"Es ist ein Thema, das die Bürger stark berührt", meint Bürgermeister Klaus Stapf beim Pressegespräch am Mittwoch. Schon länger sieht sich die Fächerstadt mit einem Problem konfrontiert: An vielen Stellen ist es zu laut, vor allem Anwohner haben hier das Nachsehen. "Bürger artikulieren heute stärker, dass sie Lärmschutz möchten", so der Bürgermeister, "viele Menschen haben den gemeinsamen Wunsch nach Stille."
An 65 Stellen ist es zu laut
Lärmschutz - das bedeute in Karlsruhe auch Gesundheitsschutz. Das Lärmempfinden des Einzelnen, stellt der Bürgermeister fest, sei zwar subjektiv, gleichzeitig könne eine hohe Lärmbelästigung die Betroffenen krank machen. Bereits ab einer Lautstärke von 45 Dezibel kann die Nachtruhe stark gestört werden, warnt Stapf. Weitere Folgen hoher Lärmbelästung seien Stress, Schlafstörungen, Herz- und Kreislaufbeschwerden und Gehörschäden. Zum Vergleich: Ein normales Gespräch misst nach Auskunft des Amts für Umwelt- und Arbeitsschutz bereits 55 Dezibel. Liegt der Lärm in den Nachtstunden über 60 Dezibel, spricht man von einem sogenannten Lärm-Hotspot.

(Anhand einer Lärmkarte lassen sich die Hotspots in der Fächerstadt nachvollziehen. Hier geht's zur vergrößerten Ansicht.)
Bereits 2009 wurde die Fächerstadt von den Verantwortlichen durch Messungen und Berechnungen in Sachen Lärmbelästigung getestet. In einem Schreiben wurde die Fächerstadt 2013 vom Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur (MVI) aufgefordert, ihren bestehenden Lärmaktionsplan zu überprüfen, zu überarbeiten und neue Maßnahmen aufzustellen. Das Ergebnis: 15 Stellen stuft die Stadt Karlsruhe als Lärm-Hotspots ein, an 50 weiteren Stellen sieht sie ebenfalls Verbesserungsbedarf, obgleich hier die 60-Dezibel-Grenze nicht überschritten wurde.
Maßnahme muss individuell angepasst werden
Die Liste der Lärmquellen führen dabei unangefochten Straßen an - ein Problem für den Verkehrsknotenpunkt Karlsruhe. "Nahe einer Autobahn oder einer Bahntrasse liegen die Werte zwischen 70 und 80 Dezibel", erklärt Stapf. Und auch entlang der Kriegsstraße sieht er Verbesserungsbedarf. Die entscheidende Frage sei hier: Was kann man dagegen tun?
Maßnahmen gebe es viele: Förderung des Radverkehrs, Lärmschutzwände, Straßenrückbau, Durchfahrtsverbote für Lkw, Tempolimits oder lärmarme Fahrbeläge. (Eine Auflistung aller Maßnahmen finden Sie hier.) Sechs Millionen Euro sind im aktuellen Doppelhaushalt für den Lärmschutz vorgesehen. Ende des Jahres soll der Gemeinderat über die Umsetzungen des Lärmaktionsplans entscheiden.
Welches Mittel angebracht ist, müsse dabei immer individuell entschieden werden. "Lärmschutzwände sind nicht immer das Mittel der Wahl", meint Stapf, "sie sind teuer und nicht in jeder Situation anwendbar." Auch der Vorschlag, ein Tempolimit von 100 Stundenkilometern auf den Autobahnabschnitten nahe der Fächerstadt einzuführen, sei vonseiten des Regierungspräsidiums abgelehnt worden, ergänzt Norbert Hacker, Leiter des Amtes für Umwelt- und Arbeitsschutz. Die Begründung: Der meiste Lärm gehe von Lkws aus, welche bereits auf 80 Stundenkilometer beschränkt wären - ein Gebot von Tempo 100 für Autofahrer bringe daher nicht den gewünschten Erfolg.
Welche Maßnahmen werden konkret empfohlen?
Grundsätzlich seien die Handlungsmöglichkeiten der Stadt bei den Autobahnen aus rechtlichen Gründen oftmals beschränkt - und das, obwohl hier in Sachen Lärmschutz Handlungsbedarf bestehe. An anderer Stelle wiederum ist man in Sachen Lärmschutz schon ein bisschen weiter.
So prüft die Stadt im aktuellen Entwurf des Lärmaktionsplans ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern entlang der Kriegsstraße auf dem Abschnitt zwischen der Weinbrunnerstraße und der Reinhold-Frank-Straße. Das einzige Problem: Vorab müsse hier eine Verkehrszählung stattfinden, erklärt Hacker - und ob diese vor Abschluss der Kombi-Arbeiten 2019 überhaupt repräsentativ wäre, müsse erst noch geklärt werden. Eines stellt Bürgermeister Stapf abschließend dennoch fest: Vollkommene Ruhe wird man in der Fächerstadt auch nach den Maßnahmen des Lärmaktionsplanes nicht erwarten dürfen. "Eine leise Stadt wird Karlsruhe als Verkehrsknotenpunkt nicht werden - aber leiser kann sie werden."
Stadt Karlsruhe will Meinung der Bürger einholen
Das Ziel des Lärmaktionsplanes ist klar: Karlsruhe soll leiser werden. Um zu klären, wo Handlungsbedarf besteht und wie man die Probleme lösen kann, holt die Stadt auch die Karlsruher Bürger mit ins Boot: Der Umwelt- und Arbeitsschutz der Stadtverwaltung will in drei Veranstaltungen Vorschläge der Öffentlichkeit präsentieren und Bürgerinnen und Bürger an der Fortschreibung des Lärmaktionsplans beteiligen. Mit dem Motto "Leiser ist das Ziel - Reden Sie mit! - Fortschreibung Lärmaktionsplan 2015" hat die Öffentlichkeit die Gelegenheit mit Vertretern der Stadtverwaltung zu diskutieren. Der nächste und zugleich letzte Termin findet am 25. Juni in der Karlsburg statt. Beginn ist auch dieses Mal wieder um 18 Uhr.
Wo sind die Lärm-Hotspots in Karlsruhe?Hier geht's zum aktuellen Lärmaktionsplan.
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