Hier in Baden beginnt die schwäbisch-alemannische Fastnacht offiziell am 6. Januar, obwohl traditionell das örtliche Rathaus am 11. November gestürmt wird. Es folgen die Prunksitzungen der Fastnachtsgesellschaften und am Rosenmontag und Fastnachtsdienstag kann man heute überall auf die Umzüge gehen. Wie war das aber alles in der Vergangenheit?

Die ersten Umzüge in Karlsruhe
Der große Karlsruher Fastnachtsumzug, der seit 1952 von dem Organisations-Ausschuss Karlsruher Fastnachtsumzug veranstaltet wird, findet heute traditionell am Fastnachtsdienstag statt.
Einhundert Jahre davor scheint es jedoch wenige offizielle Umzüge in der Fächerstadt zu geben. In der Regel werden Maskenbälle in der Fastnachtszeit in Karlsruhe veranstaltet, während die großen öffentlichen Umzüge in Offenburg und Mannheim stattfinden.

"Die Einwohnerschaft der hiesigen Residenz liesse es gewiss an dankbarem Beifall nicht fehlen, wenn der Fastnachtstag durch einen öffentlichen Umzug (wie andere benachbarte Städte) zum Tage des allgemeinen Vergnügens erhoben würde", schreibt die Karlsruher Zeitung am 22. Februar 1841.
Jedoch findet in diesem Jahr einen kleinen Umzug in Karlsruhe statt. Der Verein "Eintracht" beschließt spontan, den eigentlich für den Saal vorgesehenen Zug nach draußen zu verlegen. Auch die sogenannten Zopfmilizen, eine Männergarde, sind dabei.
Am 8. März schreibt die Karlsruher Zeitung an die Maskierten "bei dem Fastnachtszuge am 23. Februar in Karlsruhe" ein Gedicht: "Warum von dir die Blätter schweigen? Warum von dir kein Dichter spricht? Du wecktest ihr Erstaunen nicht, man sieht gar Viele Deines gleichen".
Aber Karlsruhe ist protestantisch und genau aus diesem Grund kann es sein, dass die Blätter den Umzug verschwiegen.

Zwischen 1849 und 1852 ist Baden infolge der Badischen Revolution von den Preußen besetzt und Fastnacht verboten. Am Rosenmontag 1860 bewegt sich aber ein "arrangierter Karnevalszug" durch die Straßen der Fächerstadt, von den Polytechnikern (den Studenten an der Hochschule) veranstaltet. Sie haben vieles zur Belebung der diesjährigen Karnevalssaison getan, berichtet die Karlsruher Zeitung. Der Zug besteht aus einer Reihe von Wagen, "vielfach mit großartigem und phantasiereichem Aufbau und grotesker Ausstattung, und aus einzelnen Masken, zum Teil zu Pferd".
Die Fastnacht im Großherzogtum Baden
Im protestantischen Großherzogtum Baden und im Königreich Württemberg wird Anfang des 19. Jahrhunderts das Narrentreiben verboten, denn Fastnacht ist traditionell mit katholischen Bräuchen verbunden. Erst im Laufe des Jahrhunderts feiert man mit Umzügen und Maskenbällen.

Während die Karnevalsumzüge und Fastnachtsbälle im Rheinland und auch in Mannheim ein wichtiger Bestandteil der örtlichen Kultur darstellen, ist der Karneval in der Fächerstadt jedoch nicht so beliebt. "Das reiche Mannheim bemächtigt sich zuerst des Gedankens und führte ihn mit zulangenden Geldmitteln aus", schreibt die Kölner Zeitung am 12. März 1846 über das "fröhliche Faschingstreiben am Nieder- und Mittelrhein".
Wer gestern in Mannheim war, berichtet die Karlsruher Zeitung am 22. Februar 1841, wurde in den Schoß des Scherzes und der Freude aufgenommen, wo alles nur heitere Lebensluft atmete. Nach Meinung der Kölner Zeitung wird Fastnacht in Städten mit einer überwiegenden Bevölkerung von Protestanten niemals zu seiner wahren Bedeutung gelangen können.
Die Zeitung behauptet, dass der Boden in Karlsruhe nicht günstig ist, trotz des Zeigens guten Willens und Teilnahme. In der Tat sind zu dieser Zeit die katholischen Städte Hochburgen der Fastnachtsaktivitäten.

Im Rheinland dagegen ist der Karnevalsumzug ein Anlass, zu dem sogar der Herzog und die Herzogin von Nassau erscheinen. Am 26. Februar 1857 wird in Karlsruhe berichtet, wie "eine außerordentliche Volksmenge sich durch die Hauptstraßen der Stadt Mainz bewegte und wie ihre Hoheiten das schöne Fest vom Balkon ihres Hotels aus beobachteten". Ab den 1880er Jahren werden die Kostüme und Masken im Südwesten wieder getragen und es bilden sich die ersten Narrenzünfte und Karnevalsgesellschaften.
Karnevalsgesellschaften in Karlsruhe – die Vorreiter
Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstehen in Karlsruhe die ersten Karnevalsgesellschaften, wie sie in Mannheim bereits seit Jahrzehnten existieren. Die älteste Gesellschaft in Karlsruhe ist die Karnevalsgesellschaft Badenia 1900 e.V., am 1. Januar 1900 gegründet. Kurz danach im Jahr 1902 wird die 1. Große Karnevals-Gesellschaft Karlsruhe aufgestellt und 1904 die Karnevalsgesellschaft 1904 Durlach e.V.
Die inzwischen aufgelöste Gesellschaft Alt Karlsruhe wird 1903 ins Leben gerufen. Zur Fastnacht 1905 veranstaltet die Karnevalsgesellschaft Ampel eine Eröffnungsfeier, in deren Verlauf sich zeigt, laut der Badischen Presse vom 16. November 1905, dass die Ampel bemüht ist, das karnevalistische Treiben in Karlsruhe zu beleben. Der Verein existiert heute nicht mehr.
Erst verboten, dann mehr gefeiert als zuvor
Aber in den 1920er Jahren werden Fastnachtsumzüge allgemein in Teilen Deutschlands verboten. Bereits 1926 kann man in der Karlsruher Zeitung "Der Volksfreund" lesen, wie das behördliche Verbot des Abhaltens von öffentlichen Umzügen ein "größeres Maskentreiben auf den Straßen verhindert", aber auch ohne das Verbot wäre infolge der miserablen wirtschaftlichen Lage nicht allzviel Fastnacht zu bemerken.

Diese Notlage und die instabilen politischen Verhältnisse führen dazu, dass in Württemberg Fastnachtsumzüge bis in das Jahr 1930 noch verboten sind. Insgesamt findet in der Zeit der Weimarer Republik nur einen Umzug in Karlsruhe statt, im Jahr 1930.
Fastnacht nach dem Ersten Weltkrieg
Am 22. Februar 1925 veranstaltet die Stadt Durlach als erste der badischen Städte nach dem Ersten Weltkrieg einen großen Fastnachtsumzug, der mit einem Maskenball in der Festhalle endet. Der Anlass wird von der 1. Großen Karnevals-Gesellschaft Karlsruhe, zusammen mit dem Verkehrsverein und anderen gemeinnützigen Vereinen wahrgenommen.

Der Umzug wird von einer ungeheueren Menschenmenge aus der ländlichen Umgebung und der Großstadt Karlsruhe besucht. Voran schreiten die Zugführer, Fanfarenbläser, Herolde und Bannerträger, gefolgt unter anderem von einer Musikkapelle und der Prinzengarde. Der ganze Vorbeimarsch dauert etwa eine Stunde und ist ein Riesenerfolg.
Nach der Machtergreifung 1933 organisieren die Vereine die Karnevalsaktivitäten neu und es wird im Karlsruher "Dörfle" die Altstadtgemeinde gegründet, der mehrere Karnevalsgesellschaften angehören. Im Gegensatz zu den tristen 1920er Jahren wollen die Karnevalsgesellschaften dafür sorgen, dass in den kommenden Jahren "der Fastnachtsgedanke in Karlsruhe noch stärker als bisher gepflegt wird".

1934 wird der Fastnachtsumzug und der Preismaskenball am Fastnachtsdienstagsabend in Karlsruhe gefilmt und in den nächsten Tagen in den Karlsruher Lichtspieltheatern gezeigt. Im Karnevalsjahr 1935 entscheidet die Altstadtgemeinde, dass der große Karlsruher Umzug aus 30 bis 40 Wagen und Gruppen bestehen wird.
Die Prinzengarde und die Klepperlesgarde sind auch dabei, außerdem soll sich das Staatstheater und die Hochschule der Bildende Künste auch daran beteiligen. Der letzte Umzug in Karlsruhe vor dem Krieg findet 1938 statt. Erst 1951 finden wieder Fastnachtsumzüge in der Fächerstadt statt.
Fastnacht in Karlsruhe in der Nachkriegszeit
1952 wird der Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Karnevalsgesellschaften gegründet, die in Verbindung mit dem Verkehrsverein die Fastnachtsumzüge organisiert. Dazu gehören die großen Karnevalsvereine in Karlsruhe, unter anderem die 1. Große Karnevalsgesellschaft Karlsruhe, die Große Karnevalsgesellschaft Durlach, die Karnevalsgesellschaft Badenia und die noch bestehende Alt Karlsruhe.

Ein Jahr später entsteht daraus der Festausschuss Karlsruher Fastnacht (FKF), der über die Jahre hinweg bis zu 30 Mitgliedsvereine zählt. Neben der Koordination der teilnehmenden Vereine und Gruppen sorgt der FKF für die Repräsentation der Karlsruher Fastnacht nach außen.