"Die vierte Welle schwellt mit unbekannten Ausmaßen an und wird die vorherigen Wellen auch übersteigen", beginnt der Direktor der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin die Pressekonferenz am Freitag. So hat der Karlsruher Stadtkreis mit einer Sieben-Tages-Inzidenz von 313,5 aktuell seinen höchsten Wert seit Pandemiebeginn erreicht, während die Sieben-Tages-Hospitalisierungsinzidenz mit 4,9 und insgesamt 351 Corona-Intensivpatienten angegeben wird. Kehl ist sich sicher: "Wir werden spätestens nächste Woche die Alarmstufe erreichen."
Klinikum stets an der Belastungsgrenze
Mit 14 Patienten auf der Corona-Allgemeinstation und neun Patienten auf der Corona-Intensivstation schramme das Städtische Klinikum nach eigenen Angaben stets an der Belastungsgrenze entlang. In den übrigen Krankenhäusern innerhalb des Clusters sehe die Situation nicht anders aus.

"Wir sind das am meisten ausgelastete Cluster in Baden-Württemberg", erläutert Kehl. Er ist nicht nur Direktor der Anästhesie und Intensivmedizin, sondern ist im Klinikum auch für das Cluster, welches unter anderem Rastatt, Pforzheim und Bruchsal umfasst, verantwortlich.
Verlegungen in den Norden
Diese Situation bedeute jedoch auch, dass Patienten womöglich bald damit rechnen müssten, woanders behandelt zu werden. Gegebenenfalls müssten Verlegungen sogar bis in den Norden Deutschlands vorgenommen werden, um die Kliniken im Südwesten zu entlasten.
Doch da gibt es ein Problem: Die Kapazitäten beim Transport von Krankenhaus zu Krankenhaus reichen nicht aus. "Da müssen wir Stunden oder mal einen Tag lang warten, bis wir einen Patienten wirklich verlegen konnten. Das ist auch dem Ministerium bekannt, dass da nachgesteuert werden muss."

Aus der Situation heraus solle deshalb auch der Notfallmodus der südwestlichen Kliniken aktiviert werden. Das heißt: Immer mehr Normalstationen werden zu Covid-Stationen umgewandelt, Mitarbeiter zu neuen Teams zusammengestellt und die Behandlung von Nicht-Covid-Patienten "wenn irgend möglich" verschoben, um Intensivbehandlungskapazitäten freizubekommen. Im Zuge dessen fordert die BWKG dir Wiedereinführung von Freihaltepauschalen für alle Krankenhäuser, einen verbesserten Ganzjahresausgleich und eine finanzielle Absicherung der Kliniken für das Jahr 2022.

"Viele verstehen nicht, wenn wir sagen 'wir sind an der Grenze', weil sie das im Alltag nicht mitbekommen. Wir sind aber an der Grenze. Wenn unsere Intensivkapazität von rund 40 Intensivbetten auch ohne Covid stets ausgelastet war, dann können sie sich vorstellen, was allein 9 Covid-Intensivbetten ausmachen können, die dann für andere Patienten wegfallen", erläutert Kehl, "vor allem wenn in dieser Welle nochmal Kapazitäten weggefallen sind."
Wird der "geimpft-Status" verkürzt?
In diesem Zusammenhang macht Kehl erneut darauf aufmerksam, dass doch angesichts dieser Lage die Leute sich bitte impfen lassen mögen. Insbesondere auch aus dem Grund, da Geimpfte infektiös sein können und sich nicht regelmäßig testen lassen müssen. "Das ist eine trügerische Ruhe, alle denken mit 2G ist alles gut. Das ist es aber eben nicht", betont Kehl. Zwar würden geimpfte Personen im Gegensatz zu nicht immunisierten Personen weder auf der Intensiv landen noch sterben, sie könnten diese aber wiederum anstecken.

"Darum nochmal der dringende Appell an alle Ungeimpften, sich bitte endlich impfen zu lassen. Man stirbt wirklich an Covid und Sie begeben sich selbst in Gefahr", so Kehl weiter. Bei Corona-Intensivpatienten beträgt die Mortalitätsrate aktuell 32 Prozent. Doch auch den bereits Geimpften empfiehlt der Mediziner, sich angesichts der deutlich ansteckenderen Delta-Variante einer Auffrischungsimpfung zu unterziehen.

"Der Impfstoff wurde damals primär für den Urtyp, die Alpha und die Beta Variante entwickelt. Sie wirkt auch gegen die Delta, aber dennoch müssen wir die Impfanstrengung nochmal weiter forcieren. Die zweimalige Impfung wird nicht ausreichen. Ich sehe es kommen, dass die Gültigkeit des Impfzertifikats entsprechend verkürzt wird sowie in Österreich", berichtet der Intensiv-Chef. In Österreich gilt der "geimpft-Status" ab sofort nur noch neun Monate. Danach wird für die Bürger eine "Booster-Impfung" fällig, damit sie weiterhin als "geimpft" gelten.
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