Als zentrale Maßnahme, um dem Fachkräftemangel in Karlsruher Kitas entgegenzuwirken, fokussieren sich Stadt und Land auf die Erzieherausbildung. Doch auch wenn Ausbildungsplätze geschaffen werden, so müsse vor allen Dingen das Interesse am Berufsweg Erzieher geweckt und gefördert werden, meint das Kultusministerium des Landes Baden-Württemberg.
Kampagnenstart: "Erzieher-in BW"
Um dieses Ziel zu erreichen, haben Kommunen und Land in einer Kooperation die Imagekampagne "Erzieher-in-BW" gestartet. "Die Kampagne transportiert die Freude an der Arbeit mit kleinen Kindern und gibt Einblicke in den Beruf, in dem viel mehr steckt als viele denken", erklärt das Kultusministerium auf der offiziellen Kampagnen-Internetseite (erzieher-in-bw.de).

Im Kinderhaus Egelsee in Neuhausen auf den Fildern gibt Staatssekretär Volker Schebesta, Mitglied des Landtages (MdL), am 18. Januar den Startschuss zur Kampagne - gemeinsam mit dem Leiter des Kinderhauses, Hannes Eisenbraun. Symbolisch drücken die Veranstalter den Startknopf.

"Über 10.000 Einrichtungen im ganzen Land begleiten Kinder in ihren wichtigen ersten Jahren auf dem Weg bis zum Beginn der Grundschulzeit. Das ist eine der spannendsten Aufgaben, die es gibt. Das sollten MEHR Menschen erfahren", heißt es in der Kampagne. Damit sich mehr Menschen für eine berufliche Karriere in Kitas und der frühkindlichen Bildung entscheiden, gehe das Ministerium nun in die "Offensive".
"Offensive für gute ausgebildete Fachkräfte"
"Die 'Offensive für gute ausgebildete Fachkräfte' im Rahmen des Pakts für gute Bildung und Betreuung umfasst den Ausbau der Ausbildungskapazitäten an den Fachschulen für Sozialpädagogik, eine Ausbildungspauschale sowie Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit", erklärt das Kultusministerium auf Anfrage der Redaktion. Über die Gewährung einer Ausbildungspauschale für Träger von Kindertageseinrichtungen wolle man nachhaltig die Ausbildungskapazitäten in der praxis-integrierten Erzieherinnen- und Erzieherausbildung erhöhen.

Um die Ausbildung weiter schmackhaft zu machen, werde vonseiten der Stadt Karlsruhe ein "ausgeprägtes Stützsystem" angeboten, wie aus der Stellungnahme zu einem Gemeinderatsantrag der Grünen hervorgeht. Dieses bestehe unter anderem aus einem umfangreichen Fort- und Weiterbildungsangebot.
Außerdem biete die Stadt Karlsruhe "dauerhafte differenzierte Stellenausschreibungen, Übernahmeangebote für Auszubildende, eine hohe pädagogische Qualität, interne Wechselmöglichkeiten und Bezahlung nach dem TVöD", erklärt die Stadtverwaltung.
Viele Wege führen zum Erziehberuf
Auch der Berufseinstieg für pädagogisches Fachpersonal soll erheblich vereinfacht und aufgefächert werden. So erklärt das Land Baden-Württemberg: "Für Schülerinnen und Schüler, die über keinen mittleren Bildungsabschluss verfügen, besteht die Möglichkeit, an einer Berufsfachschule für sozialpädagogische Assistenz (eine Weiterentwicklung der Kinderpflegeausbildung) einen Abschluss zu erlangen."

Der erfolgreiche Abschluss an einer Berufsfachschule für sozialpädagogische Assistenz eröffne im Anschluss die Möglichkeit, eine Fachschule für Sozialpädagogik zu besuchen und schlussendlich als Erzieherin oder Erzieher zu arbeiten, so das Kultusministerium. "Um weiteren Zielgruppen den Weg zur staatlichen Anerkennung als Erzieherin und Erzieher zu ermöglichen, wird seit dem Schuljahr 2020/2021 das vergütete, praxisintegrierte Ausbildungsmodell (PiA) als vierjähriges Teilzeitmodell angeboten."
Praxisintegrierte Ausbildung
Um die Attraktivität der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung weiter zu steigern und um weitere Zielgruppen für eine solche Ausbildung zu gewinnen, ist es seit dem Schuljahr 2012/2013 auch möglich, die Ausbildung in einer vergüteten, praxisintegrierten Form (PiA) zu absolvieren, erklärt das Land. Daneben sind mittlerweile auch viele Fachschulen für Sozialpädagogik zertifiziert, sodass auch Kunden der Agenturen für Arbeit eine Erzieher- oder Kinderpflegeausbildung machen können.

"Derzeit befinden sich rund 150 Auszubildende in der praxisintegrierten Ausbildung zum Erzieher", sagt die Stadt Karlsruhe. Insgesamt stehen nach aktuellem Stand 200 Ausbildungsplätze für das entsprechende Format in Karlsruhe zur Verfügung - die Anzahl werde stetig ausgeweitet.
Ausbildungsgehalt steht
Während der bezahlten Ausbildung über praxisintegrierte Ausbildungswege erhalten Azubis vom ersten Tag an ein Ausbildungsgehalt, wie das Kultusministerium erklärt. "Im ersten Jahr der PiA-Ausbildung zum Erzieher liegt es bei 1.190 Euro monatlich, im zweiten Jahr bei 1.252 Euro monatlich, im dritten Jahr bei 1.353 Euro (Stand April 2022)."

Finanziert wird das Ganze über die Fachkräfteoffensive des Bundes - gefördert wurden zwei Drittel der Ausbildungsvergütung. "Analog des Bundesprogramms fördert das Kultusministerium im Rahmen des Gute-KiTa-Gesetzes weitere Ausbildungsverhältnisse, die im Schuljahr 2020/2021 und Schuljahr 2021/2022 begonnen wurden", erklärt das Land Baden-Württemberg.
Abkürzung zum Abschluss
Mit dem Programm "Direkteinstieg Kita", das zum Schuljahr 2023/2024 begonnen hat, sollen weitere Zielgruppen für die Tätigkeit in Kitas gewonnen werden. "Mit diesem Programm soll eine verkürzte Ausbildung zur sozialpädagogischen Assistentin beziehungsweise zum sozialpädagogischen Assistenten und ein Weg zum Abschluss als Erzieherin oder Erzieher angeboten werden. Es geht dabei um Personen mit mindestens Hauptschulabschluss und abgeschlossener Berufsausbildung, die das Berufsfeld wechseln wollen oder bereits als Zusatzkräfte in Kindertageseinrichtungen tätig sind", so das Kultusministerium BW.

Außerdem sollen Personen, die neben einer Berufsausbildung einen mittleren Bildungsabschluss, eine Fachhochschulreife oder ein Abitur nachweisen können, die Möglichkeit erhalten, sich parallel auf eine Schulfremdenprüfung (schulischer Teil der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung) vorbereiten zu können, heißt es weiter vonseiten des Ministeriums. "Die Direkteinsteigerinnen und Direkteinsteiger sollen an den entsprechenden Berufsfachschulen begleitend zur Arbeit in der Kita qualifiziert werden."
Statt FSJ: Freiwilliges pädagogisches Jahr
Als Maßnahme, um vor einer etwaigen Ausbildung erste Berührungspunkte zum Thema Kitaalltag zu schaffen, plant das Land Baden-Württemberg: "Künftig soll es die Möglichkeit eines Freiwilligen Pädagogischen Jahrs geben, ähnlich dem Modell des Freiwilligen Sozialen Jahrs – die Ausgestaltung ebendieses befindet sich in der Planungsphase."

Darüber sollen junge Erwachsene an die Vorzüge der Arbeit im frühkindlichen Bildungsbereich herangeführt werden. Ein Hauptargument: Mehr Gehalt, wie das Ministerium in seiner Kampagne bewirbt. "Kindertageseinrichtungen sind Bildungsorte, in denen pädagogische Fachkräfte daran arbeiten, Kinder in ihrer Entwicklung zu begleiten. Darum bekommst Du heute in diesem Bereich mehr Anerkennung und mehr Vorteile als je zuvor."
Erziehergehalt: "Bis zu 4.109 Euro pro Monat"
Durch die Tariferhöhungen der letzten Jahre sei die Vergütung in der Branche deutlich angestiegen - und nehme sukzessive mit der wachsenden Berufserfahrung zu. Von bis zu 4.109 Euro pro Monat ist vonseiten des Kultusministeriums die Rede.

Ein Teil dieser Anerkennung soll also über das entsprechende Gehalt erfolgen. Weiter wirbt das Kultusministerium mit einer "sicheren Perspektive für die Zukunft". Doch wie will das Land die potenziellen Erzieherinnen und Erzieher erreichen?
Zielgruppe erweitern
"Multimedial mit analogen und digitalen Elementen auf verschiedenen Kanälen", lautet die Antwort über eine Mitteilung an die Presse. Dort heißt es weiter: "Von Plakaten und Postkartenaktionen bis hin zu Youtube-Videos und einer zentralen Info-Website sollen verschiedene Zielgruppen angesprochen werden."

Man wende sich mit den Inhalten an Schulabgänger in der Berufsorientierungsphase, Studienabbrecher, aber auch ältere Personen, die sich neu orientieren möchten, erklärt das Kultusministerium. Außerdem sollen derzeitige Zusatzkräfte dazu animiert werden, langfristig als pädagogisches Fachpersonal in den Kindertageseinrichtungen tätig zu werden.
Außerdem sind da noch die Kinder
Passende Bezahlung, flexible Ausbildungsangebote und aussichtsreiche Karriereentwicklung etablieren sich als das Credo der landesweiten Kampagne. Bleibt nur noch das Totschlagargument des Kultusministeriums zu erwähnen: "Kinder auf ihren Entwicklungsschritten zu begleiten ist eine Bereicherung."

So äußert sich Kultusministerin Theresa Schopper zur Kampagne: "Die Arbeit mit Kindern ist sinnstiftend und zählt zu den schönsten Tätigkeiten überhaupt. Ich verspreche mir von der Kampagne, Menschen für Berufe in der frühkindlichen Bildung zu begeistern und auf diese Weise mehr gut qualifiziertes Personal für unsere Kitas zu gewinnen", wie eine Mitteilung an die Presse festhält.