Etwa 1.000 Tonnen Stahl "knipsen" die Bagger jetzt Stück für Stück ab, fressen sich durch die ehrwürdige Gegengerade. Drei Wochen nachdem Bauarbeiter die Dachplatten entsorgt hatten, geht jetzt der eigentlich Abriss los. "200 Tonnen Asbestzement haben wir in der Deponie in Maulbronn bisher entsorgt", erklärt Werner Merkel, der Betriebsleiter des städtischen Eigenbetriebs "Fußballstadion im Wildpark" (Eibs), bei einem Termin am Montagmorgen im Stadionrund. 

Abriss Gegengerade
Werner Merkel, Betriebsleiter des städtischen Eigenbetriebs (Eibs) im Gespräch mit ka-news.de-Redakteurin Anya Barros. | Bild: Hammer Photographie

Wegen der Dachkonstruktion gab es zu Beginn der Abrissarbeiten allerdings Schwierigkeiten. "Es ging um Teile der Konstruktion, das war ganz banal: Schrauben, die wir eigentlich erwartet hatten, waren nicht da. Das sind so profane Dinge, die im Bestand eben passieren", beschreibt Merkel die Hindernisse.

Abriss Gegengerade
Zuerst wurden die Dachplatten entfernt, die alle voller Asbest waren. (Archivbild) | Bild: Paul Needham

In der Kürze der Zeit musste dann von den Ingenieuren das Abbruchkonzept überarbeitet werden. "Wir konnten dann Beschleunigungsmaßnahmen umsetzen und haben die Zeit wieder reingeholt!". Einfach in den Baumarkt gehen und einen neuen Schraubendreher kaufen sei nicht möglich, lacht Merkel. 

Neues KSC-Stadion

Der Abriss der Gegengerade ist nun der letzte Teil der Vorabmaßnahmen. Hier beginnt, das erklärt Merkel nur wenige Meter von den schweren Baugeräten entfernt, dann der eigentliche Stadionneubau.

"Nach der Entfernung der Konstruktion und der Entsorgung von Schadstoffen, werden wie in der Nord- und Südkurve, Erdarbeiten durchgeführt, alles sortiert und aufbereitet und später in einen neuen Wall geformt", so Merkel im anschließenden Gespräch mit ka-news.de. Etwa 21.000 Kubikmeter werden in der dritten Bauphase bewegt, weniger als in den beiden Kurven zuvor. Hier waren es pro Kurve etwa 30.000 Kubikmeter. "Wir gehen nach unseren bisherigen Erkenntnissen davon aus, dass das genauso unproblematisch ablaufen wird, wie in der Nord- und Südtribüne!"

Abriss Gegengerade
Bagger reißen die Dachkonstruktion ab und sortieren den Stahl. | Bild: Hammer Photographie

Bis Mitte 2020 werden die Neubauarbeiten an der Osttribüne, also der heutigen Gegengeraden, andauern. Dann geht der erste große Umzug los: Die Fans von der Haupttribüne wechseln auf die gegenüberliegende Seite. Direkt im Anschluss an die Fertigstellung der Ostseite wird die Südtribüne gebaut, die neue Gegengerade der KSC-Fans. Die soll, wenn die Bauarbeiten nach Plan laufen, bis Frühjahr 2021 fertig sein. 

Abriss Gegengerade
Mit schwerem Gerät geht es der alten Tribüne an den Kragen. | Bild: Hammer Photographie

Was nun aber gut zu sehen ist, ist die Kunst am Bau, die ja während der Spiele doch meist von den Fans verdeckt war. Großflächige Gemälde in Blau-Weiß die dem KSC "huldigen". Doch der Bagger macht auch vor den großflächigen Graffiti nicht Halt. Die werden nun auch verschwinden - vorerst. 

Karlsruher SC - Dynamo Dresden, 03.08.2019, Herren, Saison 2019/2020, 2.Liga, Fußball,  Heimspiel, Wildparkstadion, Karlsruhe, Germany, GER
Zum letzten Mal waren Fans beim Heimspiel gegen Dynamo Dresden auf der Gegengeraden. (Archivbild) | Bild: Carmele / TMC-Fotografie

"Für das Gesamtkonzept 'Kunst am Bau' beziehungsweise die Gestaltung rund um das Stadion wird es zu gegebener Zeit eine Arbeitsgruppe geben, da ist auch das Kulturamt der Stadt dabei. Und dann werden wir unter Einbindung der Fanvertreter uns an einen Tisch setzen und uns besprechen", so Werner Merkel, Betriebsleiter bei Eibs, gegenüber ka-news.de. 

Denn: Schon jetzt haben sich Verein und Eibs Relikte des alten Stadions gesichert, um diese dann wieder an prominenter Stelle in das neue Stadion zu integrieren. "Das haben wir nicht in großflächiger Art und Weise gemacht, aber ein paar Highlights sind schon sicher verwahrt!", sagt Merkel. Der Verein hat sich beispielsweise ein Zauntor gesichert, laut Werner Merkel soll das später im VIP-Bereich angebracht werden.

Im neuen Stadion werden die alten Schilder einen Platz finden - vielleicht in einem KSC-Museum? | Bild: Tim Carmele

"Wir haben aus dem C-Bereich die Holzbänke gesichert, die werden den Besuchern bei Baustellenrundgängen später wieder begegnen, denn die sind derzeit im Präsentationscontainer untergebracht und werden nach Ende des Umbaus auch wieder in das Gesamtkonzept eingebracht", verspricht Merkel, der selbst KSC-Fan ist, seit er etwa zwölf Jahre alt ist.

Abriss Gegengerade
Bild: Hammer Photographie

Noch bis Ende der Woche dauern die Abrissarbeiten der oberen Ränge und der Stahlkonstruktion der Gegengerade.

Webcams Wildparkstadion

Ab Anfang September beginnen dann die Arbeiten am Wall. Die sollen bis Ende November fertig sein - und am 6. Dezember erhält der Karlsruher SC ein schönes Geschenk zum Nikolaus. Dann wird das Baufeld an den Totalunternehmer übergeben und der eigentliche Bau des neuen Wildparkstadions kann beginnen. 

 

ka-news-Hintergrund

Die Planungen zu einem neuen Fussballstadion in Karlsruhe gibt es seit 2000, wurde jedoch erstmals in den Jahren 2005 und 2006 konkret. Im Jahr 2014 liegen erste Bebauungspläne vor und im Oktober entscheidet sich der Gemeinderat für einen Neubau im Wildpark für etwas mehr als 88 Millionen Euro. 

Im Sommer 2015 werden dann die ersten planerischen Hürden genommen. Stadt und KSC einigen sich auf die Rahmenbedingungen der Refinanzierung. 

Im Juli 2016 stimmt der Karlsruher Gemeinderat für ein neues KSC-Stadion, wenige Monate später auch die Mitglieder des Karlsruher SC. Die Kosten für das Stadion liegen mittlerweile bei etwa 113 Millionen Euro.

2017 wird der EIBS gegründet, der Eigenbetrieb "Fußballstadion im Wildpark". Im März 2017 ist klar: Baubeginn ist 2018. Im Juni dann beginnen die ersten Bauarbeiten für die Umstrukturierung. Doch die Suche nach einem Anbieter und die Vergabe geraten ins Stocken. Der Grund: Alle Angebote liegen über dem Kostenrahmen von 113 Millionen Euro. 

Die Kosten erhöhen sich auf 123 Millionen Euro. Der KSC erklärt sich dafür bereit, die Finanzierung des Parkhauses zu übernehmen, die Stadt stimmt den Mehrkosten zu. Auch der Ablaufplan ändert sich: Der Beginn des Vollumbaus ist auf November 2019 verlegt worden. Im Oktober 2018 werden dann auch die angepassten Verträge zwischen Stadt und KSC unterschrieben. Wenige Tage später, am 5. November, starten die Bauarbeiten im alten Wildpark.

Ende November ist dann auch das größte Karlsruher Geheimnis gelüftet - das Aussehen des neuen Fußballstadions wird enthüllt. Mit der geplanten Eröffnung im Mai 2022 soll das Stadion Platz für 34.000 Zuschauer bieten.

Eine umlaufende Fassade aus drei Grundelementen soll die Kernoptik des Stadions bilden. Das Tragwerk aus Y-Stützen soll dem Ein-Rang-Stadion ein markantes, unverwechselbares Äußeres verleihen und durch einen umlaufenden Stadion-Boulevard soll man das Stadion ohne zusätzliche Ticketkontrollen umrunden können.

Bis es aber so weit ist, müssen zunächst die Vorabmaßnahmen zum Bau des eigentlichen Stadions abgeschlossen werden. Dabei werden unter anderem das Erdreich der neun Meter hohen Wälle der alten Tribünen abgetragen, auf Schadstoffe geprüft, sortiert und wieder neu in den künftig drei Meter hohen Wällen verbaut.

Zudem müssen nach und nach die Tribünen durch provisorische Ersatztribünen ausgetauscht werden, sodass der Spielbetrieb auch während der Baumaßnahmen aufrecht erhalten werden kann. Zuerst mussten die Nord- und die Südtribüne dem Neubau weichen, im Vorfeld durften sich die Fans die dortigen Sitzschalen als Souvenir sichern. Der Rückbau der Gegengerade im Herbst 2019 soll dann den Abschluss der Vorabmaßnahmen des Stadionumbaus bilden. Im Anschluss daran startet der Neubau des eigentlichen Stadionkörpers. 
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