Früher stand auf dem Gelände der RaumFabrik Durlach die Nähmaschinenfirma Pfaff, ein Titan der Industrie und einer der Nähmaschinengiganten, die in Karlsruhe ansässig waren, wurde jedoch in der Pfalz gegründet. In der Nachkriegszeit übernahm Pfaff die bestehende Karlsruher Nähmaschinenfirma Gritzner-Kayser, die ehemalige Firma Gritzner.

Aus Pfaff wird die RaumFabrik Durlach

Letztere fusionierte 1931 mit der Pfälzischen Nähmaschinen- und Fahrradfabrik Gebrüder Kayser AG, ebenfalls aus Kaiserslautern in der Pfalz. Ende der 1990er Jahre wird Pfaff geschlossen – heute steht der Gewerbepark RaumFabrik Durlach auf dem Gelände.

Pfaff wird 1862 vom Instrumentenmacher Georg Michael Pfaff in Kaiserslautern gegründet. Die Firma genießt großen Erfolg und Pfaff gibt nach wenigen Jahren sein Instrumentengeschäft auf, um sich auf das Nähmaschinenunternehmen zu fokussieren. Bald verkauft die Firma jährlich Tausende von Nähmaschinen – davon wird gut die Hälfte ins Ausland exportiert – und im Jahr 1885 eröffnet Pfaff eine Verkaufsfiliale in London.

Pfaff in 64 Ländern

Nach dem Tod von Georg Michael Pfaff 1893 übernimmt sein Sohn Georg Pfaff die Firma, die bis dahin 25.000 Maschinen im Jahr mit 400 Arbeitern produziert. Bis 1917 exportiert die Firma in 64 Länder, mit einem Jahresumsatz von über fünf Millionen Reichsmark. In diesem Jahr stirbt Georg Pfaff und seine Schwester Lina übernimmt die Leitung der Firma.

Alte Schilder der Firma Gritzner erinnern in der Kippe23 noch heute an längst vergangene Zeiten
Alte Schilder der Firma Gritzner erinnern in der Kippe23 noch heute an längst vergangene Zeiten | Bild: Stefan Kienler

Nach dem Ersten Weltkrieg boomt das Geschäft wieder und Mitte der 1920er Jahre beschäftigt das Unternehmen 2.600 Mitarbeiter. Pfaff sorgt für ihre Mitarbeiter und führt eine Hinterbliebenenkasse, eine Krankenkassenunterstützung und eine betriebliche Rentenkasse ein, und baut in einer Wohnsiedlung Wohnungen für Werksangehörige. Als Karl Pfaff 1926 die Firma übernimmt läuft die Montage am Fließband und 300 Maschinen verlassen täglich das Werk.

Die dreimillionste Nähmaschine wir hergestellt

Am 18. Januar 1927 wird die zweimillionste Pfaff-Nähmaschine hergestellt und bis 1936 erreicht die Produktion die dreimillionste Nähmaschine. Während des Zweiten Weltkriegs jedoch wird die Produktion von Nähmaschinen eingestellt und Pfaff fertigt nun Schlösser für Maschinengewehre. 1944 wird das Werk durch insgesamt vier Bombenangriffe schwer beschädigt, aber nach dem Krieg schnell wieder aufgebaut.

Pfaff
Bild: gemeinfrei

In der Nachkriegszeit erlebt die Firma wieder einen gewaltigen Boom mit der Herstellung von Industrienähmaschinen und die Schreinerei fertigt auch Radiogehäuse, Fernsehschränke und Gehäuse für Jukeboxes. Als Karl Pfaff 1952 unerwartet stirbt, beginnt der Vorstandsvorsitzender Hugo Lind die Firma weiter auszubauen.

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1957 übernimmt Pfaff die Firma Gritzner-Kayser AG, die zu der Zeit in Karlsruhe-Durlach ansässig ist. Gritzner-Kayser AG selbst übernimmt 1958 die Fertigungsanlagen der Motorradwerke Mars und liefert dann Kleinkrafträder und Mopeds aus, vor allem das Leichtmotorrad “Monza“ und das Moped “Milano“. Sie führt auch bis in die 1960er-Jahre den Bau dieser Modelle fort.

Die Maschinenfabrik Gritzner in Durlach

Heute steht die Gritznerstraße in Durlach in unmittelbarer Nähe der ehemaligen Maschinenfabrik Gritzner. Max Carl Gritzner gründet seine Maschinenfabrik 1872 und erfindet 1879 den brillenlosen, doppelt umlaufenden Greifer, der heute noch in fast allen Nähmaschinen der Welt verwendet wird.

Pfaff
Bild: Stefan Kienler

Mit seinen 120 Angestellten werden bis Ende der 1870er-Jahre 20.000 Nähmaschinen hergestellt und gegen Ende des 19. Jahrhunderts wird die Firma, die ab 1886 in Nähmaschinenfabrik vorm. Gritzner & Co. AG umfirmiert wird, zur größten Nähmaschinenfabrik Europas.

Ab 1887 werden hier auch Fahrräder und ab 1903 Motorräder hergestellt – die Produktionspalette umfasst auch Pumpen und Dampfmaschinen und Gritzner meldet mehrere Patente an. Die Fabrik produziert 1902 ihre millionste Nähmaschine.

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Wie der Jahres-Bericht der Großherzoglich Badischen Fabrik-Inspektion berichtet, beschließt die Fabrikdirektion “mit einem Aufwande von 25.000 Mark für die Beamten und Arbeiter eine Badeanstalt zu errichten“. Im Jahr 1910 stellt die Fabrik ihre zweitmillionste Nähmaschine her – insgesamt verlassen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sieben Millionen Nähmaschinen das Werk. In den 1920er-Jahren beschäftigt das Unternehmen über 20.000 Mitarbeiter.

Fusionierung mit Pfälzischer Nähmaschinenfabrik Kayser

Im wirtschaftlichen Krisenjahr 1931 fusioniert Gritzner mit der Pfälzischen Nähmaschinen- und Fahrradfabrik, vormals Gebrüder Kayser AG, aus Kaiserslautern und aus der Maschinenfabrik wird jetzt die Firma Gritzner-Kayser AG.

Bis 1936 ist das Unternehmen finanziell stabil und insgesamt erfolgreich. In den Kriegsjahren wird auch ein “befriedigendes Ergebnis“ gemeldet, allerdings muss Gritzner, wie auch andere Industrieunternehmen auf Rüstungsproduktion umstellen. Aber 1955 vernichtet ein Großbrand im neuen Heizwerk den größten Teil der Produktionsanlagen in Durlach, woraufhin 1.600 Arbeiter entlassen werden. Zwei Jahre später wird die Firma von der G. M. Pfaff AG in Kaiserslautern übernommen.

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Die Pfafftochter Gritzner-Kayser AG übernimmt 1958 die Fertigungsanlagen der Motorradwerke Mars und liefert dann Kleinkrafträder und Mopeds aus, vor allem die Modelle “Monza“ und “Milano“.

Nach der Übernahme der Firma Gritzner-Kayser durch Pfaff werden in Durlach weiterhin Haushaltsnähmaschinen gebaut, während bei Pfaff in Kaiserslautern Industrienähmaschinen gefertigt werden. 1973 steigt der Exportanteil des Industriemaschinenverkaufs auf 63%. Bis 1985 ist der Jahresumsatz 1 Milliarde Deutsche Mark, wobei der Hauptanteil im Ausland erzielt wird. Bis 1993 beschäftigt die Pfaff AG 4.223 Mitarbeiter.

Produktion wird nach Shanghai verlagert

Zwischen 1996 und 1997 wird Pfaff in Durlach geschlossen. Der Haushaltsnähmaschinenbereich, der in Durlach angesiedelt war, wird durch die schwedische Husquarna Viking Sewing Machines AB übernommen.

Im Hauptsitz Kaiserslautern arbeiten nur noch 1.200 Leute, und 2004 wird auch hier die Produktion eingestellt und nach Shanghai verlagert. 200 Beschäftigte bleiben in Entwicklung, Vertrieb und Verwaltung, aber im September 2008 muss die Pfaff Industrie Maschinen AG einen Insolvenzantrag stellen. Heute steht der Gewerbepark RaumFabrik Durlach auf dem ehemaligen Gelände der Pfaff-Nähmaschinenfabrik.

 
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