Treffpunkt Mühlburger Tor, die Prüfer wünschen sich eine "ruhige Nacht", so wird es dann auch. Zumindest für die Dreiergruppe mit der ich unterwegs bin, bei anderen wird es etwas mehr zu tun geben.
Eines ist in dieser Nacht schnell klar: Den typischen Schwarzfahrer gibt es nicht. Wir treffen auf einen scheinbar fahrscheinlosen HfG-Studenten, eine ganze Familie ohne Ticket, eine Hundebesitzerin und Jugendliche.
So unterschiedlich wie die Leute sind auch ihre Reaktionen. "Okay, ich habe tatsächlich vergessen zu stempeln", reiht sich ebenso ein wie "Sonst hab' ich meine SchoolCard immer dabei" oder "Jetzt drückt doch mal eine Auge zu".
Rein in die Bahn, raus aus der Bahn: Orientierung verloren
Für die Kontrolleure, die fast das ganze Jahr nachts in den Bahnen unterwegs sind, handelt es sich bei jedem Vorkommnis um einen Fall: "Wir nehmen das auf, was danach passiert, interessiert uns nicht."
Bei dieser Gelegenheit räumt ein Teamleiter auch gleich mit einem Vorurteil auf: "Eine Fangprämie ist ein seit Jahrzehnten verbreiteter Mythos!" Viele der big-Prüfer schlagen sich nebenberuflich die Nacht in Karlsruhes Bahnen um die Ohren; sie arbeiten auf 400-Euro-Basis.
Der Prüferausweis enthält ein Passbild und eine Nummer, keinen Namen und schon gar keine Anschrift: Sicherheit durch Anonymität ist wichtig, viele haben Familie und sie wissen auch nicht, welche Biografien sich hinter den ertappten Schwarzfahrern verbergen.
"Guten Abend, die Fahrscheine bitte", heiße es stets von gut geschulten Mitarbeitern. Schließlich ginge es um den Ruf der Firma und des KVV. Inzwischen sind wir unzählige Male in Bahnen eingestiegen, haben kontrolliert und sind wieder ausgestiegen - die Orientierung habe ich schon mehr als einmal verloren.
Festhalten bis die Polizei kommt
Zeit für Anekdoten aus einem Prüfer-Leben finden wir dennoch. Besonders in Erinnerung geblieben ist ein Ereignis, bei dem eine junge Frau keine Fahrkarte vorweisen konnte. Ein paar Reihen weiter vorne sprang ein Jugendlicher auf: "Das ist meine Freundin, sie fährt bei mir mit. Wir haben uns eben verkracht..." Damals haben sie ein Auge zugedrückt und noch mitbekommen, wie die beiden sich bekannt machten.
Die Fahrscheinprüfer erzählen, dass sie ungefähr planen, in welchen Bahnen sie kontrollieren wollen. Aber oft kommt es anders, denn: Wenn ein Fahrgast aufgeschrieben wird und er aussteigen will, verlassen die Kontrolleure mit ihm die Bahn.
Kann oder will sich ein Schwarzfahrer nicht ausweisen, muss die Polizei hinzugezogen werden. Bis die Beamten kommen, dürfen die big-Mitarbeiter den Fahrgast festnehmen, doch "die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt bleiben". Uns passiert das in dieser Nacht nicht, eine andere Gruppe hat gleich zwei Polizeieinsätze zu verzeichnen.
"Die Gewalt nimmt zu"
Weißes Hemd, big-Emblem am Kragen und eine graue Krawatte: Die Prüfer tragen Dienstkleidung. "Klar, dadurch sieht man uns schon von Weitem", erklärt einer, "aber wir können auch in die Bahnen reinschauen."
Gerade ältere Fahrgäste seien froh über die Anwesenheit der Prüfer und manche Fahrgäste lernt man im Laufe der Zeit auch kennen. So wurde einer der Prüfer, als er in Zivil unterwegs war, von einer älteren Frau angesprochen, ob er sie nach Hause begleiten könne: Bei ihr in der Straße seien die Laternen ausgefallen. Kurz darauf stand ein kleines Präsent vor seiner Tür, denn die alte Frau wohnt nur wenige Straßen weiter.
Doch nicht alle zeigen sich so erfreut über Kontrollen in der Bahn: "Die Gewalt nimmt zu", urteilt die Dreiergruppe. Außerdem sei es erschreckend, auf wie viele alkoholisierte und teils orientierungslose Jugendliche sie treffen.
Dass sich nicht jeder Fahrgast über ihre Präsenz freut ist den Männern klar: "Wer ist eigentlich noch unbeliebter als der Fahrkartenkotrolleur?", diese Frage stellt sich einer meiner Begleiter. Und schiebt auch gleich selbst die Antwort hinterher: GEZ-Prüfer.