Die Fächerstadt hängt am Traditionsunternehmen Majolika. Neben langen Diskussionen im Gemeinderat setzten sich die Karlsruher immer wieder für die Keramikmanufaktur ein, sei es mit dem Kampf um Majolika-Kunst im Mühlburger Postgebäude oder dem Appell für Majolika-Fliesen an den Zugängen zu den unterirdischen Haltestellen.
Jetzt sollen es also Majolika-Reliefs von Starkünstler Markus Lüpertz an den Wänden der neuen unterirdischen Haltestellen sein. Allerdings nicht, wie zunächst angenommen, über die gesamten Stationswände, sondern an Flächen, die für Werbung vorgesehen waren. Anders wäre die Idee mit dem bestehenden Architekturkonzept für die Haltestellen wohl kaum vereinbar. Und dieses Konzept steht immerhin seit mehr als zehn Jahren. Wozu sonst der ganze Aufwand mit Ausschreibung, Wettbewerb und Co.?
Es geht nicht um die Kunst, sondern ums liebe Geld
Ob man nun Lüpertz' Idee und seine Kunst schön findet oder nicht, das ist freilich Geschmackssache. Da es offiziell noch keine konkreten Entwürfe gibt, lässt sich nur schwer abschätzen, ob die "Genesis-Fliesen" ein schöner Farbtupfer oder ein Schandfleck sein werden.
Aber eine Frage muss erlaubt sein: Soll die Stadt sich die temporäre Installation wirklich leisten? Sicher, private Sponsoren sollen für die Finanzierung aufkommen. Fest steht aber auch: Werden in den Werbevitrinen Majolika-Reliefs statt Plakaten ausgestellt, müssen die Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) die potentiellen Werbeeinnahmen abschreiben.
Welche Summen in den sechs Jahren, die aktuell für die Lüpertz-Kunst im Gespräch sind, zusammenkommen, darüber hält man sich bei den VBK bedeckt. Vermutlich wird es nicht das Zünglein an der Waage sein, welches das Verkehrsunternehmen ins finanzielle Unglück stürzen könnte. Dennoch bleibt ein bitter Beigeschmack: Um die Verluste zu verringern, haben die VBK in den vergangenen Monaten die Linie 8 quasi beerdigt, einen Sommerfahrplan für die Linie 5 eingeführt und den Nightliner-Fahrplan ausgedünnt. Alles kein Weltuntergang, aber dennoch ein Einschnitt für die Fahrgäste.
Hinzu kommt, dass die Verkehrsbetriebe in den kommenden Jahren Millionenbeträge in die Hand nehmen müssen, um die Bahnflotte tunneltauglich zu machen. Sparen und investieren, aber gleichzeitig auf Einnahmen verzichten - das passt nicht zusammen! Oder werden die potentiellen Sponsoren für das Lüpertz-Projekt den Verlust der VBK ausgleichen? Es bleibt nur zu hoffen, dass die VBK-Aufsichtsratsmitglieder bei ihrer Entscheidung nicht vergessen: "Nein" ist eine akzeptable Antwort.
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