Bis 1914 beherbergt das Gebäude in der Kaiserallee 3 die Eisenbahnverwaltung – offiziell der Bahnhof am “Mühlburger Tor." Dieser Bahnhof ist der kleinere der zwei Bahnhöfe in Karlsruhe – der eigentliche Hauptbahnhof steht seit 1843 am Ettlinger Tor.
Der Bahnhof "Mühlburger Tor"
Vom Mühlburger Tor aus führt die nördliche Bahnlinie über die Nordstadt in Richtung Mannheim und die westliche Richtung mit der sogenannten Maxaubahn führt über die heutige Hildapromenade in Richtung Pfalz. Der Hauptbahnhof am Ettlinger Tor stellt jedoch eine zunehmende Belastung für Verkehr und Fußgänger dar und wird 1913 an seinen heutigen Standort gegenüber dem Stadtgarten verlegt.
Bereits in den 1890-er Jahren plant die Stadt Karlsruhe, neue Linien zu bauen, die direkt in den Rangierbahnhof führen, so dass Güterzüge zukünftig nicht mehr über den Mühlburger Bahnhof führen werden.

Obwohl Bauprojekte immer wieder für den Ausbau des Mühlburger Bahnhofs von der Stadt diskutiert werden, wird auch der Mühlburger Bahnhof 1914 geschlossen und die Trassen an beiden Karlsruher Bahnhöfen werden abgebaut.

Auf der Trasse der früheren Maxaubahn entstehen die Nördliche und Südliche Hildapromenade, Seldeneckstraße, Ludwig-Marum-Straße, Fliederstraße und Sonnenstraße.
Firma Benz möchte ihre Autos ausstellen
In den 1920-er Jahren befindet sich die Eisenbahnverwaltung im Erdgeschoß des Hauses und die Wohnungen in den oberen Stockwerken werden vermietet.
Im September 1921 reicht die Firma Schoemperlen und Gast, bisher bekannt für ihre Fahr- und Motorräder in der Amalienstraße und später in der Sophienstraße, ein Gesuch auf Genehmigung einer Automobilzentrale mit Reparaturwerkstätte am Platz des ehemaligen Mühlburger Bahnhofs. Es handelt sich nicht um eine Automobilfabrik, sondern um eine Verkaufshalle, in der die Firma Benz aus Gaggenau und Mannheim Exemplare ihrer Autos ausstellen möchte.

Dieses Gesuch sorgt für viel Aufregung unter den Bewohnern der Weststadt, jedoch entscheidet der Bezirksrat, das Gesuch zu genehmigen. Man sollte einem derartigen gewerblichen Unternehmen nicht entgegenstehen, heißt es, zumal es größere Erwerbsmöglichkeiten bringe.

Das Projekt scheint aber nicht zustande gekommen zu sein und 1924 werden 3.600 Quadratmeter im Gebäude als Lagerplatzgelände gemietet. Im Jahr 1928 wird das alte Gebäude abgerissen und ein neues Gebäude von den Architekten Betzele und Langenstein errichtet.
Tanzcafé in den 1930-er Jahren
In den 1920er Jahren befindet sich das Kaffee des Westens an der Ecke Kaiserallee/Westendstraße (die heutige Reinhold-Frank-Straße). 1930 zieht das Lokal in das Nachbarhaus um, wo dann regelmäßige Tanzabende stattfinden.

Die Räume sind "durch die moderne Entlüftungsanlage bestens ventiliert" heißt es, und es wird kein Eintritt verlangt. Außerdem muss man nicht unbedingt Wein trinken - "kein Weinzwang" - heißt es in der Werbung.

Im April 1932 wird das Lokal vollständig neu eingerichtet und der Inhaber Leo Heizmann feiert eine Neueröffnung. Künstlerkonzerte, Operetten, Gesellschaftstanz und Kaffee werden hier angeboten.
Im Vergleich zu den dekadenten Kabarettlokalen in Berlin zu dieser Zeit wirkt das Kaffee des Westens noch sehr anständig und vornehm. Montags, mittwochs und freitags findet nachmittags der sogenannte Hausfrauen-Tag, verbunden mit Wunschkonzert und “musikalischen Sondereinlagen“ statt.

Zu diesen Veranstaltungen wird ein Kännchen Kaffee, Tee oder Schokolade mit einem Stück Torte oder Kuchen nach Wahl zu einem Sonderpreis serviert. Ob das Kaffee des Westens ganz so vornehm bleibt ist fraglich. Über die nächsten Jahre werden eher Tanzabende als Operetten angeboten, sogar "Bunte Abende mit Tanz."
Eine Geigen-Virtuosin spielt im Kaffee des Westens
1935 geht es schon etwas dramatischer zu als die Geigen-Virtuosin Nora Carenna ein paar Tage mit ihrem Orchester im Lokal spielt und dirigiert. "Sie muss alle Vorzüge des Weiblichen an sich tragen", schreibt Karlsruhes Zeitung "Der Führer."

"Sie tanzt mit und lebt mit, und das Kleid, oh!". Carennas zigeunerische Improvisationen sind rassig und ungelogen, heißt es, ein fast brutales, Sehnsuchtsverlangen, Melodien, die man mit nach Hause bringt.
Kaffee des Westens im Zweiten Weltkrieg – Außenstelle des Arbeitsamts
Noch am Anfang des Kriegs gibt es sogenannte "Je-Ka-Mi-Abende" (Jeder kann mitmachen). Die besten Vortragenden in Musik, Gesang und Tanz erhalten Preise. Doch die verzweifelte Kriegslage ab 1942 trifft die Gastronomiebranche hart und vermutlich wird das Lokal vorübergehend geschlossen, im Jahr 1944 auch endgültig und das Arbeitsamt zieht in das Gebäude ein.

Im Oktober 1944 erscheint eine amtliche Bekanntmachung, dass alle nicht beschäftigten Arbeitskräfte des Gaststättengewerbes sich unverzüglich beim Arbeitsamt Karlsruhe, Mühlburger Tor, im "Kaffee des Westens" zu melden haben.
Wieder Tanzcafé und Gaststätte
Nach dem Krieg öffnet das Lokal wieder, zuerst als "Tanzcafé Madeleine", das sich zu einem beliebten Tanzlokal entwickelt und Anfang der 1960-er Jahre zieht das Restaurant "Oberbayern" in das Gebäude.

Ab Dezember 1989 öffnet die Diskothek “Unverschämt“ hier ihre Türen und bleibt für die nächsten 22 Jahre in dem Gebäude mit der bewegten Geschichte am Mühlburger Tor. Seit 2019 befindet sich das Restaurant Purino in den Räumlichkeiten.