Braucht Karlsruhe ein neues Kraftwerk?
Am Rheinhafen in Karlsruhe soll ein neues Dampfturbinenkraftwerk entstehen: RDK9. Bereits heute befinden sich dort drei weitere Kraftwerke – RDK4, RDK7 und RDK8. Während RDK4 und RDK7 inzwischen stillgelegt und nur noch im Reservebetrieb sind, versorgt das Kohlekraftwerk RDK8 die Region weiterhin mit Strom – allerdings nur noch bis 2028.
Warum RDK9?
RDK9 soll ein zentraler Baustein der regionalen Energiewende werden. Statt wie bisher auf Kohle, setzt das neue Kraftwerk vorerst auf Erdgas, anschließend auf den sogenannten blauen Wasserstoff, der ebenfalls aus Erdgas gewonnen wird. Langfristig ist der Betrieb mit grünem Wasserstoff geplant, der CO₂-neutral produziert wird. Laut Betreiber EnBW lassen sich damit zunächst 50 Prozent, später 100 Prozent der CO₂-Emissionen im Vergleich zu bisherigen Kohlekraftwerken einsparen.

Ein weiterer Vorteil: Das Kraftwerk kann deutlich flexibler hoch- und heruntergefahren werden – eine Eigenschaft, die besonders bei Stromengpässen durch schwankende Einspeisung erneuerbarer Energien von großer Bedeutung ist.
Die Rolle in der Energiewende
Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, Strom möglichst vollständig aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Aktuell ist das jedoch nicht in vollem Umfang möglich, da Wind und Sonne nicht kontinuierlich zur Verfügung stehen. Deshalb braucht es eine Übergangslösung – bisher ist das Kohle. Doch diese könnte künftig durch moderne Wasserstoffkraftwerke ersetzt werden.
Der Knackpunkt: Infrastruktur
Während der Kohleausstieg politisch gefordert wird, fehlt bislang die notwendige Wasserstoffinfrastruktur. Die Lösung: Projekte wie RDK9, die auf diese neue Technik setzen – doch dafür braucht es politische und gesetzliche Grundlagen.

Aktueller Stand von RDK9
Ein erster Gesetzesentwurf der Ampel-Koalition sollte den Weg für den Aufbau entsprechender Infrastruktur ebnen, zu der auch RDK9 zählt. Durch den Regierungsbruch muss das Vorhaben nun erneut eingebracht und beschlossen werden. Solange es keine rechtliche Grundlage gibt, sieht EnBW den Standort Karlsruhe nicht als gesichert an.
Erst mit Inkrafttreten des sogenannten Kraftwerkssicherungsgesetzes könnte ein Ausschreibungsverfahren durch die Bundesnetzagentur starten. In diesem müsste sich EnBW für den Standort Süddeutschland durchsetzen, bevor der Bau von RDK9 beginnen kann.
Wann kommt RDK9?
Nach aktuellem Stand könnte laut EnBW der Bau des Kraftwerks Ende 2025 beginnen und zur Jahresmitte 2030 in Betrieb genommen werden – vorausgesetzt, die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen sind bis dahin geklärt.

Was kostet RDK9?
Über die konkreten Kosten des Projekts macht EnBW derzeit noch keine Angaben.
RDK9 im Gemeinderat
Der Karlsruher Gemeinderat wird am 29. April in einem Grundsatzbeschluss seine politische Unterstützung für das Vorhaben erklären. Es handele sich dabei um eine politische Willensbekundung zur Einleitung der entsprechenden Verfahren und entlastet die EnBW weder von ihren Entwicklungsrisiken noch begründet sie Ansprüche auf eine bestimmte Entscheidung.

Oberbürgermeister Frank Mentrup hat sich zudem bereits in einem Instagram-Video an die Bürger gewandt: "Die Ansiedlung der EnBW im Rahmen dieses bundesweiten Programmes bietet eine Riesenchance. Der Gemeinderat wird Ende April darüber entscheiden, ob er das Anliegen unterstützt oder nicht. Deshalb mein Appell an Sie: Bringen Sie sich in die Debatte ein!"
Was ist die Kritik an RDK9?
Seit der Bekanntgabe der Pläne regt sich zunehmend Kritik. Das Klimabündnis Karlsruhe äußerte sich in einer Mitteilung vom 17. April skeptisch gegenüber dem Vorhaben: "Das Klimabündnis sieht weiterhin zu viele offene Fragen und wirbt dafür, die Entscheidung frühestens dann zu treffen, wenn die Stadtwerke die Optionen für die künftige Fernwärmeversorgung ausgearbeitet haben."
Besonders kritisch hinterfragt das Bündnis, ob ein primär auf Stromproduktion ausgerichtetes Kraftwerk überhaupt sinnvoll in die Fernwärmeversorgung integriert werden könne – eine seriöse Antwort darauf sei bis zum 29. April nicht zu erwarten. Stattdessen plädiert das Klimabündnis für eine sorgfältige Prüfung umweltfreundlicher Alternativen wie Geothermie oder eine Flusswärmepumpe, die sich möglicherweise als vorteilhafter für Karlsruhe erweisen könnten.
Auch die Bewegung Fridays for Future Karlsruhe spricht sich klar gegen das Vorhaben aus. In einem Instagram-Beitrag heißt es: "Der Gemeinderat darf den Plänen für neue fossile Infrastruktur nicht zustimmen."