Der Begriff der Nachhaltigkeit umfasst viele Themengebiete. Inzwischen setzen viele Unternehmen und ganze Städte auf möglichst nachhaltige Ressourcen. Aber auch immer mehr Privatpersonen setzen sich bewusster mit diesem Thema auseinander und richten dementsprechend ihren Konsum und ihre Einkäufe aus. Karlsruhe und seine Bürger sind da keine Ausnahme. 

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Aber was genau versteht man eigentlich unter "moralischem oder nachhaltigem Einkaufen"? "Das Wort moralisch kann natürlich viele Bedeutungen haben. Aber über viele Gesellschaften und Kulturen hinweg ist damit verbunden, unnötigen Schaden an Mensch, Tier und Umwelt zu vermeiden", erklärt Nora Szech, Inhaberin des Lehrstuhls für Politische Ökonomie am KIT.

Karlsruhe ist "Fairtrade-Town"

Szech forscht zu Markt- und Wettbewerbsdesign mit einem Schwerpunkt auf Wohlfahrtseffekten und moralisch relevantem Verhalten. "Sobald Menschen miteinander verhandeln, bricht eine regelrechte Wühltischmentalität aus – moralische Werte werden dabei kurzzeitig ausgeblendet", so die Dozentin. Menschen würden sich demnach mehr am Profit orientieren, statt an moralischen Konsequenzen.

Viel Platz auf dem Radweg gibt es in der Haid-und-Neu-Straße.
Viel Platz auf dem Radweg gibt es in der Haid-und-Neu-Straße. | Bild: Paul Needham/Mohawkvisuals

Doch im Bezug auf Karlsruhe hat die Expertin durchaus Positives zu berichten. "Karlsruhe wurde 2015 zur nachhaltigsten Großstadt Deutschlands ernannt. Grund dafür waren unter anderem Stadtentwicklungskonzepte, Bürgerbeteiligung und die Anstrebungen, Karlsruhe bis 2050 klimaneutral zu machen", erklärt sie im Gespräch mit ka-news.de. 

Karlsruhe gilt zudem seit 2019 als "Fahrradhauptstadt Deutschlands". Selbst beim Car-Sharing liege die Fächerstadt weit vorne, weiß die Dozentin. Doch es gebe noch einen weiteren Grund, warum Karlsruhe eine gewisse Vorreiterrolle zugutekomme. "Karlsruhe gilt als eine 'Fairtrade-Town'. Das Thema Nachhaltigkeit wird in Karlsruhe also generell großgeschrieben", so Szech weiter.

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Moralisch einkaufen und leben - eine Altersfrage?

Der "gute Ruf" von Karlsruhe ist laut Aussage der Expertin also durchaus gerechtfertigt, denn: Jeder Einzelne trägt zu so einem Endergebnis bei. So gebe es in Karlsruhe zum Beispiel mehrere Initiativen und Gruppen die zu einem nachhaltigen Lebensstil informieren und Tipps geben. Aber auch die Läden und Restaurants in der Innenstadt - wie Bio-, Vegan- und Unverpackt-Shops - tendieren immer mehr zu diesem Trend, der laut Szech von den Bürgern mit offenen Armen empfangen werde.

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Alles also eine Sache von Angebot und Nachfrage? Direkte Studien dazu, wie oft und wie viele Bürger gezielt "moralisch" in Karlsruhe Lebensmittel oder Kleidung einkaufen, gebe es laut Szech bislang nicht. Diverse Auffälligkeiten, die für das wachsende moralische Bewusstsein der Karlsruher Bürger sprechen, hingegen schon.

"Unter den jungen Leuten gibt es besonders viele, die selten Fleisch essen oder ganz darauf verzichten. Karlsruhe als Studentenstadt hat da bestimmt eine gute Position im Vergleich zu vielen anderen Städten. In Karlsruhe wählen zudem viele grün, was ja bereits andeutet, dass es ein großes Interesse an Nachhaltigkeit gibt", erläutert die KIT-Professorin. 

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Welche Fehler oft gemacht werden

Doch selbst (junge) Menschen, die bewusst moralisch einkaufen möchten, tappen öfter in eine Falle: Sie orientieren sich an willkürlichen Siegeln, obwohl viele nicht wissen, was dahinter steckt. Darum lohne es grundsätzlich, sich genauer mit den Siegeln auseinanderzusetzen. Denn: Siegel ist nicht gleich Siegel.

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"Unsere Studien am KD2 Lab am KIT zeigen, dass Menschen ein sehr fokussiertes Siegel, zum Beispiel zum Baumwollanbau, als Entschuldigung benutzen, um sich dann weniger Gedanken über die Arbeitsbedingungen der Näher zu machen. Dabei sind gerade diese Arbeitsbedingungen oft sehr hart. Es lohnt sich also, als Konsument zu versuchen, umfassend zu denken. Auch wenn das nicht immer leicht fällt", so die Expertin.

Das «Global Organic Textile»-Siegel (GOTS) hat strenge ökologische und soziale Kriterien entsprechend der Internationalen ...
Das "Global Organic Textile"-Siegel (GOTS) hat strenge ökologische und soziale Kriterien entsprechend der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). | Bild: Global Standard gGmbH

So gelte vor allem im Bereich der Textilien zum Beispiel das "Global Organic Textile"-Siegel (GOTS) als seriös, oder auch das Siegel der Fair Wear Foundation mit dem Kleiderbügel. Aber welche Tipps kann die Expertin noch an all diejenigen geben, die mehr moralisch und nachhaltig Einkaufen möchten?

"Ganz generell ist mein Rat: Weniger ist mehr. Nicht so oft neue Kleidung kaufen, öfter mal etwas tauschen oder 'second hand' einkaufen. Das spart Ressourcen und es tut auch dem Geldbeutel gut. Bei Obst und Gemüse lohnt es sich, saisonal einzukaufen. Und wenig Fleisch tut nicht nur dem Klima und dem Tierwohl gut, sondern auch der eigenen Gesundheit."

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