Über ein Jahr ist vergangen, seit der Rechtsstreit zwischen Land Baden-Württemberg, Stadt Karlsruhe und Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund) beigelegt wurde. Gegenstand des Prozesses: Die zweite Rheinbrücke, die zwischen Wörth und Karlsruhe gebaut werden soll. Schon damals habe der Bund einige Anklagepunkte vorgebracht, nach denen beim Bau zu wenig Rücksicht auf Umwelt- und Naturschutz genommen werde.

Nachdem die Gerichte entschieden, dass die Brücke gebaut werden dürfe, wurden dennoch einige Ausgleichsmaßnahmen für den Bau vorausgesetzt. Diese Ausgleichsmaßnahmen seien dazu da, um im Vorfeld dafür zu sorgen, dass die Natur durch den Bau nicht geschädigt werde. "Wir haben uns bei diesen Maßnahmen nach den vom Bund vorgebrachten Fakten gerichtet", sagt Landschaftsarchitekt Hartwig Theobald, der diese Aufgabe für das RP Karlsruhe übernimmt.

Ausgleichsmaßnahmen 2. Rheinbrücke
Hartwig Theobald, Mitinhaber der Landschaftsarchitektur Theobald und Ness und teilverantwortlich für die Ausgleichsmaßnahmen. | Bild: Lars Notararigo

Ganz oben im Zeitplan stünde dabei die Umsiedelung der ansässigen Tierarten in neue Lebensräume. "Diese Ausgleichsmaßnahme muss noch lange vor Baubeginn im Jahr 2027 erfolgen, damit die verschiedenen Tierarten genügend Zeit haben, sich an ihre neuen Habitate zu gewöhnen", sagt Sylvia Felder, Regierungspräsidentin von Karlsruhe. "Sollten die Habitate nicht angenommen werden, brauchen wir genügend Vorlaufzeit, um zu reagieren."

Ausgleichsmaßnahmen 2. Rheinbrücke
Sylvia Felder, Regierungspräsidentin von Karlsruhe. | Bild: Lars Notararigo

Hierbei würden verschiedene neue Habitate in bereits bestehende Naturräume um Eggenstein-Leopoldshafen eingebettet werden. "Beispielsweise haben wir nicht allzu weit vom Bauplatz entfernt einige Gesteinsstrukturen bereitgestellt, die als Lebensraum für Reptilien dienen sollen", erklärt der leitende Baudirektor des Projekts, Jürgen Genthner.

12 Hektar Wald-, Wiesen- und Wasserfläche

Weitere Projekte in der Nähe des Bauplatzes seien das Anlegen von Rasenflächen für Insekten, der Aufbau von Nistkästen für Vögel und Fledermäuse, das Umgraben eines nahe gelegenen Ackers, auf dem ein Waldstück angepflanzt werden soll und das ausheben künstlicher Teiche und Stillgewässer. Letztere nämlich seien als Ausweichhabitat für das amphibische Leben nahe der Rheinbrücke gedacht.

Ausgleichsmaßnahmen 2. Rheinbrücke
Jürgen Genthner, Leitender Baudirektor des Referats Straßenbau Mitte des Karlsruher Regierungspräsidiums. | Bild: Lars Notararigo

"An Wasserflächen haben wir insgesamt 6.600 Quadratmeter angelegt", sagt Theobald. "Für die Waldflächen haben wir 13.000 Kubikmeter Erde umgegraben, auf denen ab 2022 zirka 6,5 Hektar aufgeforstet werden sollen. Außerdem werden wir zirka 6.000 Sträucher und Heister anpflanzen. Diese sind von Plastikwannen umgeben, um Wühlmäuse abzuhalten. Insgesamt werden wir um die 12 Hektar Fläche bearbeiten", erklärt er.

Ausgleichsmaßnahmen 2. Rheinbrücke
In dieser locker umgegrabenen Erdmasse werde bald ein Wald aufkeimen, der die vom Rheinbrückenbau vertriebenen Tiere aufnehmen soll. | Bild: Lars Notararigo

Die umgestalteten Flächen sollen noch immer frei begehbar für Menschen sein. "Allerdings sollte man die Teiche für Amphibien nicht als Badesee nutzen", sagt Theobald. Auch in größerer Ferne sollen Maßnahmen erhoben werden. An einem alten Nato-Tanklager in Huttenheim sollen die nicht mehr benötigten Betonböden aufgebrochen und für Pflanzenwuchs freigegeben werden - dabei werde bei allen Arbeiten auf Schonung geachtet.

"Wir wollen eine Aufwertung des Naturraums"

"Schon beim Umgraben der Erde haben wir möglichst bodenschonendes Gerät verwendet", erklärt Theobald. "Und diesen Grundsatz wollen wir bei allen Arbeiten, egal ob in unmittelbarer Nähe oder weiter entfernt, beibehalten.  Wir wollen keinen Schaden am bestehenden Naturraum riskieren - im Gegenteil: Wir wollen eine Aufwertung des Naturraums", so der Landschaftsarchitekt.

Ausgleichsmaßnahmen 2. Rheinbrücke
In Plastikwannen eingelassen, soll das hier wachsende Gestrüpp bald ein Zuhause für Insekten und Kleintiere bieten. | Bild: Lars Notararigo

Entsprechend seien auch viele Kosten für den Naturschutz in Kauf genommen worden. "Alleine die jetzigen Maßnahmen zur Umgrabung und Habitatsbildung werden 700.000 Euro kosten", erklärt Regierungspräsidentin Felder. "Und das sind nur die Ausgleichsmaßnahmen, die vor Baubeginn fällig sind", fügt Genthner hinzu. "Manche Arbeiten können erst während und nach dem Brückenbau durchgeführt werden."

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Insgesamt rechne man mit einem Budget von 4,5 Millionen Euro, welches der Erhaltung von Natur und Umwelt zugutekomme. "Man muss der Natur für jede Baustelle etwas zurückgegeben. Und ich finde das Budget zeigt, wie viel sich das Land den Umweltschutz kosten lässt", wie die Regierungspräsidentin schließt.

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