"Der demographische Wandel macht sich überall bemerkbar, auch bei uns an der Hochschule Karlsruhe", sagt Michael Kauffeld, dortiger Professor für Kältetechnik und Institutssprecher. "Entsprechend gibt es spätestens seit Corona auch bei uns einen Mangel an jungen Leuten, die für Maschinenbau, Elektrotechnik und andere klassische Ingenieurstudiengänge zu begeistern sind."
Es gilt also, ein Nachwuchsproblem zu lösen - und die Hochschule Karlsruhe möchte direkt bei den Interessen einer neuen Generation potenzieller Ingenieure ansetzen: "Wir sind in die Schulen gegangen und haben dort einmal gefragt, was die Schüler gerne in technischer Richtung studieren würden", berichtet Kauffeld.
"Fridays for Future in die Praxis umgesetzt"
"Die Antworten gingen sehr stark in Richtung Umweltfragen und Bekämpfung des Klimawandels, da diese als am sinnvollsten wahrgenommen wurden. Im Prinzip Fridays for Future in die Praxis umgesetzt", so der Professor. "Also wollten wir die Ingenieurstudiengänge der Hochschule an die Bedürfnisse künftiger Studierender anpassen."
Seit 2022 wird daher der Studiengang Green Technology Management angeboten, der sich mit eben diesen Fragen beschäftigt. "Wir haben 30 Studienplätze dafür angenommen und 36 Studierende zugelassen. Zum Vergleich: Beim Studiengang Maschinenbau blieben 40 von 100 Plätzen in diesem Jahr leer."
Mit anderen Worten: Grünes Ingenieurwesen findet Anklang und beantwortet drängende Fragen der Moderne. Auch deshalb entschloss sich die Hochschule, eine völlig neue Professur ins Leben zu rufen - einer Professur für Wärmepumpentechnologie.
Die Stiftungsprofessur für Wärmepumpentechnologie
"Das Problem dabei ist wie so oft die Finanzierung. Für die Erforschung künstlicher Intelligenz hat sich die Bundesregierung schon unter Angela Merkel 1,8 Millionen Euro kosten lassen. Nicht aber für Ingenieursforschung zum Umweltschutz", sagt Kauffeld. Dabei sei diese Forschung derzeit bitter nötig.
"Wärmepumpen wurden mit der Energiekrise immer wichtiger. Überhaupt sind sie die einzige Möglichkeit, CO2-neutral zu heizen. Deshalb wollten wir ihnen eine ganze Professur an der Hochschule widmen. Und da uns weder der Bund noch das Land finanziell unterstützten, baten wir verschiedene Firmen um Hilfe und gründeten so die Stiftungsprofessur für Wärmepumpentechnologie", erklärt Kauffeld.
Die sinnvollste Methode des Heizens
Fünf Geldgeber hat die Hochschule in Form verschiedener Unternehmen inzwischen gewinnen können: Die alt-group, Bosch Thermotechnik GmbH, Danfoss Climate Solutions, Stiebel Eltron GmbH und die Vaillant Group. "Mit den gestifteten Mitteln dieser Gruppen gelang es uns, eine Stelle für diese Professur auszuschreiben, auf die sich entsprechende Kollegen bis zum 8. Januar bewerben können", so Kauffeld.
Im September des kommenden Jahres könnte also ein neuer Lehrstuhl an der Hochschule Karlsruhe besetzt sein. "Wir möchten die Wärmepumpentechnologie in verschiedene Studienfächer einbringen. In Green Technology Management, in Maschinenbau und in Mechatronik", sagt er. Grund dafür sei schlicht und ergreifend, dass Wärmepumpen derzeit die sinnvollste Methode des Heizens darstelle.
Die Vorzüge der Wärmepumpe
"Bundeswirtschaftsminister Habeck hat angekündigt, ab 2024 eine halbe Million Wärmepumpen pro Jahr installieren zu lassen. Und das aus gutem Grund. Sie sind unabhängig, vielfältig einsetzbar und sehr energieeffizient", so der Professor.
Immerhin könnten die Kälteanlagen, die der Wärmepumpentechnologie letztlich zugrunde liegen, jede Art von thermischer Energie aufnehmen. "Das bekannteste Verfahren besteht darin, Grundwasser durch Kälteanlagen die Wärme zu entziehen", erklärt Kauffeld.
"Verschiedene Wasserdosen werden dabei von - sagen wir - vier auf minus zwei Grad gebracht und die entzogene Energie wird in einem einzigen Wasserkessel gespeichert", sagt er weiter, "auf diese Weise kann das Wasser auf 67 Grad Celsius gebracht werden, obwohl die Umgebungstemperatur eigentlich viel geringer ist."
"Killisfeld könnte mit Abwärme heizen"
So ein Verfahren funktioniere mit sehr hohem Wirkungsgrad bei nahezu jeder verfügbaren Quelle für Wärmeenergie. "Natürlich bei Wasser. Aber auch bei Geothermie, also Wärme aus dem Erdinneren, genauso mit der Wärmeenergie der Umgebungsluft und mit der Abwärme der Industrie", sagt Kauffeld und ergänzt:
"Die Reifendienste in Killisfeld produziert zum Beispiel Wärmeenergie in rauen Mengen, die derzeit einfach in den Himmel gepustet wird. In und um Killisfeld gibt es bestimmt 30 bis 40 Betriebe, die alle sehr gut mit dieser Wärme beheizt werden könnten. Es ist sehr schade, dass diese Chance nicht genutzt wird, zumal auch die Herstellung einer Wärmepumpe sehr umweltfreundlich sein kann."
"Es ist traurig, dass es erst zum Krieg kommen musste"
Theoretisch sei es nämlich möglich, eine Wärmepumpe ganz ohne graue Emission, also CO2-Ausstoß bei der Herstellung zu fabrizieren. "In Schweden etwa gibt es schon mehrere Stahlwerke, die sich einer klimaneutralen Produktion verschrieben haben. Das funktioniert auch bei allen anderen Bauteilen. Ich kann allerdings nicht genau sagen, wie weit deutsche Hersteller dabei sind", erklärt er.
Insgesamt seien die Vorzüge und das Potenzial der Wärmepumpen gewaltig. "Traurigerweise musste es erst zum Überfall Russlands auf die Ukraine kommen, damit ernsthaft über das Thema gesprochen wird. Aber ich bin mir dennoch sicher, dass das Thema Wärmepumpe für die breite Bevölkerung immer relevanter wird", sagt Kauffeld.
Staatliche Förderung benötigt
Wie schon bei der Professur, ist das Geld auch beim alttäglichen Gebrauch von Wärmepumpen ein Problem. "Derzeit ist eine Wärmepumpe sehr teuer. Vor allem wenn man bedenkt, dass CO2-starke Produkte, die aus Ostasien importiert werden, im Bereich von 3.000 Euro liegen, Wärmepumpen aus Deutschland aber 10.000 Euro kosten", meint Kauffeld.
Die Lösung liege laut dem Professor bei staatlichen Förderungen: "Besonders bei steigenden Nachfragen und wachsenden Öl- und Gaspreisen wird diese Förderung notwendiger werden. Natürlich ist eine Wärmepumpe sehr viel komplexer als eine Öl- oder Gasheizung und wird daher nie so günstig sein, doch man könnte ja emissionsstarke Heizungen besteuern, um so die Förderung klimaneutraler Möglichkeiten zu unterstützen."
Letztendlich wolle sich auch die Hochschule Karlsruhe selbst mittels der neuen Professur einbringen. "Wir planen die Wärmepumpen effizienter, leistungsstärker und einfacher in ihrer Produktion zu gestalten, damit sich eine flächendeckende Installation lohnt. Da viele Kollegen in den Fakultäten für Umwelttechnik in den nächsten Jahren in Rente gehen, werden wir auch immer frische, zukunftsorientierte Köpfe ins Boot holen", so Kauffeld abschließend.