Homo-, bi-, trans-, inter-, pan- oder a-sexuell. Als solche definiert sich eine Gruppe von Menschen, deren sexuelle Identität unter den Sammelbegriff "queer" fällt. Inzwischen rückt diese Lebenseinstellung auch zunehmend in Karlsruhe in den Vordergrund. Egal, ob beim Christopher Street Day (CSD), Stammtische oder sogar als Punkt auf der Karlsruher Gemeinderatsliste. Nun erfolgte der nächste Schritt: die Gründung eines eigenen Vereins mitten in der Fächerstadt.
"Ich bin keine Person, die immer in der Mitte der Aufmerksamkeit steht"
Einer, der diese Entwicklung seit Jahren mitverfolgt, ist der 24-jährige Lorenzo. Er ist Mitorganisator des neuen Vereins "queerKAstle" (zusammengsetzt aus "queer" und "castle"), welcher am Samstag im Mühlburger Bürgerzentrum gegründet wurde. Nebenbei studiert er Bioingenieurwissenschaften im Master und agiert als Vorstand einer queeren Hochschulgruppe.

"Meinen ersten Kontakt mit der Community hatte ich Ende 2018 auf einer Weihnachtsfeier. Da waren dann auch Leute aus der Hochschulgruppe dabei. Erst ein Jahr zuvor habe ich mich als schwul geoutet, also relativ spät", erzählt Lorenzo im Gespräch mit ka-news.de.
Doch die frühe Verbindung zu der Gruppe geriet ins Wanken, als plötzlich Corona ausbrach. Kurzerhand steigt Lorenzo ins Management der Gruppe ein, um die Verbindung zu kitten. "Ich bin keine Person, die immer in der Mitte der Aufmerksamkeit steht, sondern habe viel in der Verwaltung gemacht. Aber dadurch bin ich mit allen möglichen Leuten in Berührung gekommen", so der 24-jährige weiter.
Eine bessere Vernetzung der queeren Community
Ende 2020 führten diese "Berührungspunkte" den jungen Mann schließlich zu einem "runden Tisch", der es sich zur Aufgabe machte, die in Karlsruhe bestehenden queer-Gruppen zu vernetzen. Initiiert wurde dieses 'Vernetzungstreffen', das alle sechs Wochen persönlich oder online stattfand, von der Aids-Hilfe. Sogar Vertreter der Stadt sollen diese Treffen besucht haben. Die Anzahl der Teilnehmenden liege im Schnitt jedoch zwischen 15 und 20 Personen.

"Der Runde Tisch wurde vorwiegend für Repräsentanten von verschiedenen queeren Gruppierungen genutzt. Ich kannte davon am Anfang vielleicht 30 Prozent", erläutert Lorenzo. Bezüglich Vereinsgründung brachte schlussendlich eine anonyme Umfrage aus dem vergangenen Jahr den Stein ins Rollen.
Die Mehrheit von den rund 250 Teilnehmern habe dort angegeben, dass sie sich ein queeres Zentrum für die Stadt Karlsruhe wünschen. Wie viele queere Personen es jedoch insgesamt in Karlsruhe gibt, kann nicht konkret beantwortet werden.
"Ich gehe davon aus, dass es noch Gruppen in Karlsruhe gibt, von denen ich selbst noch nichts weiß. Die Dunkelziffer liegt also bestimmt höher", so der 24-Jährige.
So reagieren die Karlsruher auf das Stichwort "queer"
Doch schon vor der Vereinsgründung, genauer gesagt am 12. Mai, machte die Community ihr Vorhaben in einer Pressemitteilung öffentlich, welche auch ka-news.de veröffentlichte. Die Reaktionen der Leser? Unterschiedlich.
Der Punkt: Einige User nehmen das Vorhaben an sich und die Situation nicht ernst oder verfallen in einen sarkastischen "Whataboutism". Da reichen die Kommentare von "Karlsruhe wird immer bescheuerter", über "Jetzt werden die wahren Probleme angegangen" bis zu "Man muss doch nicht jede Modeerscheinung der Randgruppen mitmachen".

Doch die Gegenreaktion der "pro-queer" Seite lassen nicht lange auf sich warten: "Es ist immer wieder spannend, wie sehr manche Männer in Panik geraten, wenn sie Worte wie queer, schwul, trans oder Ähnliches nur hören. Keiner von uns 'Randgruppen' will gerade euch in der Community haben", schreibt beispielsweise Userin "Sanne".
"Es sind weniger direkte Anfeindungen als einfach Unverständnis"
Als ka-news.de bei Lorenzo nachfragt, ob denn die Community solche Anfeindungen kennt und darum womöglich auch die Öffentlichkeit scheut, antwortet Lorenzo: "Es gibt solche und solche Personen." Er persönlich habe bislang weniger schlimme Erfahrungen mit den Karlsruhern gemacht.
"Ich kann nicht sagen, wie es beispielsweise als Transperson ist, ich weiß, dass es diese Anfeindungen gibt. Als schwuler Mann ist man schon eher auf der mehr akzeptierten Seite. Aber ich denke, es sind weniger direkte Anfeindungen als einfach Unverständnis. Was wir haben möchten, ist eine gewisse Offenheit und ein Grundverständnis für die verschiedenen Lebensweisen. Und genau das ist ein Teil unserer Mission."
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