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Karlsruhe: Nach Grusel-Fund in Durlach: Ist das Rätsel um die mysteriösen Skelette gelöst?

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Nach Grusel-Fund in Durlach: Ist das Rätsel um die mysteriösen Skelette gelöst?

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    Nach Grusel-Fund in Durlach: Ist das Rätsel um die mysteriösen Skelette gelöst?
    Nach Grusel-Fund in Durlach: Ist das Rätsel um die mysteriösen Skelette gelöst? Foto: Thomas Riedel

    Die Geschichte der beim Aushub eines Grundstücks im November 2023 gefundenen Skelette wird von Archäologen weiterhin erforscht. Es mehren sich die Hinweise darauf, dass der Friedhof keine Notbegräbnisstätte infolge einer Katastrophe war, sondern ein geordneter Platz für reguläre Bestattungen.

    Durlach und seine mittelalterlichen Tore

    Experten vermuten, dass er im 16. oder 17. Jahrhundert entstand. Dafür sprechen beispielsweise die Gegenstände, die bei den Skeletten gefunden wurden.

    Beim Bau für einen Wohnkomplex in Durlach stießen die Bauarbeiter auf einen alten Friedhof.
    Beim Bau für einen Wohnkomplex in Durlach stießen die Bauarbeiter auf einen alten Friedhof. Foto: Landesamt für Denkmalpflege

    In der Blumentorstraße in Durlach, außerhalb der erweiterten Stadtmauer in der ehemaligen "Blumenvorstadt" werden Aushubarbeiten für den Bau eines Wohnkomplexes durchgeführt. Aber im November haben die Bauarbeiter hier über 20 Skelette gefunden – und es werden immer mehr.

    Jetzt wird untersucht, aus welcher Zeit dieser bisher unbekannte Friedhof stammt und wieso die Toten hier begraben wurden. Vier Tore haben das mittelalterliche Durlach geschützt: Die von Heidelberg nach Basel führende Straße ging zum Basler Tor während das Bienleinstor den Eingang von Mühlburg her bildete. Im Norden stand das Pfinztor (auch Ochsentor benannt) und am Östlichen Stadtende das Blumentor, vor dem sich die Blumenvorstadt befand.

    Alle Tore wurden durch den Brand im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 zerstört und später wieder aufgebaut. Heute bleibt nur noch das Basler Tor als einziges Stadttor erhalten.

    Sammelgrab oder geordneter Friedhof?

    Eine erste Vermutung über die Herkunft der Toten auf dem bisher unbekannten Friedhof war, dass sie an den Folgen der Pest gestorben sind und in Massengräben außerhalb der Stadtmauer bestattet wurden. Im Mittel- und Spätmittelalter war das Anlegen von Pestfriedhöfen mit Sammelgräbern keine Seltenheit.

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    Foto: Thomas Riedel

    Damals war es üblich, Friedhöfe um eine Kirche zu errichten – aber an dieser Stelle steht heute keine Kirche in der Nähe, in den letzten Jahrhunderten auch nicht. Hier in der Blumenvorstadt wohnten im Spätmittelalter die Handwerker und gewerbliche Arbeiter, die in der Stadt arbeiteten.

    Ob die Toten aus ihren Kreisen kommen? Folke Damminger, Archäologe vom Landesamt für Denkmalpflege ist der Meinung, dass die Gräber aus einer späteren Zeit stammen.

    "Aus rein archäologischer Sicht stammen die Bestattungen sicher aus dem 16. Jahrhundert oder später", sagt Damminger. Die bei den Skeletten gefundenen Gegenstände deuten auf das 16. oder sogar 17. Jahrhundert hin. Damminger glaubt nicht, dass es sich hier um Sammelgräber handelt, die durch eine Katastrophe entstanden sind, auch nicht, dass es ein ungeordneter Friedhof ist.

    Gegenstände bei den Skeletten gefunden

    Auf diesem Friedhof wurden die Toten in Etagen bestattet, erklärt Damminger, das heißt, sie wurden in geordneter Weise übereinander gelegt, mit genügend Platz zwischen den Etagen. Alle Menschen wurden sorgfältig einzeln begraben und es gibt auch einige Sargreste – so sieht es aus wie ein regulärer, protestantischer Friedhof.

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    Foto: Thomas Riedel

    Dazu sind Reste von sogenannten Totenhemden und Totenkronen vorhanden, die für das 16. bis 17. Jahrhundert typisch sind – auf einem Schädel sind beispielsweise Reste aus Kupferoxid zu sehen. Zu dieser Zeit waren Totenkronen für junge, unverheiratete Frauen üblich. "Jedoch ob es sich bei diesem Skelett wirklich um eine junge Frau handelte, muss natürlich noch untersucht werden", sagt Damminger.

    Ganz kleine Reste von Schmuckteilen, beispielsweise eine Schmuckperle, und Draht, die möglicherweise für eine Halskette benutzt wurde liegen auch bei den Skeletten. "Es wird alles im Block geborgen und dann in der Werkstatt freigelegt", erklärt der Archäologe.

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    Foto: Thomas Riedel

    Ein weiterer Hinweis auf das Alter des Friedhofs ist die Mauer, die an ihm entlangläuft. Diese stammt aus dem 15. Jahrhundert und wird von den Bestattungen berücksichtigt, das heisst, sie überschneiden sich nicht. Es ist daher klar, dass der Friedhof nicht aus dem Spätmittelalter stammen kann.

    Friedhof doch in der Nähe einer Kirche und eines Spitals

    Ursprünglich hat man gedacht, es sei keine Kirche in der Nähe des Friedhofs gewesen. Es scheint jedoch, dass in unmittelbarer Nähe des Geländes am Ende des 15. Jahrhunderts sowohl ein Krankenhaus als auch eine Kirche errichtet wurden.

    Der gefundene Friedhof in Durlach.
    Der gefundene Friedhof in Durlach. Foto: Landesamt für Denkmalpflege

    Im Jahr 1480 entschloss sich die Stadt Durlach zur Gründung eines Spitals. Markgraf Christoph erlaubte 1484 die Sammlung von Stiftungen für den Bau des Spitals und der zugehörigen Kirche und 1497 war das Spital, das im Verlauf des Pfälzischen Erbfolgekriegs 1689 zerstört wurde, fertig. 1499 kam die Kirche dazu.

    Möglicherweise gehörte sogar der Friedhof zum Spital. Sowohl Spital und Kirche lagen hinter der Blumentorstraße, im sogenannten Endrisviertel, direkt in der Nähe des Friedhofs. Das Fazit zum Alter des Friedhofs: "Wir denken, dass er aus der Neuzeit stammt, mit einer Tendenz zur frühen Neuzeit", sagt Damminger.

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