Führt man sich gläserne Wolkenkratzer in Dubai vor Augen, in denen Aufzuganlagen bis in den hundertsten Stock gelangen – in der Wüste wohlgemerkt, scheint ein Ausfall der Anlagen in der Karlsruher Innenstadt beinah unmöglich. Dennoch ist es in der vergangenen Woche passiert, dass die Fahrstühle der U-Bahn an Markt- und Europaplatz abgeschaltet wurden. Der Grund: ab 32 Grad droht Überhitzung.

Wenig Verständnis für Fehlplanung

"Konnte man ja nicht ahnen, dass ein Glaskasten in der Sonne aufheizt", kommentiert ka-news.de-Leser Venus die Fahrstuhlausfälle der U-Bahn Karlsruhe. "Man kann fast nicht glauben, dass das nicht berücksichtigt wurde – wir haben sommerliche Temperaturen", ergänzt Leser Waldschrat.

Fahrstuhl Europaplatz (Richtung Mühlburger Tor).
Fahrstuhl Europaplatz (Richtung Mühlburger Tor). | Bild: Jeremy Gob

Die Verantwortlichen sehen das Problem ein. „Obwohl wir bereits im Vorfeld sehr viele Maßnahmen ergriffen haben, um den Betrieb auch im Hochsommer zu garantieren, zeigt nun die Praxis, dass wir zusätzliche Umbauten benötigen“, sagt Alexander Pischon, Geschäftsführer der Betreibergesellschaft VBK.

Fahrstuhl am Marktplatz (Pyramide).
Fahrstuhl am Marktplatz (Pyramide). | Bild: Jeremy Gob

Auch die Fraktion der Grünen im Karlsruher Gemeinderat zeigt wenig Verständnis für die aktuellen Probleme: "Trotz des Klimawandels muss der Öffentliche Nahverkehr für alle Nutzer zuverlässig fahren“, heißt es in einer Pressemitteilung der Fraktion vom 8. August.

Die Geräte sind einwandfrei

Das sollte vonseiten des Fahrstuhls kein Problem sein, meint die Firma Schindler, Hersteller der betroffenen Fahrstühle. "Die Aufzüge wurden gemäß dem Leistungsverzeichnis der öffentlichen Ausschreibung errichtet."

Nach oben wird dieser Fahrstuhl in der Haltestelle Europaplatz nach der Montage fahren.
Nach oben wird dieser Fahrstuhl in der Haltestelle Europaplatz nach der Montage fahren. | Bild: Kasig

Allerdings sei eine reibungslose Funktionsweise von den Temperaturen im Aufzugschacht abhängig. In einer Stellungnahme der Firma Schindler heißt es: "Die Temperaturen im Aufzugsschacht sind durch EU-Normen klar vorgeschriebenen und müssen zwischen 5 Grad und 40 Grad liegen. Diese Temperaturen sind bauseitig sicherzustellen."

"Bauseitig sicherzustellen" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Bauherren der Aufzugschächte für die entsprechenden Bedingungen sorgen müssen. Es läge demnach in der Verantwortung der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) und der Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft (Kasig), für temperierte Betriebsbedingungen zu garantieren.

Hinweise wurden abgelehnt

"Das funktioniert zum Beispiel durch eine Klimatisierung des Schachts", erklärt Bianca Berger, Pressesprecherin der Firma Schindler. Bedenken über die möglichen Temperaturen im Aufzugschacht habe Schindler bereits in der Planungsphase der Anlagen geäußert, so die Pressesprecherin.

Ausgang Fahrstuhl Marktplatz (Pyramide).
Ausgang Fahrstuhl Marktplatz (Pyramide). | Bild: Jeremy Gob

Diese wurde augenscheinlich missachtet. "Während der Projektabwicklung haben wir Hinweise und Vorschläge bezüglich der einzuhaltenden Temperaturen bei der vorgesehenen Planung von Glasmundhäusern geäußert. Diese wurden jedoch bauseitig architektonisch bedingt abgelehnt", so Schindler gegenüber ka-news.de.

Alle Beteiligten arbeiten an einer Lösung

Nun gilt es, nachträglich auszubessern – und zwar schnell. "Es muss eine sofortige Lösung gefunden werden", sagt Aljoscha Löffler, Mitglied im Aufsichtsrat der Verkehrsbetriebe Karlsruhe und Stadtrat der Grünen-Fraktion. Schließlich seien vor allem mobilitätseingeschränkte Menschen auf die Aufzüge angewiesen.

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Um eine Lösung zu finden, ist Koordination zwischen allen Beteiligten gefragt. "Daher stehen wir jetzt weiterhin in sehr engem Austausch mit der Kasig und den VBK und versuchen, die Situation kurzfristig durch Einzelmaßnahmen zu verbessern", teilen die Aufzughersteller mit.

"Gemeinsam mit der Kasig und den VBK werden wir im September über weitere, Gewerke übergreifende Maßnahmen sprechen, die eine dauerhafte Verbesserung erwirken", sagt Marcel Imfeld, Mitglied der Geschäftsleitung von Schindler Deutschland.

Es wird an einer Lösung gearbeitet

Die kurzfristigen Maßnahmen sind weiterhin: "Ein Umbau der Leistungselektronik nach unten", teilt die VBK in einer Pressemitteilung mit. Um längerfristig vor Sonnenstrahlung zu schützen, "wurden Glaselemente der Mundhäuser mit einer Schutzfolie ausgestattet".

Fahrstuhl Kaiserstraße (innen).
Fahrstuhl Kaiserstraße (innen). | Bild: Jeremy Gob

Darüber hinaus seien zusätzliche Blechabdeckungen der Motoren, zum Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung, eingebaut worden, so Alexander Pischon, kaufmännischer Geschäftsführer der VBK. In Kombination mit regelmäßigen Leerfahrten und der Belüftung des Schachts werde momentan ebenfalls gegen die hohen Betriebstemperaturen angegangen.

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Pischon bittet im Namen der VBK und Kasig um Entschuldigung und verspricht eine zeitige Dauerlösung. "Wir wollen hier gemeinsam mit der Firma Schindler möglichst schnell Verbesserungen im Sinne unserer Fahrgäste erzielen, die auf die Aufzüge angewiesen sind“, betont Pischon.

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