Das graue Nieselwetter an diesem Donnerstagnachmittag kann Stefan Kienler die gute Laune offenbar nicht vermiesen. Pünktlich um 15 Uhr steht er mit seinem 500-Kilo-Fahrradkorb auf dem Friedrichsplatz und verteilt Kaffee an die Umstehenden; manche sind bereits Stammkunden.
"Ich hoffe, ich darf im nächsten Jahr weiter machen"
So unbeschwert lief sein Geschäft allerdings nicht immer: Seit inzwischen vier Jahren kämpft Kienler für sein Coffee-Bike. Der Grund: Die Stadtverwaltung Karlsruhe meldete Skepsis an dem mobilen Verkaufsstand an und weigerte sich, dem Coffee-Radler das nötige Sondernutzungsrecht zu erteilen. Dies kam einem Berufsverbot gleich, erinnert sich dieser. "Ich hatte die Investitionen für meinen Fahrrad-Stand ja bereits getätigt", beschreibt er seine damalige Situation, "die Insolvenz konnte ich nur abwenden, indem ich Karlsruhe verließ und auf andere Städte auswich."
Dann kam das Urteil des Verwaltungsgerichts: Die Stadt habe Kienlers Antrag zu pauschal abgelehnt, der Coffe-Biker durfte sich nun Standorte für seinen Verkauf aussuchen. Seine Wahl fiel auf drei Plätze in der Stadtmitte: die Kaiserstraße Ecke Kaiserpassage, den 'Platz der Grundrechte' und Friedrichsplatz. "Vor allem Letzterer ist prädestiniert für sowas. Hier kann ich die Welt ein wenig entschleunigen", so Kienler. Dienstags bis donnerstags von 15 bis 20 Uhr brüht er nun Kaffee auf. Doch es gibt Ausnahmen: "Wenn auf dem Friedrichsplatz ein Fest stattfindet, muss ich den Platz räumen - außer der Veranstalter fragt mich an", erklärt der Coffee-Radler, "ansonsten muss auf einen der anderen Plätze ausweichen."
Die momentane Regelung gilt allerdings nur bis Ende des Jahres. "Bis zum 31. Dezember darf ich noch auf dem Friedrichsplatz stehen", so Kienler. Und danach? "Ab dem ersten Januar gilt dann hoffentlich die neu gestaltete Satzung für mobile Verkaufsstände", schildert der Kaffee-Verkäufer, "ich hoffe, dass ich auch 2015 weitermachen darf. Aber ich bin in diesem Punkt wie immer zuversichtlich."
Stadträte stehen hinter Coffee-Radler
In der Traube rund um das Coffee-Bike erblickt man an diesem Tag auch die Gesichter einiger Karlsruher Stadträte. Einer davon ist CDU-Mann Albert Käuflein, dessen Fraktion einst die Frage nach mobilen Verkaufsständen in den Gemeinderat brachte. "Wir finden die Idee sympatisch und unterstützen das", meint er. Allerdings müsse ein Gesamtkonzept für den mobilen Verkauf her. "Man muss bedenken, dass Cafés Miete zahlen müssen - das Coffee-Bike hat diese Kosten nicht", so der CDU-Stadtrat, "wir wollen daher mobile Verkaufsstände nicht verhindern, sondern reguliert ermöglichen."
FDP-Stadtrat Tom Høyem sieht diesen Punkt etwas gelassener: "Wir sollten das Ganze mit wenig Bürokratie ermöglichen", findet er. In anderen Großstädten wie Kopenhagen, Oxford oder München würden bereits seit längerer Zeit mobile Verkaufsstände wie das Coffee-Bike existieren. Die von der CDU befürchtete Konkurrenz mit den lokalen Geschäften sieht er nicht, der Bedarf sei beim mobilen Verkauf ja ein völlig anderer. Und welche weiteren Verkaufsstände wünscht er sich für die Fächerstadt? "Ein mobiler Suppen-Stand - das würde mir gefallen", so Høyem.
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