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Karlsruhe: Flüchtlingslager über Nacht: Daxlander über Erfahrungen in Rheinstrandhalle

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Flüchtlingslager über Nacht: Daxlander über Erfahrungen in Rheinstrandhalle

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    Die Karlsruher Bürgervereine haben sich am Mittwoch zu einer Sitzung eingefunden.
    Die Karlsruher Bürgervereine haben sich am Mittwoch zu einer Sitzung eingefunden. Foto: (fst)

    Ja, die Flüchtlingssituation sorgt in Karlsruhe für hitzige Diskussionen und angespannte Gemüter. Mit dieser Debatte setzte sich auch die Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Bürgervereine am Mittwoch auseinander: Reimund Horzels Bericht aus Daxlanden, Standort der Rheinstrandhalle, soll den Kollegen zeigen, was beim nächsten akuten Notfall auch auf sie zukommen könnte.

    Rheinstrandhalle: "Schlechte Organisation war Hauptproblem"

    Am 9. September war die Rheinstrandhalle in Daxlanden wortwörtlich von heute auf morgen zur behelfsmäßigen Unterkunft von rund 250 Flüchtlingen erklärt worden. "Das Hauptproblem war die schlechte Organisation, alles passierte so kurzfristig", sagt Horzel. Bis zum Anruf von Bürgermeister Obert, dass die Flüchtlinge am nächsten Abend eintreffen würden, habe er überhaupt nicht gewusst, dass die Rheinstrandhalle ein mögliches Notquartier war.

    Ursache des Notfalls war die kurzfristige Schließung der Landeserstaufnahmestellen in Bayern und Nordrhein-Westfalen am 9. September. Auf die Schnelle konnten in der Rheinstrandhalle nur noch Feldbetten und große Wasserkanister bereitgestellt werden - selbst Becher für Getränke wie Kaffee oder Tee gab es zunächst nicht. Noch am gleichen Abend rief der Daxlandener Bürgerverein einen runden Tisch zusammen. Politiker, Kirchen und Flüchtlingshelfer waren dabei ebenso vertreten, wie die nahe gelegene Schule und Kindertagesstätte, sowie der Hausmeister der Halle.

    "Manche kamen barfuß an"

    Geplante Veranstaltungen in der Rheinstrandhalle wie ein Seniorennachmittag und ein Turnier der Ringerjugend mussten abgesagt werden. Horzel ging in der unmittelbaren Nachbarschaft selbst von Tür zu Tür, um die Anwohner zu informieren, zu beruhigen und Vorurteilen vorzubeugen. Zwei Spendenstellen wurden eingerichtet, wobei die LEA gezielte statt beliebige Spenden empfahl. Die 250 Männer in der Rheinstrandhalle brauchten vor allem Hygiene-Artikel und Schuhe - manche waren tatsächlich barfuß angekommen.

    Horzel lobt ausdrücklich das große Engagement der Bürger. So kochten sie für die Flüchtlinge spontan 500 Mahlzeiten, als diese nach einer Woche noch kein warmes Essen bekommen hatten. "Da gab es immer nur so ein Fladenbrot pro Person, etwas eingepackte Wurst und Marmelade", so Horzel. Auch der Sicherheitsdienst habe sehr gut funktioniert - weder aus der Schule noch der KiTa seien Vorkommnisse bekannt. Lediglich drei Strafanzeigen gab es wegen kleineren Ladendiebstählen. Reibereien unter den Flüchtlingen selbst habe es zwar gegeben, seien aber bei so vielen Menschen verschiedener Herkunft und Religion auf engstem Raum verständlich.

    "Das Regierungspräsidium hat versagt"

    Sehr kritisch sah Horzel dagegen das Fehlen jeglicher Betreeung und medizinischer Versorgung in der Rheinstrandhalle vor Ort: "Eine Person mit gebrochenem Fuß hat man dann einfach ins Taxi Richtung Klinik schicken müssen - ohne Dolmetscher." Das Regierungspräsidium, eigentlich verantwortlich für die Unterbringung der Flüchtlinge, sei überfordert gewesen. "Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und sage, das Regierungspräsidium hat versagt", so der AKB-Vorsitzende Wolfgang Fritz. Trotz allem findet es Horzel wichtig, in einer solchen Situation "als Bürgerverein aktiv zu werden." Am 23. September wurde das Notquartier in der Rheinstrandhalle geschlossen und die Flüchtlinge auf andere Unterkünfte verteilt.

    Passend zum Thema Flüchtlinge, aber unabhängig vom Erfahrungsbericht aus Daxlanden, war am Mittwochabend auch Mirjana Diminic vom Karlsruher Büro für Integration zu Gast und warb bei der Sitzung um Delegierte für die anstehenden Migrationsbeiratswahlen am 4. Dezember.

    Weitere Themen der Sitzung: GEMA-Gebühren, Stadtgeburtstag und Tulpen

    Zu weiteren Themen des Abends gehörte der starke Anstieg von GEMA-Gebühren, für die die Bürgervereine bei ihren Stadtteilfesten auf Hilfe von der Stadt hoffen. Die etwa 80 Stadtteilprojekte, welche im Rahmen des 300. Karlsruher Geburtstags stattfinden, sind von dem Problem nicht betroffen. Insgesamt aber scheint bei der Umsetzung des Jubiläumsprogramms noch Luft nach oben zu sein. So muss das geplante Straßenfest "Der Goldene Westen" in Knielingen verlegt werden, weil dort die Akzeptanz der Anwohner schwindet. In Oberreut wird es aus Kostengründen keine "Kinderfarm" geben. Gleich mehrere Bürgervereine monierten mangelnde Unterstützung vom Gartenbauamt bei der seit Oktober laufenden Tulpenaktion - 300.000 der schönen Blumen will die Stadt vor ihrem Geburtstag pflanzen.

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