Am Dienstagabend begibt sich der Konzern gewissermaßen in die Höhle des Löwen. In Mannheim feiert er die Grundsteinlegung für eine Werkserweiterung, die 150 Millionen Euro kostet. In dieser Stadt machte Carl Benz seine bahnbrechende Erfindung, und hier ist mit den 43.000 Teilnehmern an der Unterschriftenaktion der Zeitung Mannheimer Morgen "Kein Daimler ohne Benz" auch eine Hochburg seiner Anhänger, die seinen Namen wieder im Konzernnamen vertreten sehen möchten. Gewissermaßen als Trostpflaster werden alle Werke des Konzerns künftig Mercedes-Benz-Werke heißen.
Wie alles anfing: Einer der ersten von Carl Benz gebauten fahrbaren Untersätze (Foto: ka-news) |
Chronologie eines Verlustes
Im Frühjahr dieses Jahres hatte der Stuttgarter Autobauer bekanntgegeben, sich nach seiner Trennung von Chrysler nur noch Daimler nennen zu wollen (ka-news berichtete). Im badischen Landesteil erhob sich darauf sofort ein Sturm der Entrüstung. Politiker aller Parteien und die Städte Mannheim, Karlsruhe, Gaggenau und Rheinstetten schickten Protestbriefe an Zetsche mit dem Ziel, den Namen des badischen Autopioniers - wie schon zwischen 1929 und 1998, als das Unternehmen Daimler-Benz hieß - wieder in den Konzernnamen aufzunehmen (ka-news berichtete).
Um ihn ging es beim Streit der letzten Monate: Carl Benz (25. November 1844 bis 4.April 1929) (Foto: pr) |
Im September hatte sich sogar der ehemalige Daimler-Manager Hans T. Gans in die Debatte eingeschaltet und für die Hauptversammlung einen Gegenantrag eingereicht, in dem er verlangt, dass der Konzern wieder "Daimler-Benz" heißen solle (ka-news berichtete). Auch ein Brief Oettingers an den Konzernchef, in dem der Ministerpräsident die Ansicht vertrat, Daimler und Benz hätten in der Welt einen gleich guten Klang, verhallte ungehört. Zetsche ließ sich von keinem Versuch der Einflussnahme erweichen. Unter Verweis auf mögliche Überschneidungen mit der Automarke Mercedes-Benz wies er die Forderungen der Benz-Fans zurück. Nun, zu Irritationen kann auch führen, dass Jaguar in England Autos unter dem Markennamen Daimler produzieren darf.
Operation Namenswechsel läuft auf vollen Touren
Der Kauf der Namensrechte von Jaguar durch Daimler für einen zweistelligen Millionenbetrag (ka-news berichtete) ist nicht der einzige Kostenpunkt der Umbenennungsaktion. Sämtliche Schilder müssen ausgetauscht, Visitenkarten und Briefpapier neu gedruckt, E-Mail-Adressen geändert werden. Schließlich müssen auch alle Einträge der rund 200 Daimler-Tochterfirmen aus aller Welt in Handelsregister korrigiert werden. In der Projektgruppe "Name Change" waren zeitweise bis zu 200 Mitarbeiter an den Vorbereitungen für den Namenswechsel beteiligt, der nach Angaben des Konzerns einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag verschlingt.
Schwacher Trost: auch das Werk im schwäbischen Sindelfingen heißt künftig Mercedes-Benz (Foto: pr) |
Auch Robert Mürb, Vorsitzender der Landesvereinigung Baden in Europa, hat wohl inzwischen resigniert. Von Anfang an in vorderster Front im Namenskampf engagiert, brachte die Unterschriftenaktion an einem Wochenende im September (ka-news berichtete) mit rund 1.000 Unterzeichnern nicht ganz den gewünschten Erfolg. Nun tröstet sich Mürb mit der Umbenennung der Werke in Mercedes-Benz. Dieser Namensstreit hat über den konkreten Anlass hinaus ans Tageslicht gebracht: wenn sich ein Konfliktthema anbietet, zeigen Badener gerne Flagge und beweisen, wie tief die Gräben zwischen ihnen und den Schwaben noch immer sind.