"Den Mitarbeitern des Fanprojekts steht kein strafprozessuales Zeugnisverweigerungsrecht zu", sagt Hörster, Erster Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Karlsruhe. Sie sollen noch Mitte Mai zu den Vorkommnissen bei dem KSC-Fußballspiel gegen St. Pauli als Zeugen befragt werden.

Was war passiert?

Beim Heimspiel gegen St. Pauli am 12. November 2022 wurden mehrere Personen durch den Einsatz von Pyro-Technik verletzt: Kurz vor Spielbeginn der Zweitligabegegnung zwischen dem Karlsruher SC und dem FC St. Pauli wurden auf der Südtribüne des Wildparkstadions bengalische Fackeln, Rauchtöpfe, Böller und Silvesterraketen aus - wie die Ermittler erklären - selbstgebauten Abschussvorrichtungen gezündet. Mindestens elf Personen - darunter ein Kind - wurden dabei verletzt. 

Polizei und Staatsanwaltschaften nahmen daraufhin die Ermittlungen auf: Auch Wohnungen wurden durchsucht.

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Wieso gab es Kritik an den Vorladungen?

Die Redaktion ist aufgrund eines Posts in den Sozialen Netzwerken vonseiten der "Supporters Karlsruhe" auf die Staatsanwaltschaft zugegangen. In dem Post in von einem ungerechtfertigten "Zwang" zur Aussage die Rede. 

"Der Supporters Karlsruhe 1986 e.V. und dessen Abteilung Fanhilfe Karlsruhe verurteilen diese Handlung der Staatsanwaltschaft aufs Schärfste und sehen darin eine Gefahr für die sozialpädagogische Arbeit mit Fußballfans – mehr noch: eine Gefahr für Sozialarbeit im Allgemeinen", heißt es von besagtem Verein in den Sozialen Medien.

Warum soll die Befragung wegfallen?

Die Sozialarbeiter des Fanprojekts Karlsruhe stehen aufgrund der Ermittlungen unter starkem Druck, wie die die Stadträte der Karlsruher Liste (KAL) am 4. Mai in einer Meldung mitteilen. Deshalb fordert die Fraktion die Unterstützung von Oberbürgermeister Frank Mentrup. In ihren Augen stünde das Vorgehen der Staatsanwaltschaft in einem starken Gegensatz zu dem notwendigen Vertrauensverhältnis für die Arbeit der Sozialarbeiter.

Michael Haug (Kult)
Michael Haug (Kult) | Bild: Tim Carmele | TMC Fotografie

KAL-Stadtrat Michael Haug: "Das Fanprojekt ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass wir in Karlsruhe kaum gewalttätige und rechtsradikale Auswüchse unter den Fans haben. Vertrauen ist die Basis dieser erfolgreichen Arbeit."

Warum bleibt Aussage verpflichtend?

Was hat es mit dem sogenannten "Zwang" zur Zeugenaussage auf sich? Wieso können die angestellten Sozialarbeiter zum KSC-Spiel nicht stillschweigen? Matthias Hörster, Erster Staatsanwalt, erklärt: "Der Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entscheiden, Sozialarbeitern – anders als etwa Ärzten oder Pfarrern – kein Zeugnisverweigerungsrecht zuzugestehen. Diese gesetzgeberische Entscheidung gilt es zu respektieren."

Ein Staatsanwalt steht vor einem Stapel Gerichtsakten.
Ein Staatsanwalt steht vor einem Stapel Gerichtsakten. | Bild: Christian Charisius/dpa/Symbolbild

Es handelt sich im Fall der Fanhilfe Karlsruhe also nicht um einen Sonderfall. "Die Staatsanwaltschaft ist verpflichtet, Straftaten aufzuklären und sich hierzu aller in Betracht kommenden Beweismittel zu bedienen", so Hörster weiter. Aufgrund der Umstände des Pyro-Vorfalls zähle hierzu auch eine Zeugenbefragung von entsprechenden Mitarbeitern.

Ermittlungen laufen weiter

Insgesamt drei Personen sollen noch Mitte des Monats vernommen werden, sagt der Erste Staatsanwalt. "Dass die Mitarbeiter des Fanprojekts im Rahmen ihrer Jugendsozialarbeit grundsätzlich auf einen auch vertraulichen Umgang angewiesen sind, ist der Staatsanwaltschaft bewusst und wird im Rahmen der Zeugenvernehmungen berücksichtigt." Wie diese "Rücksichtnahme" konkret ausfalle, erklärt Hörster nicht.

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Eine Prognose, wann die Ermittlungen abgeschlossen sein werden, kann derzeit noch nicht getroffen werden, heißt es vonseiten der Staatsanwaltschaft Karlsruhe.

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