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Streik-Ende: Arbeitnehmern und Arbeitgebern schließen endgültig "Frieden"

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Ende der Streiks? Zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern herrscht "Frieden"

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    Frieden: Bis der Tarifvorschlag erstellt und die erneuten Verhandlungen abgeschlossen sind, wird nicht gestreikt.
    Frieden: Bis der Tarifvorschlag erstellt und die erneuten Verhandlungen abgeschlossen sind, wird nicht gestreikt. Foto: Pixabay

    Ende März scheiterten die Verhandlungen zwischen der Vertretern von Arbeitgebern und Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst. Zwischen dem 27. und 29. März konnten sich die Beteiligten in Potsdam nicht auf einen Tarifabschluss im öffentlichen Dienst einigen - weshalb Arbeitgeber die Schlichtung ausriefen. Ein gängiges Verfahren, auf welches sich im Vorfeld der Verhandlungen geeinigt wird. 

    Keine Streiks über Ostern

    "Das Scheitern zieht nun also eine Kette von Terminen nach sich, während denen nicht gestreikt werden darf", so Baden-Württembers verdi-Vertreter, Andreas Henke, im Gespräch mit ka-news.de. Über Ostern sind daher keine Streiks erlaubt.

    Die Gewerkschaft verdi vertritt nach eigenen Angaben die Mehrheit der rund fünf Millionen Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst und verhandelt federführend für die im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) organisierten Gewerkschaften: Darunter Karlsruher Beschäftigte im Städtischen Klinikum, Kindertagesstätten, Kindergärten und bei den Verkehrsbetrieben Karlsruhe (VBK).

    Was fordert verdi?

    Öffentlichkeitswirksam wurden die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst Ende März, als die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG den Schienenverkehr lahmlegte. In Karlsruhe beteiligten sich der Verkehrsverbund Karlsruhe (VBK) und Albtalverkehrsgesellschaft (AVG) an den Streiktagen. Auch an den Kliniken wurde an zwei Tagen die Arbeit niedergelegt. Bestreikt wurden auch die Kindertagesstätten.

    Ziel von verdi war es, für alle Angestellten eine Steigerung der monatlichen Tabellenentgelte um 10,5 Prozent, mindestens jedoch um 500 Euro im Monat über zwölf Monate Laufzeit hinweg zu bewirken. Außerdem sollen Auszubildende, Studierende und Praktikanten künftig 200 Euro mehr im Monat erhalten und den Auszubildenden eine unbefristete Übernahme ermöglicht werden.

    Wieso Schlichtung? Verhandlungen gescheitert

    Im Nachgang zu den gescheiterten Tarifverhandlungen ist am 30. März die Schlichtung ausgerufen worden. Bis voraussichtlich Mitte April wird seitdem von unabhängigen Schlichtern ein Tarifvorschlag entworfen, über den anschließend erneut verhandelt werden soll. Der positive Ausblick: Bis die anschließenden Verhandlungen gelaufen sind, wird nicht gestreikt!

    Bereits vor Beginn der Tarifverhandlungen verständigten sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter darauf, im Notfall eine Schlichtung herbeizuführen. Dieser Fall ist nun eingetreten und der Bund zieht die Reißleine.

    Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern und Heimat.
    Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern und Heimat. Foto: Sina Schuldt/dpa/Archivbild

    Wie vertraglich festgelegt, folgt auf die Verkündung des "Scheiterns" der Verhandlungen nun die Erstellung eines Tarifvorschlags von externen Vertretern - auf Erklärung der Bundesinnenministerin Nancy Faeser am 30. März.

    Friedensperiode bis Mitte April

    Andreas Henke, Pressesprecher von verdi Baden-Württemberg gegenüber ka-news.de: "Das ist auch ihr gutes Recht. Wenn wir unsererseits die Verhandlungen für gescheitert erklären, so können die Arbeitgeber nun einen Tarifvorschlag von unabhängigen Schlichtern erstellen lassen." Diese werden sich über etwaige Tarifkonditionen bis Mitte April beraten, erklärt Henke. "Bis dahin wird nichts mehr passieren - auch keine Streiks."

    Sind sich die Schlichter ihrerseits einig geworden und haben einen entsprechenden Tarifvorschlag entwickelt, geht es für Arbeitgeber und Gewerkschaften wieder an den Verhandlungstisch. Kann man sich über den Tarifvorschlag nicht einig werden, endet die "Friedenspflicht" abrupt und es darf wieder gestreikt werden.

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    Foto: pixabay

    Ob und inwiefern diese Maßnahme erneut angemessen und erforderlich sein wird, könne zum derzeitigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden, so verdi Ende März gegenüber ka-news.de.

    Arbeitgeber: "Gewerkschaft zu unflexibel"

    Dass die Verhandlungen alleine diesmal scheiterten, können Arbeitgeber nicht verstehen: "Wir bedauern sehr, dass die Einigung nicht zustande kam. Wir konnten uns vorstellen, einen Inflationsausgleich in Höhe von 3.000 Euro netto zu zahlen - und einen Mindestbetrag für die Lohnerhöhung zu vereinbaren", sagt Karin Welge, Verhandlungsführerin und Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) Ende März.

    Die Kulturszene fürchtet, dass ohne faire Bezahlung ein Personalschwund droht. (Symbolbild)
    Die Kulturszene fürchtet, dass ohne faire Bezahlung ein Personalschwund droht. (Symbolbild) Foto: Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa/Illustration

    Der Tarifabschluss wäre rund 2,6 Millionen Beschäftigten zu Gute gekommen. "Das hätte den Beschäftigten sofort und unmittelbar geholfen", so Welge in einer Pressemeldung Ende März. Ihrer Ansicht nach seien die Gewerkschaften zu unflexibel in ihren Forderungen und nicht kompromissbereit gewesen. "So konnte eine Einigung nicht gelingen", meint die Verhandlungsführerin.

    Arbeitgeber wollte Schlichtung und keine weiteren Streiks, aber...

    Die Haltung der Gewerkschaften werde sich auf das zukünftige Verhältnis auswirken: "Dass eine Einigung nicht zustande kam, werten wir auch als Warnzeichen für eine funktionierende Sozialpartnerschaft mit den Gewerkschaften", so Welge. Ob weitere Verhandlungen nach Eröffnung des Tarifvorschlags durch die Schlichter von Erfolg gekrönt sein wird, bleibt abzuwarten - Welge stellt den Einigungswillen infrage. 

    "Wer bei einem so fortgeschrittenen Verhandlungsstand vom Verhandlungstisch aufsteht, handelt nach unserer Auffassung verantwortungslos", erklärt die Chefin der Arbeitgebervereinigung. Auch vor diesem Hintergrund habe man nun die Schlichtung angerufen - um die Bevölkerung vor weiteren Streiks zu bewahren. Aber: "Jetzt stehen wir wieder bei null", meint Welge.

    Laut Verhandlungsführerin Welge sei der Versuch, eine Brücke zu bauen, leider missglückt - die Gewerkschaften hätten sich in ihren Forderungen "eingemauert", so die Chefin. "Wir hätten lieber mit großem Einigungswillen weiterverhandelt."

    verdi berichtet von "zähn Verhandlungstagen"

    Über die drei Verhandlungstage hinweg habe sich der Interessenskonflikt nicht auflösen lassen, erklärt verdi-Vorsitzender Frank Werneke im Anschluss an das Scheitern der Verhandlungen. "Die Vorschläge der öffentlichen Arbeitgeber hätten nicht sichergestellt, dass die Kaufkraft insbesondere für die unteren und mittleren Einkommensgruppen erhalten bleibt."

    Frank Werneke spricht bei einer Kundgebung der Gewerkschaft Verdi für eine bessere Entlohnung für Beschäftigte im öffentlichen Dienst.
    Frank Werneke spricht bei einer Kundgebung der Gewerkschaft Verdi für eine bessere Entlohnung für Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Foto: Henning Kaiser/dpa

    Laut Arbeitnehmervertretern werde die Lage der Beschäftigten im öffentlichen Dienst von ihren Arbeitgebern weiter nicht hinreichend aufgegriffen, betont Werneke. "Das Signal der Beschäftigten insbesondere mit niedrigeren und mittleren Einkommen ist eindeutig: Wir brauchen einen echten Inflationsausgleich."

    Verhandlungen der Eisenbahner Ende April

    Während die konkreten Daten bei verdi noch ausstehen, gibt es an einem anderen Verhandlungstisch bereits neue Termine. Die Eisenbahner - vertreten durch die EVG - treffen sich am 24. und 25. April mit der Deutschen Bahn. Hier geht es in die zweite Tarifrunde. Die Eisenbahn- und Verkehrsgesellschaft (EVG) vertritt Beschäftigte bei Bussen und Bahnen, darunter auch die Deutsche Bahn und Albtalverkehrsgesellschaft (AVG).  Sollte diese Tarifrunde scheitern, könnten neue Streiks anstehen.

    Stetige Aktualisierung: Alle neuen Entwicklungen erfahren Sie in diesem Artikel. 

    Einigung zwischen Verdi, Bund und Kommunen

    Am späten Abend des 22. April kamen alle Verantwortlichen bei den Tarifverhandlungen in Potsdam zu einer Einigung. Die Inhalte des Beschlusses lauten wie folgt:

    • Steuer- und sozialabgabenfreies Inflationsausgleichsgeld in Höhe von 3.000 Euro in mehreren Stufen (1.240 Euro im Juni 2023. Weitere 220 Euro in den Monaten von Juli bis Februar 2024.
    • Ab dem 1. März 2024: Erhöhung der Tabellenentgelte um 200 Euro (Sockelbetrag) und anschließend um 5,5 Prozent (Mindestens 340 Euro).
    • Ab dem 1. März 2024: Erhöhung von Ausbildungs- und Praktikantenentgelte um 150 Euro erhöht.
    • Laufzeit der gesamten Maßnahmen: 24 Monate
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