Nach rund eineinhalb Jahren steht in Karlsruher die nächste Tarifanpassung an: 3,78 Prozent müssen Bahnfahrer ab August durchschnittlich mehr für ihre Tickets zahlen. Das hat der Aufsichtsrat des Karlsruher Verkehrsverbunds (KVV) mehrheitlich beschlossen, wie der Vorsitzende und Karlsruher Oberbürgermeister Frank Mentrup am Dienstag in einer Pressekonferenz erklärt.
Mit der Anpassung der Ticket-Preise reagiere man auf erhöhte Personalkosten durch die neuen Tarifabschlüsse im Öffentlichen Dienst, gestiegene Energiepreise für den Bus- und Bahnbetrieb sowie Investitionskosten für den Erhalt und Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur.
"Haben uns diese Entscheidung nicht einfach gemacht"
"Wir haben uns diese Entscheidung nicht einfach gemacht. Die beschlossene Tarifanpassung gibt den Verkehrsunternehmen im KVV jedoch etwas mehr Handlungsspielraum zur Gestaltung der klimagerechten Verkehrswende. Denn neben der allgemeinen Kostenentwicklung stellen auch die Folgen der Corona-Pandemie den KVV und seine Verkehrsunternehmen weiterhin vor große wirtschaftliche Herausforderungen", so KVV-Geschäftsführer Alexander Pischon.

Demnach seien während der Pandemie die Fahrgastzahlen zeitweise bis zu 75 Prozent zurückgegangen, aktuell seien es rund 50 Prozent. Auch die Fahrgeldeinnahmen hätten sich im Jahr 2020 nicht vollumfänglich durch einen Rettungsschirm ausgleichen lassen und so ein Minus von bis zu zwei Millionen Euro verursacht, 2021 seien weitere Rückgänge zu erwarten.
Ausgefallene Tariferhöhung 2020 wird jetzt nachgeholt
Die größten Kosten seien jedoch durch gestiegene Personalaufwendungen zu verzeichnen. "Der Personalkostenanteil liegt bei rund 60 Prozent durch deutliche Tarifsteigerungen für die Mitarbeiter", erklärt Frank Mentrup. Die Gewerkschaft Verdi hatte einen Lohnzuwachs von bis zu 9,38 Prozent bis zum Jahr 2022 ausgehandelt, die Gewerkschaft GDL für die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft einen Zuwachs von 16,65 Prozent. "Das sind Kosten, die wir abfangen müssen", so Mentrup.
Das sei jedoch nicht der einzige Grund, warum die Tariferhöhung nun höher ausfällt als üblich. Aufgrund der Corona-Krisehatte der KVV im Dezember 2020 auf die jährlich übliche Ticketpreis-Steigerung verzichtet und die Senkung der Mehrwehrsteuer an seine Kunden weitergereicht.
"Die 3,78 Prozent mögen nun im ersten Moment hoch wirken, aber die letzte Anpassung 2019 lag deutlich unter den allgemein gestiegenen Kosten und den Erhöhungen in anderen Verkehrsverbünden. Das holen wir jetzt nach", erklärt Mentrup.
Damit ergeben sich laut KVV für die Fahrkarten am August folgende Beispielrechnungen:
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EinzelfahrkartenAnpassung zwischen 4,6 bis 7,7 Prozent über alle Preisstufen hinweg (Wabe 1 bis 7). Eine 2-Waben-Einzelkarte (Geltungsbereich Stadtgebiet Karlsruhe/Baden-Baden) für Erwachsene kostet zukünftig 2,80 Euro statt wie bisher 2,60 Euro. Bei Kindern wird der Preis von 1,50 Euro um zehn Cent angehoben.
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TageskartenDie Preise für Tageskarten werden teilweise abgesenkt und die Mitnahmeregelung für Kinder ausgeweitet (mehr dazu weiter unten im Artikel). Außerdem kann zukünftig die Tageskarte ganz auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten gelöst werden, ähnlich wie bei der bekannten Staffelung des Baden-Württemberg-Tickets.
Eine Tageskarte "City" für eine Person kostet so beispielsweise genau so viel wie zwei Einzelfahrkarten für Karlsruhe, 5,60 Euro. Jede weitere Person kostet wieder den Preis für eine Einzelfahrkarte in Karlsruhe mehr. So kostet die Citykarte zwei Personen, 8,40 Euro. Der Preis für die Regiotageskarte für eine Person sinkt um einen Euro von 11,80 auf 10,80 Euro. Auch hier fallen für jeden weiteren Erwachsenen nur 3,80 Euro an. -
Karte ab 65Die Karte ab 65 wird um 2,1 Prozent angepasst. Kunden zahlen dann monatlich 49 Euro statt wie bisher 48 Euro.
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MonatskartenDie Monatskarten werden um 3 bis 3,9 Prozent über das gesamte Sortiment angepasst. Die Erhöhung über die am stärksten nachgefragten Karten im Bereich 2 Waben beträgt zwei Euro. Eine Monatskarte im Geltungsbereich 2 Waben kostet ab dem 1. August 68 Euro statt 66 Euro. Eine verbundweite gültige Monatskarte (7 oder mehr Waben) kostet zukünftig 183 Euro statt 177 Euro.
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Jahreskarte/AboFixHier erfolgt eine Anpassung um 3,4 bis 4,1 Prozent über das gesamte Sortiment. Eine Jahreskarte für Erwachsene im Geltungsbereich 2 Waben kostet nach der Tarifanpassung 708 Euro. Der bisherige Preis lag bei 684 Euro. Für eine Jahreskarte mit Netzfunktion (7 oder mehr Waben) werden 1.920 statt 1.848 Euro berechnet.
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KombiCard/KombiCard PartnerDie Anpassung beträgt bei der KombiCard 3,8 Prozent. Das entspricht einem Preisanstieg von 3,50 Euro im Monat. Die Karte kostet dann 94,50 Euro. Der Preis für die Partnerkarte wird – gekoppelt an die Preisentwicklung der Hauptkarte – ebenfalls um 3,8 Prozent angehoben (2,63 Euro monatlich) und beträgt dann 70,88 Euro.
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9-Uhr-KarteDie 9-Uhr-Karte wird zukünftig in denselben sechs Preisstufen der Monatskarten angeboten und dem Kunden somit ein deutlich flexibleres Angebot gemacht. Zuvor gab es nur eine Differenzierung zwischen 3 Waben oder der Netzfunktion. Für ein 2-Waben-Ticket sinkt der neue Preis um einen Euro (53 statt 54 Euro), im verbundweiten Geltungsbereich (7 Waben oder mehr) liegt der neue Preis bei 92 Euro.
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ScoolCardDie ScoolCard wird zum 1. September um drei Prozent angepasst. Das entspricht einer monatlichen Preiserhöhung von 1,50 Euro. Eine ScoolCard, die zur Fahrt im gesamten Verbundgebiet berechtigt, kostet dann 510 Euro (bisher 495 Euro) pro Jahr.
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Ausbildungs-MonatskarteDie Ausbildungs-Monatskarten werden ebenfalls zum 1. September um 3 bis 3,9 Prozent angepasst. Das entspricht einer monatlichen Preiserhöhung von 1,50 bis 4 Euro.
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StudikarteHier erfolgt eine Anpassung zwischen 3,7 bis 5,6 Prozent. Bisher lag der Preis für die Studikarte, die sechs Monate gültig ist, bei 162,80 Euro. Ab September kostet das Semester-Ticket dann 168,90 Euro.
Doch wenn die Kosten immer weiter steigen - kann so überhaupt die Mobilitätswende gelingen und den ÖPNV für Kunden attraktiv halten? Hierfür will der KVV etwas unternehmen: Zum Fahrplanwechsel und der geplanten Inbetriebnahme der Kombilösung im Dezember soll mit der sogenannten "HomeZone" ein neues Tarifstruktur-Modell eingeführt werden.
Tschüss Tarifwaben: KVV führt neue Ticket-Angebote ein
Damit sollen Kunden künftig per Smartphone ihre Tarifzone - losgelöst vom klassischen Wabensystem - durch einen individuell festgelegten Bewegungskreis selbst wählen können. Darüber hinaus soll es einen Entfernungstarif geben, zusammengesetzt aus einen festen Grundpreis von 1,40 Euro und einer zusätzlichen luftlinienbasierten Entfernungs-Berechnung.

Der Einstieg in das neue Ticket-Angebot, mit dem man eventuell auch mit umliegenden Verbünden kooperieren wolle, sei dabei eine "historische Entscheidung", wie Frank Mentrup sagt. Zudem wolle man künftig mehr für Familien tun: Bei Tageskarten für Erwachsene ist die Mitnahme von Kindern oder Enkeln bis 15 Jahre ab 1. August kostenlos.
Doch auch das kostet wieder Geld: Durch die Einführung der HomeZone und der kostenlosen Mitnahmeregelung fehlen dem KVV nach eigenen Angaben sieben bis acht Millionen Euro. "Wir schaffen die Mobilitätswende nur, wenn wir mehr Menschen in den ÖPNV bringen - aber das geht nicht durch billigere Fahrkarten, sondern durch Qualität", so Mentrup. Das hätten Studien gezeigt.
Qualität vor Preissenkung - geht so ein attraktiver ÖPNV?
Dennoch: Die Tariferhöhung war schon im Vorfeld durch die CDU im Karlsruher Kreistag kritisiert worden: Man würde so die etwa durch die Corona-Pandemie verloren gegangenen Kunden eher verprellen, als sie zurückzuholen.
Frank Mentrup verteidigt am Dienstag die Entscheidung des KVV-Aufsichtsrates: "Wir stehen unter Druck, einen attraktiven und günstigen ÖPNV anzubieten, aber beides kostet Geld. Wenn wir weiter Qualität anbieten wollen, müssen wir das auf die Kunden umlegen, sonst leidet die Qualität irgendwann."

Um Bus- und Bahnfahren attraktiv zu halten, setzt er daher auf den Erfolg der HomeZone sowie der Eröffnung der Kombilösung im Dezember - "denn damit werden wir noch einmal einen deutlichen Qualitätssprung erfahren."
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