Ludwigsplatz, Südliche Waldstraße, Erbprinzenstraße - wer in Karlsruhe abseits der großen Einkaufsmeile Kaiserstraße shoppen oder gemütlich im Café sitzen will, findet in den seitlichen Straßenzügen im Süden der Karlsruher Innenstadt West meist, was er sucht: Hier reiht sich Laden an Laden, zahlreiche Lokale und Restaurants möchten zum Verweilen einladen.
Doch ganz so beschaulich geht es auf den Wegen rund um die Karlstraße in Wirklichkeit selten zu. Der Grund: Hier herrscht stets reger Verkehr - auf den Seitenstraßen durch Rad- und Fußgänger, auf der Karlstraße selbst durch Autos und Bahnen.

Hinzu kommt die Baustelle der Kombilösung am Karlstor, die es Auto- und Bahnfahrern derzeit noch schwieriger macht, in die Innenstadt zu kommen. Die Folgen laut Anwohnern und Geschäftsinhaber: Die Aufenthaltsqualität nimmt ab, Leerstände von Geschäftsräumen zu und Kunden bleiben aus. Bei der Stadtplanung spricht man vom "Trading-Down-Effekt".
Denn während 70,2 Prozent der Bürger am liebsten in der zentralen Kaiserstraße shoppen, tun das in der Erbprinzenstraße und am Ludwigsplatz nur 14,1 Prozent, in der Südlichen Waldstraße sogar nur sieben Prozent. Das geht aus einem "Gutachten zur Zukunftsfähigkeit der Karlsruher City als Einzelhandelsstandort 2030" hervor.
Die Studie wurde von der Stadt Karlsruhe in Auftrag gegeben und 2017 bis 2018 von der "CIMA Beratung + Management GmbH" durchgeführt, um Perspektiven der City während und vor allem auch nach Abschluss der Bauarbeiten der Kombilösung aufzuzeigen. So soll im besten Fall die Erhaltung und Weiterentwicklung der Attraktivität der Innenstadt vorangebracht werden.
In der Vergangenheit haben Karlsruher Parteien, Ladenbesitzer und Stadt immer wieder Versuche gestartet, die Straßen bezüglich Verkehr und damit auch für den Einkauf attraktiver zu gestalten - etwa durch autofreie Zonen in Südlicher Waldstraße und Karlstraße oder durch Experimente des Reallabors Go - doch mit teils nur mäßigem Erfolg. Jetzt startet die Stadt einen neuen Versuch, das Areal aufzuwerten.
Auf Grundlage der Cima-Studie hat man 2019 neue Maßnahmen entwickelt, die auf der vorliegenden Datenbasis zum Erfolg führen sollen. Eingeteilt sind diese in vier Prioritätsstufen: Sofort, kurzfristig (Umsetzung innerhalb eines Jahres), mittelfristig (innerhalb von drei Jahren) und langfristig (bis 2030). Die Ideen im Folgenden:
1. Neuordnung von Fußgänger- und Radverkehr
Radfahrer und Fußgänger sollen durch eine bis spätestens 2030 entwickelte Kampagne "Mehr Miteinander in der Erbprinzen- und Waldstraße" zu mehr Rücksichtnahme aufeinander aufgefordert werden, eine "Neuordnung der Verkehre" in der südlichen Waldstraße soll bis 2021 zudem eine "echte Flanierqualität für Fußgänger" schaffen.
2. Bessere Querung der Karlstraße - ohne Autos?
Die Karlstraße soll zwischen Amalienstraße und Europaplatz bis 2021 eine bessere - und barrierefreie - Überquerungsmöglichkeit bekommen. Ob die Straße - wie vor rund zwei Jahren von den Grünen angedacht - verkehrsberuhigt wird, will man bis dahin ebenfalls prüfen.
3. Weniger Autos und Räder in der südlichen Waldstraße
Um auch den Autoverkehr in der südlichen Waldstraße zu reduzieren, könnte zudem das Parkhaus und dessen Zugang am Stephanplatz - ebenfalls innerhalb von drei Jahren - heller und attraktiver gestaltet werden, für Letzteres sollen Händler für die Benutzung der Tiefgarage werben.
Damit Fahrradfahrer möglichst den Fußgängerzonen Erbprinzenstraße und Waldstraße fernbleiben und stattdessen die Cityroute-Süd nutzen, sollen deren Fahrbahnmarkierung in diesem Bereich noch im Jahr 2020 zudem deutlich sichtbarer gestaltet werden.
4. Neue Quartiersgemeinschaft: Händler und Immobilieneigentümer stärken
Mit der Verkehrssituation sollen gleichzeitig aber auch die Einzelhändler rund um die Karlstraße gestärkt werden. So könnten sich ansässige Händler und Immobilieneigentümer bis 2021 in einer Quartiersgemeinschaft organisieren und in den darauffolgenden Jahren mit einer Quartierswebsite für sich und das Angebot in den angrenzenden Straßenzügen werben.
5. Umgestaltung Stephanplatz
Als "zentraler Platz" der Einkaufsmeile soll auch der Stephanplatz eine neue Funktion bekommen. Er soll künftig "Scharnier zwischen Einkaufslagen im Citybereich" sein und zum ganztägigen Verweilen einladen.
Hierfür soll eine Projektgruppe bis 2030 ein Nutzungskonzept erarbeiten, wobei weitere Begrünungsmöglichkeiten, Sport- und Spielmöglichkeiten wie eine Kletterwand und ein Sandkasten und die Integration des Brunnens in der Mitte des Platzes durch Spielanlagen oder Bänke geprüft werden sollen.

Auch ein Trinkwasserbrunnen soll laut des Cima-Gutachtens auf dem Stephanplatz entstehen. Die regelmäßig stattfindenden Wochenmärkte sollen beibehalten, das Konzept aber noch im laufenden Jahr konkretisiert werden. Das Ziel: Der Marktbesuch soll zum Erlebnis werden und soll eine Treffpunktfunktion erfüllen. Die Stadt kann sich einen "hochwertigen Spezialitätenmarkt" vorstellen - der Einbau fest installierter, dauerhafter Marktstände wird geprüft.
6. Neue Dekoration für Karl-, Wald-, Erbprinzen- und Herrenstraße
Doch nicht nur der Stephanplatz soll aufgewertet werden. Mit einem Gestaltungskonzept sollen bis 2030 sowohl die Karl-, die Wald-, die Erbprinzen- als auch die Herrenstraße gleichsam an Aufenthaltsqualität gewinnen und so mehr Besucher anziehen.

So könnten in den Straßenzügen laut Gutachten unter anderem eine einheitliche Weihnachtsbeleuchtung, über den Straßen aufgespannte Dekoelemente wie Regenschirme oder Kunstobjekte, Lichtelemente wie Weihnachtssterne und - für Möblierung und Begrünung - Topfpflanzen sowie einheitliche Fahrradständer angeschafft werden.
Karlsruhe soll attraktiver werden. Damit das gelingt, hat die Stadt den "Aktionsplan City" ins Leben gerufen. Dort sind über 100 Maßnahmen gebündelt, die Karlsruhes Innenstadt in den kommenden Jahren verändern werden. ka-news.de nimmt in der Serie "Karlsruhe im Wandel" die einzelnen Bereiche unter die Lupe.
Teil 1: Karlsruhe soll sich verändern: Europaplatz wird heller - Fahrradständer geplant
Teil 2: Neue Karlsruher "Shoppingmeile": Wie die Billigläden an der Kaiserstraße vertrieben werden sollen
Teil 3: Von der "Schmuddelecke" zum Wohlfühlort: Wie der Karlsruher Osten sich verändern soll
Hinweis: Kommentare geben nicht die Meinung von ka-news wieder. Der Kommentarbereich wird 7 Tage nach Publikationsdatum geschlossen. Bitte beachten Sie die Kommentarregeln und unsere Netiquette!