"Neue Konzepte und Lösungen nach Corona" war das Motto der vierten Regionalkonferenz zur Mobilitätswende in Karlsruhe. Und tatsächlich ist die Frage, wie man aus der Corona-Pandemie lernen könne, nicht nur medizinisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich von wachsender Bedeutung.
Während der Pandemie vom ÖPNV abgewandt
Auch technologisch und ökologisch habe das Virus nicht wenige Auswirkungen auf Karlsruhe und die Welt gehabt, auch beim Thema Mobilitätswende.

Eine Folge der Pandemie sei nämlich gewesen, dass sich viele Reisende aus Furcht vor einer Infektion vom öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) abgewandt haben. Dadurch sei auch im Karlsruher Schienenverkehr ein Defizit entstanden, das erst einmal ausgeglichen werden müsste.
"Der Bund hat zur Unterstützung des ÖPNV bereits 3, 5 Milliarden Euro ausgegeben", so Steffen Bilger, Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums, "wir dürfen den öffentlichen Verkehr nicht im Stich lassen." Dies gelte insbesondere deshalb, da ein attraktiver und effizienter ÖPNV die Essenz der Mobilitätswende und damit unverzichtbar für das Karlsruher Klimaschutzprogramm sei.

Um den Karlsruher ÖPNV trotz seines coronabedingten Tiefpunktes wieder attraktiv und umweltfreundlicher zu gestalten, sehe Oberbürgermeister Frank Mentrup vor allem den Ausbau und die Digitalisierung bestehender Konzepte als beste Möglichkeit.
"Damalige Lösungen sind das Rückgrat zukünftiger Lösungen"
"Karlsruhe ist schon heute ein Vorreiter, was E-Mobilität, Fahrrad- und Schienenverkehr angeht", so der OB als Redner während der virtuellen Regionalkonferenz. "Man denke zum Beispiel an das Karlsruher Zwei-System-Modell.
"Als das Karlsruher Modell 1992 installiert wurde, sei das Ziel gewesen "die Menschen mobil zu halten und neue wirtschaftliche Räume zu erschließen", so Mentrup. "Und die Lösungen von damals sind das Rückgrat zukünftiger Lösungen."
Ein Mobilitätsmix aller Karlsruher Fahrzeuge?
Und da Karlsruhe bereits ein weitläufig verknüpftes Schienennetz habe, komme es nun darauf, an "auch die unterschiedlichen Mobilitätsarten der Fächerstadt digital zu vernetzen und noch weiter ausbauen", wie der OB weiter fortfährt.

"Niemand fährt nur Fahrrad, nur Auto oder nur Straßenbahn. Die meisten Reisenden in Karlsruhe nutzen - vor allem in der Corona-Zeit - eine Mischung aus verschiedensten Fortbewegungsmitteln." Dies hinge auch mit den jeweiligen Inzidenzwerten und Öffnungsschritten zusammen, wie ein Sprecher des Karlsruher Verkehrsverbundes (KVV) bestätigt.
Mehr Digitalität
Diesen Mobilitätsmix, auf den einige Pendler während Corona zurückgriffen, wolle man beibehalten und erweitern. "Ich denke zum Beispiel an einheitliche, digitale Fahrscheine für das gesamte Verkehrsangebot Karlsruhes", so Mentrup. Auch die KVV habe bereits einen Dienst der in eine ähnliche Richtung geht eingerichtet.
Je mehr verschiedene Vehikel dabei miteinander kommunizieren könnten, desto einfacher sei es für die Kunden, sie flexibel zu nutzen und innerhalb der Stadt möglichst mobil zu sein, "Corona hat uns die Notwendigkeit, den ÖPNV flexibel zu Gestalten nur noch deutlicher aufgezeigt. Daher werden wir - auch für den Klimaschutz - nicht länger zögern, sondern die Mobilitätswende beschleunigen", sagt der Oberbürgermeister.
Ein positiver Trend zum Thema Klimaschutz habe sich während der Covid-19-Pandemie bereits abgezeichnet. Um Kontakte innerhalb der Straßenbahn zu vermeiden, seien viele Pendler auf das Fahrrad umgestiegen.
10 Millionen E-Autos - Eine neue Ladeinfrastruktur
Genauso seien einige Stammkunden des ÖPNV während der Corona-Krise auf das Auto ausgewichen. Auch das habe die Mobilitätswende merklich verlangsamt, denn der private Kraftverkehr sei ein Aspekt, den es durch die Wende zu reduzieren gelte.

"Ich halte die dauerhafte Verdrängung des Autoverkehrs aus der Innenstadt für kaum durchführbar", meint Mentrup, "dafür gibt es zu viele ältere, oder körperlich eingeschränkte Menschen, die mit Fahrrad oder ÖPNV nicht mehr mobil sind."
Dennoch sei es um der Umwelt willen "wichtig, die Dominanz der Autos in Innenstädten zurückzubauen." Einige Lösungen dafür, seien höhere Parkgebühren, eine konsequente Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h und der Ausbau der Infrastruktur für Elektroautos. "Momentan sind 25 Prozent der zugelassenen Privatfahrzeuge elektrisch angetrieben", sagt Staatssekretär Bilger. "Damit haben wir das Ziel von einer Millionen E-Fahrzeuge bis 2021 in wenigen Wochen erreicht."
Natürlich müssten dafür auch Ladestationen bereitstehen. "Die Bundesregierung wurde mit Anträgen zur Förderung von E-Ladestationen regelrecht überrollt."
Daher wird aktuell darüber diskutiert, ob weitere 200 Millionen Euro Fördergelder bewilligt werden und neue Ladestationen an Verkehrsachsen in ganz Deutschland, darunter auch in Karlsruhe installiert werden sollen." Bis 2030 halte Bilger eine deutschlandweite Ladestruktur für sieben bis zehn Millionen E-Autos für realistisch.
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