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Karlsruhe/Mannheim: Moschee-Debatte: Was Karlsruhe von Mannheim lernen kann

Karlsruhe/Mannheim

Moschee-Debatte: Was Karlsruhe von Mannheim lernen kann

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    Die Yavuz-Sultan-Selim-Moschee in Mannheim wurde 1995 eröffnet.
    Die Yavuz-Sultan-Selim-Moschee in Mannheim wurde 1995 eröffnet. Foto: (Mannheimer Institut)

    Im Mannheimer Stadtteil Jungbusch, unweit vom Stadtzentrum, steht die Yavuz-Sultan-Selim-Moschee. In dem Kuppelbau können bis zu 2.500 Muslime gemeinsam beten. Das islamische Gotteshaus mit einem 35 Meter hohen Minarett befindet sich in direkter Nachbarschaft zu einer katholischen Kirche.

    Im Jahr 1991 stimmte der Mannheimer Gemeinderat bei einer Gegenstimme für den Bau der Moschee. Vier Jahre später - im Jahr 1995 - wurde die Yavuz-Sultan-Selim-Moschee eröffnet. Sie war damals die größte repräsentative Moschee in Deutschland. Doch zuvor gab es Proteste: Es war ein langer Weg bis aus den damaligen Vorbehalten der Mannheimer Bürger Akzeptanz für das Bauwerk wurde.

    "Die Moschee ist heute ein Zeichen gelungener Integration"

    "Ohja, es gab am Anfang viele Widerstände aus der Bevölkerung gegen die Baupläne", erinnert sich ein Sprecher des städtischen Bauamts in Mannheim im ka-news-Gespräch. Vor allem die Höhe des Minaretts und die Parkplatzsituation hätten anfangs für Unmut gesorgt. "Wir haben versucht durch intensive Gespräche einen Konsens zu finden und das ist uns gelungen."

    Die Einwände und Forderungen der Anwohner seien in einem jahrelangen Bürgerbeteiligungsprozess, an dem die Stadtverwaltung, Parteien, Kirchen und Bürgergruppen mitwirkten, berücksichtigt und damit aus der Welt geschafft worden. Auf diesem Weg sei letztlich ein so breiter Konsens erzielt worden, dass es am Ende von den Bürgern keinerlei Einwände mehr gegen eine Baugenehmigung gab. "Die Moschee ist heute ein Zeichen gelungener Integration", so der Sprecher. "Die Moschee gehört zu Mannheim."

    "Das sind irrationale Ängste"

    "Wir hatten am Anfang große Probleme. Es gab heftige Diskussionen und Proteste", sagt auch Talat Kamran, Leiter des Mannheimer Instituts für Integration und interreligiösen Dialog, gegenüber ka-news. "Muslime leben seit über 50 Jahren in Deutschland. Bereits in den 1970er Jahren wurden erste Moschee-Gemeinden in diesem Land gegründet", erklärt er. Viele Moscheen seien häufig unscheinbar in Hinterhöfen versteckt. "Doch sobald bekannt wird, dass eine schöne und repräsentative Moschee geplant wird, tauchen bei den Bürgern sofort negative Assoziationen auf", so der Institutsleiter.

    Ängste würden geschürt und Stimmen laut wie "Jetzt kommen noch mehr Türken" oder "Sie wollen uns den Islam aufzwingen". Doch das seien "irrationale Ängste", findet Kamran. "Vorurteile, die nur im offenen Dialog ausgeräumt werden können. Alle Karten müssen im Vorfeld auf den Tisch gelegt werden. Man kann Vorurteile abbauen und Probleme lösen, aber nur wenn man offen miteinander spricht und zuhört", weiß er aus eigener Erfahrung.

    Drei Jahre Diskussionen und Infoabende

    Viele Bürgergespräche und Informationsabende wurden in Mannheim veranstaltet. Über drei Jahre wurde unter reger Beteiligung der Bürger über das Bauprojekt gestritten, diskutiert und Argumente ausgetauscht. Auch der damalige Pfarrer der benachbarten katholischen Gemeinde stand den Plänen positiv gegenüber und machte sich für den Bau stark.

    Vor allem gegen die Minarette und ihre Höhe, mögliche Gebetsrufe des Muezzin und eventuelle Parkplatzprobleme habe es Vorbehalte gegeben, erläutert Kamran. "Wir haben Pro und Contra ausgetauscht, uns die Ängste und Vorbehalte der Anwohner angehört und diese ernst genommen. Aber wir haben auch unsere Intentionen erklärt: Warum die Gemeinde an dieser Stelle eine Moschee bauen möchte, welche Funktionen eine Moschee hat und wie das Gebäude aussehen soll."

    Aus Konflikten wurden Kompromisse

    Durch die oft leidenschaftlich geführten Diskussionen kam es schließlich zur Annäherung und Kompromisse wurden vereinbart. "Wir haben Lösungen gefunden, die für alle Seiten befriedigend waren", berichtet Kamran. So sei statt der ursprünglich geplanten zwei nur ein Minarett gebaut worden. Eine weitere Forderung, denen die Moscheegemeinde nachgekommen ist: das Minarett wurde niedriger als der benachbarte Kirchturm. Des Weiteren haben sich alle Beteiligten geeinigt: keine Beschallung durch Gebetsrufe des Muezzin. Auch über die Parksituation wurde diskutiert und es wurden neue Parkmöglichkeiten geschaffen.

    "Es geht nicht ohne Konsens", betont Kamran im ka-news-Gespräch. Heute - 18 Jahre später - sei die Moschee ein "integrierter Bestandteil der Stadt Mannheim". "Kein Fremdkörper, sondern Begegnungsstätte und Touristenmagnet", wie es Kamran formuliert.

    "Wir laden die Karlsruher Stadträte gerne nach Mannheim ein"

    Die Mannheimer Moschee zählt derzeit zu einer der größten und meistbesuchten Moscheen in Deutschland. Jede Woche kommen zwischen 500 und 1.000 Muslime zum Freitagsgebet - an Feiertagen sind es deutlich mehr. Über 10.000 Menschen (über 300.000 seit Eröffnung) nehmen jährlich an einer der Moschee-Führungen teil - darunter viele Schulklassen. Die Führungen werden von speziell geschultem Führungspersonal geleitet. Die Besucher erhalten neben allgemeinen, den Islam und die Muslime betreffenden, auch spezifische Infos über die Architektur und Funktionen der Moschee. In Mannheim wohnen rund 327.000 Menschen. Etwa 28.000 Einwohner haben türkische Wurzeln.

    Das Mannheimer Institut für Integration und interreligiösen Dialog wurde 1995 gegründet und betreut seitdem unter anderem das Projekt "Offene Moschee Mannheim", schafft Transparenz und fördert den interreligiösen Dialog und Integration durch konkrete Projekte. Außerdem greifen viele Gemeinden beim Bau von neuen Moscheen auf die Erfahrungen des Instituts beim Konfliktmanagement zurück. "Wir laden auch die Karlsruher Stadträte und die Stadtverwaltung gerne hier nach Mannheim ein. Wir geben unser Wissen und unsere Erfahrungen gerne weiter und beraten im konfliktreichen Prozess, den der Bau einer Moschee mit sich bringt", so Kamran.

    Planung in Karlsruhe: Vier Minarette, 15 Meter hoch

    ka-news berichtete als erstes Medium bereits am 15. März von den Bau-Plänen der Karlsruher Ditib-Gemeinde. Demnach soll auf dem 2.000 Quadratmeter großen Grundstück der Ditib in der Käppelestraße ein dreistöckiges Gebäude entstehen, das alte soll abgerissen werden. Darin soll es unter anderem Seminar- und Gebetsräume, eine Zentralküche, einen Jugendtreff und eine Bibliothek geben. Von außen soll das Gebäude architektonisch wie eine Moschee gestaltet sein. Eine Kuppel und bis zu vier Minarette, jeweils 15 Meter hoch, sind geplant. Das Bauprojekt soll etwa 4,5 Millionen Euro kosten und hauptsächlich durch Spenden der Ditib-Mitglieder ermöglicht werden.

    Das Gebäude soll zudem nicht nur islamisches Gebetshaus, sondern als "Gemeinde-Kulturzentrum" vielmehr ein Ort des Dialogs und kulturellen Austauschs für alle Karlsruher Bürger sein. Die Moschee als Zeichen der "Integration" und ein "Wahrzeichen für die interkulturelle Stadt Karlsruhe", so die Vorstellung der Gemeinde. Eine Bauvoranfrage liegt bereits bei der Stadt Karlsruhe, bestätigte die Stadt auf ka-news-Anfrage. Der bereits im Planungsausschuss vorgestellte Entwurf sei baurechtlich so derzeit aber nicht umzusetzen. Auch bei den Karlsruher Stadträten sind die Moschee-Pläne derzeit nicht unumstritten.

    Webseite des Mannheimer Instituts: www.mannheimer-institut.de

    Hier weitere Infos über die Moschee in Mannhein: www.ditib-ma.de

    Weitere ka-news-Artikel über die geplante Moschee in Karlsruhe:

    JU Karlsruhe: Neue Moschee soll sich ins Stadtbild einfügen

    Kommentar: Geplante Moschee in der Oststadt: Was soll die Empörung?

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