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Karlsruhe: "Prostituierte haben die Wahl": Bleibt der Karlsruher Straßenstrich sich selbst überlassen?

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"Prostituierte haben die Wahl": Bleibt der Karlsruher Straßenstrich sich selbst überlassen?

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    (Symbolbild)
    (Symbolbild) Foto: Thomas Riedel

    Verpflegung, saubere Arbeitsplätze und Kondom-Automaten. Bereits im Juli verlangt die Karlsruher Liste/Die Partei mehr Sicherheit für Prostituierte auf dem Karlsruher Straßenstrich. Nun legt die Fraktion nach und erwartet von der Stadt Verbesserungen - mittels konkreter Maßnahmen. Die Forderung: "Einigermaßen zumutbarer Arbeitsbedingungen für Straßenprostituierte."

    Verwaltung sieht keinen Handlungsbedarf

    Laut Aussagen der Stadtverwaltung wird aktuell kein Handlungsbedarf gesehen, denn: "Der grundlegende Schutz von Leib und Leben ist durch die Kontrollen der Polizei und des Kommunalen Ordnungsdienst sowie der aufsuchenden Arbeit der Fachberatungsstellen gewährleistet", heißt es aus dem Rathaus.

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    Foto: Theresa Thiem

    Darüber hinaus habe das Prostituiertenschutzgesetz (2017) mit der Anmelde- und Beratungspflicht sowie Kondompflicht ausreichende Schutzmaßnahmen für Prostituierte getroffen. Für Bordells und entsprechende Etablissements sind in dem Gesetz außerdem Hygienestandards und arbeitsschutzrechtliche Formalia festgehalten.

    "Anknüpfungspunkt des Gesetzes ist es, Zugang zur Beratung zu erleichtern und die Situation der Prostituierten zu verbessern und zu schützen. Hierbei wurden umfassende Maßnahmen getroffen. Dazu gehören unter anderem die zu wiederholenden verpflichtenden Beratungsgespräche für Prostituierte sowie Mindestanforderungen in den Prostitutionsstätten", so die Ausführungen der Stadtverwaltung.

    Keine Mindestanforderungen für Straßenstrich?

    Diese Mindestanforderungen werden an den Straßenstrich allerdings nicht erhoben. Abgesehen von der Kondompflicht und etwaigen Sperrbezirken und Sperrzeiten gelten hier keine besonderen Vorgaben. Dafür sehe der Gesetzgeber auch keine Notwendigkeit, argumentiert die Stadtverwaltung.

    Der Grund dafür scheint pragmatisch: Laut Stadt sei die Arbeit unter den derzeitigen Bedingungen auf dem Straßenstrich vollends die Entscheidung der Frauen. Schließlich hätten die selbstständigen Dienstleister ja die Möglichkeit, ein Hotel oder eine "Prostitutionsstätte" aufzusuchen.

    Prostituierte haben die Wahl

    "Es ist nicht Aufgabe der Verwaltung, zu entscheiden, wie und wo Prostituierte ihrer Tätigkeit nachgehen. Hinzu kommt, dass sich Prostituierte erfahrungsgemäß bewusst für die Arbeit im Bereich der Straßenprostitution und gegen das Arbeiten in einer Prostitutionsstätte entscheiden", heißt es aus dem Rathaus. Aber wäre diese Tendenz nicht Grund genug, bei den Arbeitsbedingungen auf den Straßen nachzubessern?

    Prostituierte auf dem Straßenstrich.
    Prostituierte auf dem Straßenstrich. Foto: Boris Roessler/Archiv

    Für die Karlsruher Liste/Die Partei allem Anschein nach schon. Es soll für Prostituierte auf dem Straßenstrich in Karlsruhe ein sicherer Aufenthaltsort geschaffen werden, so die Forderung. "Darunter verstehen wir einen geschlossenen Raum mit Verpflegungsmöglichkeit, Waschgelegenheit und Beratungsangebot", erklärt die Fraktion. Außerdem sollen passende "Arbeitsnischen" geschaffen werden.

    Beim Thema Sauberkeit ist man sich einig

    Um sowohl für Freier als auch Prostituierte ein sichereres Arbeitsumfeld bereitzustellen, soll die Stadtverwaltung für ausreichend Beleuchtung und Sauberkeit garantieren, meint die Karlsruher Liste/Die Partei. Für Letzteres sollen mitunter ausreichend Mülleimer aufgestellt und Kondom-Automaten installiert werden.

    Eine geöffnete Kondompackung. Immer mehr Menschen setzen auf Kondome beim Verhüten.
    Eine geöffnete Kondompackung. Immer mehr Menschen setzen auf Kondome beim Verhüten. Foto: Ann-Marie Utz/dpa

    Beim Punkt "ausreichend Mülleimer" zieht die Stadtverwaltung mit: "Die Beschwerdelage in Bezug auf Vermüllung hat sich durch Aufstellung weiterer Mülleimer nach Ansicht der Verwaltung erledigt." Sollten diesbezüglich weitere Probleme auftreten, könne man sich vertrauensvoll an das zuständige Ordnungs- und Bürgeramt wenden.

    Ansonsten bleib alles beim Alten?

    Grundsätzlich begrüße die Stadtverwaltung jegliche Maßnahmen, welche die Arbeit von Frauen in der Straßenprostitution sicherer machten, heißt es in der Stellungnahme zum Antrag. Dennoch wird im selben Atemzug zur derzeitigen Gesetzeslage gesagt: "Ein darüberhinausgehender, von der Kommune abzudeckender Bedarf, wird von der Verwaltung nicht gesehen." Die Verwaltung empfiehlt, den Antrag abzulehnen.

    Der Gesetzgeber sieht ebenfalls keinen Handlungsbedarf: "Er hat sich dafür entschieden, über die Anmeldepflicht und Kondompflicht hinaus keine spezifischen Schutzmaßnahmen für die Straßenprostitution zu treffen und sie in das Prostituiertenschutzgesetz aufzunehmen", erklärt die Stadtverwaltung.

    Fachgruppe bleibt Fachgruppe

    Neben den Verbesserungsmaßnahmen für den Straßenstrich fordert die Karlsruher Liste/Die Partei eine Angleichung der bestehenden Fachgruppe Prostituiertenschutzgesetz an die anderen gemeinderätlichen Gremien. So sollen neue Schwerpunkte gesetzt und Experten in die Problemlösung für Prostituierte besser involviert werden.

    Der Karlsruher Gemeinderat.
    Der Karlsruher Gemeinderat. Foto: Thomas Riedel

    "Die Gründung eines gemeinderätlichen Gremiums unter Vorsitz des zuständigen Bürgermeisters ist aus Sicht der Verwaltung nicht zielführend", erwidert darauf die Stadtverwaltung. In der bereits existierenden Fachgruppe kämen die relevanten Akteurinnen und Akteure schließlich regelmäßig zusammen.

    Zusammengesetz ist die Fachgruppe derzeit aus Mitgliedern von Stadt- und Landkreis, also aus Amtsträgern unterschiedlicher Gebietskörperschaften und auch Angehörigen freier Träger. "Insoweit kann keine inhaltliche, verbindlich und alleinig vom Gemeinderat Karlsruhe ausgehende Entscheidungsstruktur etabliert werden", lautet die Schlussfolgerung der Stadtspitze. Gesonderte Schutzmaßnahmen für Prostituierte auf dem Straßenstrich könnten bei Bedarf auf Arbeitsebene getroffen werden.

    Aktualisierung, 20. Dezember: Keine weiteren Maßnahmen

    Der Antrag der Karlsruher Liste/Die Partei-Fraktion wurde während der Gemeinderatssitzung am 19. Dezember mehrheitlich abgelehnt.

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