Die zweite Rheinbrücke wird gebaut. So hieß es zumindest noch im Jahr 2021. Nach langen Diskussionen zwischen Stadt, Bund und Regierungspräsidium konnte im vergangenen November dann endlich ein erstes Konzept zum Brückenbau vorgestellt werden - ein Konzept, das auch den Schutz heimischer Tierarten berücksichtigt. Ein Konzept, das teilweise wohl den heftigen Protesten gegen das Bauvorhaben der zweiten Rheinbrücke zu verdanken ist.
Denn: Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (Bund) hatte in mehreren Instanzen Klage gegen den Bau einer zweiten Rheinbrücke eingereicht. Doch obwohl die Stadt Karlsruhe Kompromisse eingegangen sei, zeigt sich der Bund auch im Oktober keineswegs zufrieden. "Der Bau berücksichtigt weder die Klimakrise noch die in der aktuellen Energiekrise deutlich werdenden Probleme. Daher müssen die Planungen für die Querspange und auch die 2. Rheinbrücke ruhen", sagt Hartmut Weinrebe, Geschäftsführer des Bund Karlsruhe.
Proteste am Infoabend zum Brückenbau
Hinzu komme, dass parallel eine Querspange von der neuen Brücke zur B36 geplant werde, was den Autoverkehr nur noch weiter fördern würde. "Das setzt in der heutigen Zeit die völlig falschen Impulse und schadet der Verkehrswende, statt ihr den Weg zu bereiten", so der Aktivist und ergänzt:

"Nicht nur wir vertreten diese Meinung. Auch die Oberrheinischen Waldfreunde, die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Karlsruhe und die Bürgeraktion Umweltschutz Zentrales Oberrheingebiet, kurz Buzo sprechen sich gegen den Brücken- und Querspangenbau aus."
"Verkehr, Verkehr, Verkehr!"
Tatsächlich ist nicht nur Weinrebe am Dienstagnachmittag, den 4. Oktober, vor der Badnerlandhalle in Neureut versammelt. Vertreter verschiedenster Organisationen protestieren mit Bannern, Pappschildern und Leinwand gegen den Bau der zweiten Rheinbrücke und der Querspange. Auch Harry Block, langjähriges Vorstandsmitglied des Bund ist vor Ort.

"Es ist nun einmal Straßenbau. Und jeder Straßenbau geht letztlich gegen die Verkehrswende", sagt er. "Und man muss natürlich sehen, wie weit die Stadt noch mit dem Straßenbau geht. Letztlich nähert sich jeder Querspangen- und Brückenausbau bei Karlsruhe der Nordtangente an, die letztendlich geschlossen werden könnte. Bei all diesen Projekten ist das Ziel also: Verkehr, Verkehr, Verkehr!", so Block.
"Artenschutz und Emissionsschutz sind verschiedene Dinge"
Das sei nach Maßstäben der Umweltpolitik regelrecht aus der Zeit gefallen, denn Umweltschäden, die mit CO2-Emissionen zusammenhängen, kann man kaum verhüten. "Ich finde es ja löblich, dass die Stadt sich um Artenschutz bemüht und dahingehend schon Konzepte aufgestellt hat", so Weinrebe. "Aber das ist nun einmal ein völlig anderes Thema als Luftverschmutzung."

Aus ähnlichen Gründen sei auch ein Demonstrant, der nur seinen Vornamen Markus verraten möchte, an diesem Tag vor die Halle gekommen. "Mir geht es hier darum, für eine zukunftsgerechte Verkehrsinfrastruktur auf die Straße zu gehen. Dass wir statt die Bahninfrastruktur aufzustocken, neue Autostraßen bauen, geht für mich in eine ganz falsche Richtung." Markus sei aus privatem Interesse am Umweltschutz unabhängig von einer Organisation hergekommen.
"Wir sind in einem Dreieck"
Nicht alle Demonstranten haben sich dabei um der Umwelt willen eingefunden. Hubert Wenzel etwa, ehemaliger Vorstand der Bürgerstiftung von Knielingen sieht auch im Lärm ein immenses Problem. "Wir waren schon vor 20 Jahren gegen den Bau einer zweiten Rheinbrücke. Warum? In Knielingen sind wir schon von der B 36 und der Südtangente eingerahmt. Mit der neuen Rheinbrücke und der Querspange wären wir in einem Dreieck", sagt er.

Das würde eine Lärmbelastung von allen Seiten für Knielingen bedeuten. "Dass sie uns heute Abend Kompromisse anbieten, halte ich auch nicht für hilfreich. Helfen würde nur, die Brücken sein zu lassen", sagt er. Doch wie hoch stehen die Chancen dafür? Glauben die Demonstranten selbst, einen Brückenbau noch verhindern zu können?
"Der letzte Sommer hat gezeigt, dass wir umgestalten müssen"
"Natürlich bedeutet eine Umgestaltung in der Verkehrspolitik Veränderung. Und Veränderung ist oft schmerzhaft und fällt uns schwer. Aber spätestens der letzte Sommer hat gezeigt, dass wir umgestalten müssen. Deshalb werden wir als Bund immer weiter unbequeme Wahrheiten aussprechen und uns in politischen Gremien einbringen, um die Entscheidungsträger zu beeinflussen. Wir werden auch unser Bestes bei dieser Brücke geben", erklärt Weinrebe.

Eine solche Argumentation trifft auch bei der Stadtverwaltung auf Verständnis. Karlsruhes Baubürgermeister Daniel Fluhrer etwa erkennt die Einwände der Demonstranten durchaus an. "Natürlich muss man sich in der heutigen Zeit fragen, ob so ein Infrastrukturprojekt wie der Bau der zweiten Rheinbrücke im Angesicht von Klimawandel und Energiekrise noch sinnvoll ist. Immerhin wird es erst in zehn bis 15 Jahren realisiert."

Laut Fluhrer gebe es durchaus Diskussionsstoff, ob die zweite Rheinbrücke nicht doch ein "Gedankenkonstrukt der Vergangenheit" sei. "Trotzdem stelle ich das Projekt nicht infrage. Dieser Veranstaltungsabend ist immerhin der erste Schritt, um den Brückenbau so umwelt- und zukunftsverträglich wie möglich zu gestalten", sagt er. Wie genau diese Gestaltung ausfallen könnte, sei immerhin Teil des Informationsabends.
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