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Karlsruhe: Zwischen PETA-Protest und Barelli-Tradition: Gehören (Wild)Tiere in den Zirkus?

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Zwischen PETA-Protest und Barelli-Tradition: Gehören (Wild)Tiere in den Zirkus?

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    Der Zirkus Gebrüder Barelli gastiert derzeit auf dem Messplatz in Karlsruhe
    Der Zirkus Gebrüder Barelli gastiert derzeit auf dem Messplatz in Karlsruhe Foto: Elena Sausen

    Tiere im Zirkus? Ja oder nein? Eine Frage, die die Gesellschaft schon länger beschäftigt und aktuell auch wieder in Karlsruhe ein Thema ist. Derzeit ist nämlich der Zirkus der Brüder Barelli in der Fächerstadt zu Gast. Die Tierschutzorganisation PETA demonstrierte bereits gegen den Zirkus.

    "Wildtiere gehören nicht in Gefangenschaft"

    "Wir finden Zirkus an sich nicht schlimm. Wir finden nur, dass es sehr viele Möglichkeiten gibt, einen Zirkus auch ohne Tiere zu gestalten", stellt Peta-Streetteam-Leiter Pascal Engelhardt im Zuge der Demonstration am vergangenen Sonntag, 20. August, gegenüber ka-news.de fest.  

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    Foto: Thomas Riedel

    Auf ihrer Webseite weißt die Organisation zudem auf tierschutzrelevante Vorfälle im Zirkus Barelli hin. So soll der Zirkus etwa im Februar 2019 eine hochschwangere Kamelstute ins Winterquartier in Wiesloch gebracht haben. In den den letzten sechs Wochen der Schwangerschaft hätte die Kamelstute, laut Peta, allerdings nicht mehr im reisenden Zirkusbetrieb mitgeführt werden dürfen, da hierdurch die Gesundheit von Mutter und Fohlen gefährdet sei.

    PETA und Barelli haben eine Vergangenheit

    PETA informierte seinerzeit das zuständige Veterinäramt. Die Behörde verhängte ein Reiseverbot für Mutter und Fohlen während der Säugezeit und leitete ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein. Das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis verhängte daraufhin ein Bußgeld. 

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    Foto: Thomas Riedel

    Gerade der Zirkus der Gebrüder Barelli ist der Tierschutzorganisation ein Dorn im Auge: "Der Zirkus Barelli hat auch Wildtiere, wie zum Beispiel Kamele, die definitiv nicht in Gefangenschaft gehören", so Engelhardt auf dem Messplatz in Karlsruhe weiter. Vor allem die langen Transportwege und die nicht vorhandenen Möglichkeiten einer artgerechten Tierhaltung seien dabei ein großes Problem. 

    Und was sagt der Zirkus selbst dazu?

    Ganz anderer Ansicht ist da der Zirkus Gebrüder Barelli. "Für unser Verständnis haben wir überhaupt keine Wildtiere. Weder ein Kamel noch ein Pferd, Alpaka oder ein Pony sind Wildtiere. Das sind alles in ihrer Urheimat domestizierte Tiere", sagt Hans-Ludwig Tillner, Presse- und Marketingmanager des Zirkus Barelli, im Gespräch mit ka-news.de.

    Hans-Ludwig Tillner, Presse-und Marketingmanager des Zirkus Gebrüder Barelli
    Hans-Ludwig Tillner, Presse-und Marketingmanager des Zirkus Gebrüder Barelli Foto: Elena Sausen

    So würden etwa Alpakas in den Anden oder Kamele in Sibirien in der Mandschurei als Lasten- und Nutztiere verwendet. "Die Kamele bei uns sind inzwischen alle in Deutschland geboren. Da ist keines dabei, welches vor zwei Jahren in Sibirern in die Kiste gepackt wurde, um nach Deutschland zu kommen", erklärt Tillner weiter. 

    "Zu einem richtigen Zirkus gehören Tiere"

    Grundsätzlich gehören zu "einem klassischen, richtigen Zirkus einfach Tiere dazu", meint Tillner. So sei der Zirkus bereits vor gut über 250 Jahren mit Pferden in der Manege entstanden.

    "Die Husarenreiter mussten nämlich damals, als die Kriege in Europa und England endeten, gucken, wo sie irgendwo Geld verdienen konnten und machten dann Reitervorführungen und verdienten sich damit ihr Geld", erklärt Tillner die Anfänge der Tiere im Zirkuszelt.

    Ashley Barelli
    Ashley Barelli Foto: Elena Sausen

    "Ich glaube, seit es den Menschen gibt, gibt es Gaugler und Unterhalter. Schon Kleopatra und Cesar hatten Tiere dabei- allerdings lange nicht so gut gehalten wie heute", sagt Tillner. "Wir machen es unseren Tieren so angenehm wie nur möglich und haben auch immer Tierpfleger hier", sagt Juniorchefin Ashley Barelli. 

    Veterinäramt kontrolliert die artgerechte Zirkustierhaltung

    So würden die Haltung der Zirkustiere streng und regelmäßig kontrolliert. "Jeder Zirkus wird schärfer kontrolliert als ein Reitstall oder Zoo", meint Tillner. In jeder Gastspielstadt käme der Amtstierarzt vom Veterinäramt und prüfe, ob die Gehegegröße stimme und schaue sich den Gesundheitszustand der Tiere genau an.

    Zwei Pferde treten in den Shows des Zirkus Gebrüder Barelli auf
    Zwei Pferde treten in den Shows des Zirkus Gebrüder Barelli auf Foto: Elena Sausen

    "Da wird jedem Pferd im wahrsten Wortsinn noch mal ins Maul geschaut und würde sofort Alarm geschlagen, wenn irgendein Missstand aufgedeckt würde", erklärt Tillner. 

    Ortswechsel ist Anregung und Abwechslung für die Tiere

    Und dennoch bleibt die Frage, ob es für die Tiere nicht eine wahnsinnige Tortur ist, regelmäßig Kunststücke vorzuführen und den Standort wechseln zu müssen. "Definitiv nicht", verneint Tillner auch diese Befürchtung.

    "Der Ortswechsel, und das wird jeder Zoologe bestätigen, ist für die Tiere auch Anregung und Abwechslung, weil er die Sinne schärft. Das ist so, wie wenn wir in den Urlaub fahren, dann schauen wir ja auch erst mal, wie es da so aussieht", sagt Tillner.

    Transportanhänger für die Tiere.
    Transportanhänger für die Tiere. Foto: Elena Sausen

    Seiner Auffassung nach habe eine Kassiererin an der Supermarktkasse größere Qualen zu leiden als ein Kamel oder Pony, welches auf Reise mal drei oder vier Stunden im Transporter sei. Außerdem gebe es beim Zirkus der Gebrüder Barelli das Gesetz: Die Tiere werden zuletzt verladen und als Erstes wieder ausgeladen.

    Tiere haben "Spieltrieb" und "Imponiergehabe" in sich

    Auch im Hinblick auf die regelmäßig zu vollführenden Kunststücke ist Tillner der Ansicht, dass diese für die Tiere keine Tortur darstellen würden.

    "Was machen wir den mit den Kamelen? Die lassen wir im Kreis rumlaufen. Das ist so, wie wenn die Karawane von Oase zu Oase zieht", sagt Tillner. Da seien die Tiere allerdings schwer beladen. Beim Zirkus Barelli bekämen sie maximal ein "hübsches Mädel obendrauf gesetzt", das mit reitet und hätten nach zehn Minuten wieder ein friedliches Leben.

    Vier der insgesamt sieben Kamelle entspannt im Auslaufgehege im Schatten
    Vier der insgesamt sieben Kamelle entspannt im Auslaufgehege im Schatten Foto: Elena Sausen

    "Die meisten Tiere sind bei uns geboren oder von einem anderen Zirkus übernommen. Es sind hier alles Tiere, die im Zirkus geboren wurden und gar kein anderes Leben kennen", ergänzt Ashley Barelli, Juniorchefin des Zirkus. 

    Die meisten Tiere sind im Zirkus Gebrüder Barelli geboren, so wie aktuell dieses kleine Kamel
    Die meisten Tiere sind im Zirkus Gebrüder Barelli geboren, so wie aktuell dieses kleine Kamel Foto: Elena Sausen

    Außerdem hätten die Tiere alle einen "Spieltrieb" und ein "Imponiergehabe" in sich. So sei etwa das Kunststück "der Steiger", bei welchem sich ein Hengst auf die Hinterhufen stellt, nichts weiter als das Imponiergehabe, wenn zwei Hengste um ein Weibchen kämpfen.

    Kein Zirkus Barelli ohne Tiere

    "Eigentlich  sind Dressuren heute eine Aneinanderreihung von natürlichen Bewegungsformen aus der Natur, die halt nur durch gewisse Zeichen abgerufen werden", erklärt Tillner und ergänzt: "Dressurreiten ist ja zum Beispiel sogar eine olympische Disziplin."

    Alles in allem würden die Tiere einfach zum Zirkus dazugehören. "Never say never, aber aktuell gehören die Tiere einfach zu uns und wird es keinen Zirkus Gebrüder Barelli ohne Tiere geben", so Tillner abschließend. Bis zum 3. September sind die Tiere noch auf dem Messplatz und den Aufführungen des Zirkus Barelli in Karlsruhe zu sehen. 

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