Energie müsse Schied aktuell ordentlich draufzahlen. "Für Gas zahlen wir aktuell mehr als das Zweifache", meint die Backstub-Chefin und ergänzt: "Im August 2020 hatten wir Energiekosten von ungefähr 63.000 Euro. Jetzt haben wir im August 150.000 Euro für Energie bezahlt."

Die größten Energiefresser der Bäcker: die Öfen. "Unsere Öfen, werden alle mit Gas betrieben. Hinzu kommen die Kosten für Kühlräume oder die Klimaanlagen in unseren Filialen. Was Strom und Gas angeht, nehmen wir aktuell also alles mit, was kommt", so Schied.
Brot müsste eigentlich über fünf Euro kosten
So seien Preiserhöhungen für Kunden unausweichlich. Bis zu 15 Prozent mehr werden für die Backwaren der Backstub fällig. Man sei aber bemüht, die Kosten nicht eins zu eins an den Kunden weiterzugeben.

Eine Beispielrechnung: Aktuell kostet eine Brezel 0,95 Euro. Laut Schied müsste der Preis - wenn alle Steigerungen weitergeben werden würden - bei 1,20 Euro liegen. Ähnlich ist es bei einem Laib Roggenmischbrot. Aktueller Preis: 3,95 Euro statt über fünf Euro.

Die Steigerung der Preise sei beim Kundenverkehr bereits zu vermerken. Weniger Kunden würden in die Filialen kommen, wie Schied berichtet. Allerdings sei die "Brot-Rettungsaktion" nun deutlich beliebter als zuvor.
"Energiekosten fressen uns auf"
"In der letzten Viertelsunde vor Feierabend bieten wir die übrig geblieben Backwaren zum halben Preis an und merken hier deutliche Zuwächse", so Schied. Auch Aktionen wie "too good to go", seien in der aktuellen Situation deutlicher beliebter bei Kunden.
Auch Schied wünscht sich Entlastungspakte für Unternehmen. "Zuschüsse und Hilfe müssen kommen. Die Energiekosten fressen uns auf", meint sie.

Eine Möglichkeit wäre für die Geschäftsführerin, das Ausbezahlen einer bestimmten Summe an Unternehmen, ähnlich den Entlastungspaketen für Privatpersonen. "Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem es so nicht mehr weiter geht", bilanziert sie.
"Politik wälzt Verantwortung an Unternehmen ab"
Zusätzlich sollten auch Bäcker in das Energiekostendämpfungsprogramm aufgenommen werden. Dies sei zuletzt zwar geschehen, aber aus ihrer Sicht zu spät.

Die Möglichkeit der Unternehmen, nun 3.000 Euro steuerfrei an Mitarbeiter, auszuzahlen sei ihrer Meinung nur ein "Abwälzen der Verantwortung von Politik auf die Unternehmen" und aus ihrer Sicht der falsche Ansatz.

"Wenn am Ende des Monats nichts mehr übrigbleibt, können wir nichts auszahlen und die Politik muss sich über den kulturellen Stellenwert der Bäcker Gedanken machen. Diese Unternehmen brauchen Unterstützung", so Schied abschließend.