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Karlsruhe: Kriminalität in Karlsruher Straßenbahnen: Angstraum ÖPNV?

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Kriminalität in Karlsruher Straßenbahnen: Angstraum ÖPNV?

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    (Symbolbild)
    (Symbolbild) Foto: ERS

    "Ich mach dich fertig!", drohte am vergangenen Freitag ein Unbekannter einer 26-jährigen Straßenbahnführerin. Mitten in der Innenstadt trat der Mann seinen Weg ins Führerhaus an, beleidigte die junge Frau massiv und zückte schließlich ein Messer.

    "Wenig Verbrechen in Straßenbahnen"

    Warum? Nach Polizeiberichten war der Fahrgast an der Haltestelle Ettlinger Tor zu spät angekommen. Als die Bahn bereits losfuhr, trat er gegen die Tür und wollte noch mitgenommen werden. Offensichtlich holte er dieselbe Linie 5 am Marktplatz wieder ein, während die Bahn dort verkehrsbedingt warten musste, und rächte sich an der Fahrerin. Auf dem Weg vom Kronenplatz zum Durlacher Tor wurde ein anderer Fahrgast auf den Vorfall aufmerksam und sprach den Unbekannten an. Daraufhin verließ er die Bahn und ging zu Fuß zurück zum Kronenplatz.

    Ein erschreckender Vorfall - wie die Reaktion vieler ka-news-Leser zeigt - der auch für Verunsicherung sorgt. Nehmen Verbrechen in den Straßen- und Stadtbahnen zu? Sowohl die Polizei als auch der Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) verneinen dies unisono. Beim KVV sind lediglich vier Übergriffe auf das Karlsruher Fahrpersonal innerhalb der letzten zehn Jahre verzeichnet. "Es kann also nicht von einer Häufung gesprochen werden", erläutert ein Sprecher des Unternehmens gegenüber ka-news.

    Neben dem Vorfall am vergangenen Wochenende kam es im Juli 2007 zum wohl schwersten Übergriff des letzten Jahrzehnts. Wie ein Polizeisprecher berichtet, hatte ein Mann die Stadtbahnscheiben von innen zerkratzt. An der Haltestelle "Killisfeldstraße" wollte ihn die Fahrerin zur Rede stellen - daraufhin beleidigte er sie, griff sie an und schlug ihr ins Gesicht. Der damals 22-jährige Durlacher trat auf die am Boden liegende Frau ein und goss schließlich eine Bierflasche über ihr aus. Erst 1,5 Jahre später konnte er gefasst und zur Rechenschaft gezogen werden.

    "Holzklasse" hat Ende 2014 ausgedient

    Im Jahr 2009 kam es dann zu zwei Überfällen, wie der Polizeisprecher weiter erläutert: Im Juli wurde an der Haltestelle Europaschule ein Fahrer in der Pause überfallen und um sein Wechselgeld beraubt, im September ein anderer an der Endhaltestelle Rintheim um seinen Geldbeutel und seine Einnahmen gebracht. Auch dieser Raub geschah - wie der aktuelle Fall - in einer Bahn  der Linie 5. Sind diese vielleicht wegen der fehlenden Videoüberwachung "verlockender" für die Täter? Das kann man auch bei den Verkehrsbetrieben Karlsruhe (VBK) nicht beantworten. Klar sei aber, dass alle Bahnen der - auch als "Holzklasse" bezeichneten - Linie bis Ende 2014 durch Niederflurfahrzeuge ersetzt werden sollen. Bis dahin bleiben sie noch im Einsatz.

    Derzeit sind zumindest alle Niederflurwagen und Busse "ausnahmslos mit Videoschutzanlagen ausgerüstet", heißt es bei den VBK. Außerdem seien die beiden Haltestellen Europahalle und Kurt-Schumacher-Straße wegen Vandalismus mit Videokameras ausgestattet.

    Aufgrund der geringen Anzahl der Überfälle auf Straßenbahnfahrer beharrt auch die Polizei darauf, dass "Straßenbahnen eindeutig ein überaus sicherer Platz" seien. Selbst unter Fahrgästen komme es selten zu Streitigkeiten. 2010 gab es beispielsweise 38 Körperverletzungen, 2011 immerhin 48 - meist jedoch eher harmlos. Bei jährlich 177 Millionen Fahrgästen im gesamten Verbund handle es sich auch bei diesen Vorfällen um eine relativ geringe Zahl. Ähnlich sieht es bei den Raubüberfällen aus: 2008 und 2009 verzeichnete die Polizei jeweils einen Raub in Bahnen. Im Haltestellenbereich waren es 2010 zehn Vorfälle, 2011 ging die Zahl wiederum auf acht zurück.

    Zivilcourage: "Nicht den Helden spielen"

    Dies sei auch erhöhten Sicherheitsvorkehrungen zu verdanken, so der Polizeisprecher. Nachts sei die Polizei präsent, Kontrolleure und Videoüberwachung schreckten ebenfalls ab. Außerdem würden die Fahrer zusätzlich von der Polizei geschult, wie sie sich in brenzligen Situationen zu verhalten hätten.

    Auch für die Fahrgäste haben Polizei und KVV Tipps, wie sie sich bei einem Überfall verhalten sollten: "Grundsätzlich sollten die Fahrgäste die Polizei über die Notrufnummer 110 verständigen. Im Allgemeinen gilt: Wenn Fahrgäste Übergriffe oder Belästigungen in einer Bahn beobachten, sollten sie sich an den Fahrer wenden, der sofort über Funk mit der Leitstelle Kontakt aufnehmen kann", so der Sprecher des KVV. Die Polizei weist zudem darauf hin, dass sich die Fahrgäste nach Möglichkeit das Aussehen des Täters merken und als Zeugen zur Verfügung stehen sollten. "Nicht den Helden spielen und sich nicht in Gefahr begeben", warnt der Polizeisprecher. Zivilcourage sei ansonsten in jeder Form eine große Hilfe.

    Übrigens: Laut einer kürzlich von der Polizei durchgeführten Bürgerbefragung gibt es für mehr als 78 Prozent der Karlsruher keinen bestimmten Ort, den sie aus Furcht meiden. "Die Straßenbahn ist kein Angstraum", schließt daraus der Polizeisprecher. Auch wenn sich nachts sicherlich immer wieder Fahrgäste durch alkoholisierte und aggressive Personen belästigt fühlten, seien dies noch keine Straftatbestände.

    Siehe auch:

    Übergriff in der Karlsruher City: Straßenbahnführerin mit Messer bedroht

    Straßenbahnfahrer von Gruppe maskierter Männer beraubt

    Straßenbahnfahrer während Toilettenpause beraubt

    Rein. Raus. Eine Nacht unterwegs auf Fahrscheinkontrolle

    Bürgerbefragung: Gute Noten für Karlsruher Polizei

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