Ein genauer Blick auf den bereits existierenden Sonnenstrahl in der Waldstraße macht deutlich: Nicht jeder Fliesenerwerber beugte sich der unausgesprochenen Anstandsregel einer angemessenen Gestaltung.
Neben diversen Liebesbekundungen, deren Aktualität nach einigen Jahren durchaus bezweifelt werden dürfte, werben einige Fliesen gar unverfroren für Marken oder Geschäfte. Dass dies nicht der Grundidee des Bürgerprojekts entspricht, wurde am Dienstag auch im Gemeinderat deutlich - mit sieben Gegenstimmen beschlossen die Stadträte mehrheitlich die künftige Gestaltung der Fliesen in der Waldhornstraße.
Obert: "Majolika soll Gestaltung der Fliesen prüfen"
Nur wer soll dies überwachen? "Die Majolika soll beratend tätig werden", so Bürgermeister Michael Obert. Eine qualitative Darstellung läge schließlich auch im eigenen Interesse der Manufaktur. Die Verwaltung wünscht sich eine möglichst schlichte Gestaltung der Fliesen, "die ausschließlich den Namen des oder der Spender in Druckschrift und/oder als Signatur sowie ein kleines Symbol nach Wahl tragen sollte" - so ist es in der Beschlussvorlage zu lesen.
Es liege in der Natur der Sache, dass die Mehrheit der Fliese golden oder gelbfarben sei - schließlich sei die Grundidee ein goldener Strahl, so Bürgermeister Obert. Die Stadtverwaltung möchte mit einer schlichten und einheitlichen Gestaltung zudem die Würde des öffentlichen Raumes wahren: "Private Äußerungen auf Kleinanzeigenniveau sowie Werbung für die Geschäfte der Spender sind nicht angemessen."
Schluss mit persönlichen Glücks- und Liebeserklärungen
Persönliche Glücks- und Liebeserklärungen, Trauanzeigen und die Abbildung liebgewonnener Haustiere - damit soll Schluss auf dem neuen Strahl Schluss sein. Keine Produktwerbung, keine sexistischen Abbildungen und Texte, keine persönlich verletzenden Andeutungen, keine religiösen oder weltanschaulichen Verunglimpfungen, eine begrenzte Farbigkeit und ein 2:1-Verhältnis von Farbe zu Schrift. So lauten die Kriterien der Stadtverwaltung für den neuen Fächerstrahl in der Waldhornstraße.
Für die Freien Wähler sind die Kriterien ein "dankbarer Kompromiss" und auch die CDU-Fraktion zeigt sich in Person von Stadtrat Albert Käuflein erfreut über die Tatsache, Anliegen von Stadt und Bürgerschaft zu einer gemeinsamen Lösung gebracht zu haben. Mit der Erweiterung des Sonnenfächers gehe der Appell des Gemeinderats an die Bürgerschaft einher, mit den ihnen eingeräumten Freiheiten, verantwortungsvoll umzugehen. "Sich im öffentlichen Raum zu präsentieren, heißt auch verantwortungsvoll mit dem öffentlichen Raum umzugehen", so SPD-Stadrätin Elke Ernemann. Die Frage, wer denn nun über die Gestaltung entscheiden solle, hätten die Sozialdemokraten allerdings nochmals gerne näher erläutert.
"Kernidee der Bürger nicht kaputt reden"
Gegenwehr gegen die vorgeschriebenen Kriterien gab es von der Karlsruher Liste und aus den Reihen der GfK. "Nein", sagt Eberhard Fischer und stellt sich gegen den Sonnenfächer, "die Waldstraße ist genug. Von der Zielsetzung 'goldener Strahl' ist nichts geblieben außer ein grau-gelbes, mit bunten Einsprengseln versehenes Teil." Bemängelt wird von der KAL weiterhin die Materialwahl; die Fliesen seien nicht alltagstauglich, da nicht belastungsfähig - oder "wer würde sich seinen Balkon mit Majolikafliesen auslegen lassen?"
Dass zwei Straßen noch lange nicht genug sind, ist die Meinung der Wählergemeinschaft "Gemeinsam für Karlsruhe" (GfK). Sie fordern die Freigabe von mehr Fächerstrahl-Straßen in der Fußgängerzone und mehr Freiraum in der Gestaltung der Fliesen. Eduardo Mossuto mahnte, durch die Diskussion über die Gestaltungsvorschriften, die Kernidee des Fächerstrahls nicht kaputt zu reden. Die Kreativität und Engagement des Einzelnen solle nicht eingeschränkt werden.
Was ist aus der Idee der Lichtfliesen geworden?
Bei den Liberalen machte man sich hingegen ausführliche Gedanken über den Kunstgedanken hinter dem Sonnenfächer. "Kunst im öffentlichen Raum sollte möglichst temporär sein", so FDP-Stadträtin Rita Fromm. Kunst soll sich fortentwickeln können - der Fächerstrahl hingegen ist statisch. Aus diesem Grund könne man sich mit Fliesen, die lediglich einen Namenszug tragen anfreunden. "Bürgerschaftliches Bekenntnis ja, aber keine persönlichen Selbstdarstellungen."
Wie es mit den Strahlen des Sonnenfächers weiter gehen soll, behält sich die Stadtverwaltung noch vor. Man wolle zunächst die Fliesung der Waldhornstraße abwarten. Dann soll der Sonnenfächer "spiegelbildlich im Osten fortgeführt werden", so Obert. Im Gemeinderat nicht eingegangen wurde auf den Vorschlag der Stadtverwaltung in der Beschlussvorlage, die Kronenstraße ergänzend mit den goldenen Fliesen auszustatten. Ebenfalls vermissen ließ die Debatte, die Möglichkeit, den Fächer mit "Lichtfliesen" zu komplettieren. Zielführend in der Diskussion um den Sonnenfächer wäre die Zurückbesinnung auf die Idee des Planungsausschusses im Oktober 2006, die Straßen bevorzugt mit Lichtelementen auszustatten, allemal.
Beschlussvorlage der Stadt Karlsruhe
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Der Sonnenfächer in der Waldstraße bei ka-news "Pix & the City"
Homepage des Vereins Sonnenfächer e.V.