So manchem kommt es vor, wie eine lange, lange Zeit - vor knapp eineinhalb Jahren, war die Karlsruher Innenstadt erfüllt vom pulsierendem Nachtleben. Das Licht der Clubs, Bars, Kulturveranstaltungen und Konzerte fiel auf die Straßen der Fächerstadt und erstarb erst in den frühen Morgenstunden. Doch das alles war vor der Pandemie.

Selbst jetzt, wo der Lockdown seit über einen Monat vorbei ist, könne immer noch nicht sicher gesagt werden, dass sich das Nachtleben in absehbarer Zeit erholt. Alleine durch den Vorfall in der Karlsruher Bar und Diskothek Topsy Turvy, wurden einige Zweifel gesät, ob die Fächerstadt überhaupt wieder ins Nachtleben starten solle, selbst dann wenn es die Corona-Verordnung wieder gestattet.
Sowohl Angelika Desch, stellvertretende Geschäftsleiterin im Club Agostea, als auch Hilmar Schäuble, Mitinhaber des Restaurants Marktlücke am Marktplatz sind diese Zweifel nicht fremd. Beide wählten unter den gegebenen Umständen, zunächst auf Tanzveranstaltungen zu verzichten. Die Gründe, die sie dafür nannten sind recht ähnlich.
"Auflagen, die nicht zu erfüllen sind"
"Im Prinzip ist es einfach noch verboten", sagt Schäuble. "Solange die Inzidenz in Karlsruhe über zehn liegt, befinden wir uns bei Öffnungsstufe zwei. Also dürfen wir die Tanzveranstaltungen und Club-Abende, die früher Regelmäßig in der Marktlücke stattfanden, gar nicht abhalten." Doch selbst wenn die Stadt Karlsruhe wieder eine rückläufige Inzidenz erreichen würde, sodass mit Öffnungsstufe eins wieder Disko-Betrieb möglich wäre, sei die Eröffnung des Clubs kaum lohnenswert.

"Wir dürfen laut Corona-Verordnung genau dreißig Prozent einlassen - und das nur wenn sie geimpft, getestet oder genesen sind", so der Inhaber der Marktlücke. "Das ist eine Auflage, die prinzipiell nicht zu erfüllen ist." Angelika Desch teilt diese Einschätzung in Bezug auf das Agostea. "Es ist uns einfach zu heikel, um zu öffnen. Auch deshalb weil wir mit den derzeitigen Beschränkungen nicht arbeiten können."

Dreißig Prozent sei ein guter Anfang und Desch rechne auch damit dass mit der steigenden Impfquote auch mehr Freiheiten ins Nachtleben zukehre, dennoch bliebe ein bestimmtes Problem: "Mit nur 30 Prozent an Kundenkapazität könnten wir uns nicht halten", so die stellvertretende Geschäftsführerin.
Das Agostea sei im Gegensatz zur Marktlücke eine eingetragene Diskothek und bezöge all seine Haupteinkünfte aus dem Karlsruher Nachtleben. "Würden wir nun öffnen, fiele die finanzielle Hilfe, die wir vom Staat erhalten weg. Gleichzeitig hätten wir mit 30 Prozent Gästen natürlich nur 30 Prozent Umsatz. Außerdem befindet sich das Agostea die nächsten Wochen in einer Umbauphase."
"Schon ein einziger Infizierter ist eine zu große Gefahr"
Natürlich sei es nicht alleine Umsatz oder Bauarbeiten, der die beiden Betriebe davon abhielte, ihre Tanzveranstaltungen wiederaufzunehmen. "Sollte zum Beispiel ein einziger Gast die Delta-Variante in sich tragen, könnte er sämtliche anderen Gäste auf unseren Tanzflächen und auch unsere Mitarbeiter infizieren", so Desch. "Das können wir nicht riskieren. Immerhin haben wir auch eine Fürsorgepflicht für unser Personal." Dem stimme auch Hilmar Schäuble zu.
Neben der Gefahr eines Ausbruchs habe der Vorfall im Topsy Turvy einige weitere Probleme aufgezeigt, die es auch in Zukunft zu lösen gäbe: Beispielsweise sei noch immer die Frage, was gegen falsche Kontaktdaten getan werden könne, die Kontaktnachverfolgung erschweren.
Die Luca-App als Lösung?
"Da Ausweiskontrollen in unserer Diskothek schon immer Gang und Gebe waren, sind falsche Kontaktdaten auch selten ein Problem", berichtet Desch. Das bedeute nicht, dass man sich des Problems nicht annehmen wolle: "Wir planen einen digitalen Ticketverkauf, bei dem man zum Erwerb seine Kontaktdaten hinterlassen muss." Diese würden anschließend mit dem Personalausweis abgeglichen und seien nur bei korrekter Übereinstimmung gültig.
Die Marktlücke verlasse sich als Gastronomisches Etablissement auch auf digitale Lösungen. "Wir nutzen eigentlich grundsätzlich die Luca-App", so Hilmar Schäuble, "dort sind in den allermeisten Fällen die korrekten Daten hinterlegt. Nur einige, meist ältere Gäste haben kein Smartphone. Wir haben aber nicht das Gefühl, dass jemand davon falsche Daten angeben würde."
Private Veranstaltungen - Ein Widerspruch in der Verordnung?
Trotz all dieser vorhergenannten Gefahren und Risiken - trotz strenger Auflagen, der Pflicht zu Impfung, Test oder Genesungsnachweis ist es laut Verordnung noch immer möglich, private Veranstaltungen in den Clubräumlichkeiten zu buchen. Veranstaltungen die die fixe Besucherzahl von 300 Personen nicht überschreiten. "An dieser Stelle sind die Corona-Verordnungen sehr widersprüchlich", so Desch.
"Auch bei den Inzidenzen verstehen wir den Sinn nicht ganz. Bei einem Inzidenzwert von zehn oder mehr werden Diskotheken zum Beispiel geschlossen, aber private Veranstaltungen dürften sie bis zu einer Inzidenz von 35 anbieten. Das ist uns ganz einfach zu riskant." Deshalb verzicht das Agostea darauf, seine Räume für Privatveranstaltungen zu vermieten. "Auch wenn viele Anfragen dazu bei uns eingehen", fährt sie fort. Auch die Marktlücke biete keine Vermietungen für private Feiern an.
Das Land Baden-Württemberg erklärt diese Regelung dadurch, dass solche Privatveranstaltungen nur in freundschaftlichen oder familiären Rahmen, wie etwa Geburtstags- oder Hochzeitsfeiern gestattet wären. Da solche Privatveranstaltungen nicht dazu dienten, dass fremde Personengruppen aufeinanderträfen, sondern bereits zuvor eine Verbindung der Feiernden bestünde, die ein Risiko auf nicht rückverfolgbare Infektionen reduziere.
Dateiname | : | Aktuelle Corona-Verordnung vom 28. Juni |
Dateigröße | : | 1679607 |
Datum | : | 28.06.2021 |
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