Da staunten die Bauarbeiter sicherlich nicht schlecht. Im Karlsruher Stadtteil Durlach wurden mehr als 20 Skelette ausgegraben. Dass Knochen beim Ausheben der Erde zu Tage treten, ist an sich nicht ungewöhnlich, dass ein ganzer Friedhof ausgegraben wird, hingegen schon.

Dass es sich hierbei um einen alten, christlichen Friedhof handeln könnte, davon geht Folke Damminger, Mitarbeiter der Landesdenkmalpflege Baden-Württemberg, aus.

Der Grund: Die Überreste befinden sich in einzelnen Gräbern und sind in Richtung Osten ausgerichtet. Außerdem habe es im Bereich des Hengstplatzes, also in der Nähe des Fundortes, im 16. Jahrhundert ein Krankenhaus gegeben. Dementsprechend geht der Experte davon aus, dass hier bis zu 70 Skelette liegen könnten.

Was bedeutet das für den Wohnungsbau? Der wird erstmal stillgelegt. Denn erst einmal müssen die Gebeine der Toten geborgen werden. Dazu hat das Landesamt für Denkmalpflege eine archäologische Grabungsfirma beauftragt. Das kann mehrere Wochen dauern.
Wie geht es auf der Baustelle weiter?
Was seit dem Fund in Durlach mit den Skeletten passiert ist und wie es in den kommenden Tagen weitergeht, beantwortet das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) im Regierungspräsidium Stuttgart: "Die Knochen werden nach Abschluss der Grabungen dem Landesamt für Denkmalpflege übergeben und im zentralen anthropologischen Archiv in Rastatt eingelagert. Dort stehen sie zur weiteren wissenschaftlichen Bearbeitung zur Verfügung."

In Bereichen an denen Ausgrabungen von Knochen zu erwarten sind, werden die Bauarbeiten bis Ende der Grabungen unterbrochen. "Bereits untersuchte Bereiche (z.B. der verfüllten Stadtgraben) werden jedoch möglichst schnell für den Fortgang der Bauarbeiten freigegeben. Mit Einschränkung kann also auf der Baustelle zur Zeit gearbeitet werden", heißt es vom LAD gegenüber ka-news.de.
Särge sind zu erkennen
Die ersten Skelette wurden bereits im Oktober im Zuge der Aushubarbeiten bei dem Bauprojekt in der Pfinztalstraße 2 gefunden. Im Rahmen einer Sachverhaltsfeststellung wurden durch das LAD umgehend rund ein Dutzend Skelette dokumentiert.

Seit dem 20. November wird die Fläche im Auftrag des Investors durch die Firma ArchaeoBW untersucht. Mit Stand 4. Dezember wurden rund zehn weitere Bestattungen aufgedeckt. Die Grabungen sollen im ersten Quartal 2024 abgeschlossen werden, so das LAD weiter.
Warum wusste niemand vom Friedhof?
In Verbindung mit den Skeletten gibt es bislang keine Hinweise auf Grabarchitektur, Grundmauern einer Kapelle oder ähnliches. Es handle sich bei den Gräbern um im regulären Bestattungsritus (Kopf im Westen, Füße im Osten) angelegte Einzelgräber. Teilweise sind Sargreste zu erkennen, so das LAD. Der entdeckte Friedhof dürfte zu einem 1495 gegründeten Spital gehören.
Nach Angaben des LAD war die Existenz des Friedhofes vor Beginn der Bauarbeiten nicht bekannt. Grund hierfür ist, das die Grabstätte nicht in einer schriftlichen Überlieferung der Stadt auftaucht. Die Gräber befinden sich ungefähr in 2,5 Metern Tiefe unter der heutigen Oberfläche.