Samstag, zwei Uhr in Karlsruhe: Wenn sich die Nachtschwärmer auf den Heimweg machen, müssen sie nicht zwangsläufig ein Taxi rufen. Wer in der Fächerstadt in den frühen Morgenstunden den Heimweg antreten will, kann auf das Nachtnetz "Nightliner" zurückgreifen - und zwar an 365 Tagen im Jahr. Das Prinzip: Bahnen, Busse und Anruf-Linien-Taxis sollen sicherstellen, dass man jederzeit in die einzelnen Stadtteile gelangt. Ab 1.30 Uhr fahren daher mehrere Busse und die Stadtbahnlinien 1 und 2 immer zur Minute '30 sternförmig als "Nightliner" in alle Richtungen von Karlsruhe.
Ein Prinzip, auf das man in Karlsruhe stolz ist, erklärt Alexander Pischon, kaufmännischer Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK), am Dienstag vergangene Woche im Rahmen eine Gesprächsrunde mit der CDU-Landtagsfraktion. Hier informierte er zusammen mit Uwe Konrath, Leiter der Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft (Kasig), über die Finanzierung der Karlsruher ÖPNV-Projekte. Und genau hier gibt es ein Problem, das künftig die Nachtschwärmer betreffen könnte.
Bahnen, Tunnel und Personal sorgen für Verlust bei VBK
Die VBK haben ein Finanzierungsproblem und rutschen immer tiefer in die Verlustzone. 2012 betrug das Defizit noch rund 24,1 Millionen Euro, im Jahr darauf waren es bereits 25,7 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr gab es dann einen weiteren Sprung auf 30,3 Millionen Euro. Den Anstieg des Defizits im vergangenen Jahr begründete die Stadtverwaltung in einer Stellungnahme durch "tarif- und betriebsbedingt gestiegene Personalkosten" und mit der Beschaffung neuer Fahrzeuge.
Das für 2015 erwartete Defizit der VBK liegt laut Pischon schätzungsweise bei rund 28 Millionen. Konkrete Zahlen für dieses Jahr liegen bislang noch nicht vor. Klar ist allerdings: Der leichte Rückgang markiert keine Trendwende. Für die kommenden Jahre ist keine Entspannung der Finanzlage in Sicht. "Das Defizit wird 2016 auf 37 Millionen Euro ansteigen, wenn wir keine Gegenmaßnahmen einleiten", so der Geschäftsführer. Zu Buche schlagen werden laut Pischon die Sanierung und die höheren Abschreibungen, die aus der Neuanschaffung von Bahnen resultieren.
Derzeit findet bei den VBK-Bahnen ein großes "Redesign" statt, erklärt Pischon gegenüber ka-news. Kostenpunkt: 100.000 bis 400.000 Euro pro Fahrzeug. "Durch die Modernisierung wollen wir die Nutzungsdauer der Bahnen bis 2030 verlängern", so der kaufmännische Geschäftsführer. Die Modernisierung der Bahnen inklusive Tunneltauglichkeit wird die VBK für ihre Fahrzeuge rund 45 Millionen Euro kosten.
Kombilösung erhöhen Kosten, Stadträte fordern Sparkurs
Teuer wird auch die Kombilösung ab 2019: Für Pacht, Sicherheit und der Gewährleistung der Sauberkeit für den Stadtbahntunnel Kaiserstraße rechnen die VBK mit 20 Millionen Euro Folgekosten im Jahr. Bereits ohne Tunnelkosten gehen die Verkehrsbetriebe derzeit von einem Defizit von rund 57 Millionen Euro im Jahre 2019 aus. Gleichzeitig verlangt die Stadt ab 2019 jährliche Einsparungen von 10 Millionen Euro.
Geld einsparen bei gleichzeitiger Kostensteigerung? Wie das künftig klappen soll, darüber zerbricht man sich aktuell bei den Verkehrsbetrieben den Kopf. Erste Überlegungen betreffen die Ausdünnung des Nachtfahrplans: Man müsse sich fragen, ob es notwendig ist, dass der ÖPNV die ganze Nacht verfügbar ist, erklärt VBK-Geschäftsführer Pischon in der Gesprächsrunde. Karlsruhe sei bislang eine der wenigen Städte, die auch in den Nachtstunden ein solches Angebot zur Verfügung stelle. "Wir schlagen vor, dass man hier einspart", so Pischon.
Eine weitere Möglichkeit, dem steigenden Defizit zu begegnen, könnten deutliche Fahrpreiserhöhungen sein. Von dieser Idee wollen die VBK allerdings Abstand nehmen. Der Grund: Bei erhöhten Preisen ist davon auszugehen, dass die Fahrgastzahlen deutlich sinken, was eine weitere Anhebung des Fahrpreises zur Folge hätte. Zudem decken die Fahrgeldeinnahmen allein nicht einmal annähernd die Kosten, die der VBK bei jeder Fahrt entstehen. Ein Beispiel: Bei einer Einzelfahrkarte (2 Waben) im Stadtgebiet deckt der Erlös einer solchen Karte gerade einmal etwa 60 Prozent der aufkommenden Kosten. Um die Gesamtkosten decken zu können und den öffentlichen Personennahverkehr sicherzustellen, erhalten die VBK zusätzlich zu den Fahrgeldeinnahmen noch Zuschüsse vom Auftraggeber, das heißt der Stadt Karlsruhe.
Ob das Angebot des Nachtnetzes tatsächlich reduziert wird, ist derzeit noch offen. Eigenmächtig könnten die VBK eine Ausdünnung nicht veranlassen, versichert eine Pressesprecherin der VBK auf Nachfrage von ka-news. Hier wäre eine Rücksprache und Diskussion mit der Stadt Karlsruhe notwendig. Zumindest bis zum Fahrplanwechsel 2016/2017 müssen sich Nachtschwärmer offenbar noch keine Sorgen machen: Hier fällt frühestens die Entscheidung, ob künftig weniger Nightliner durch die Fächerstadt düsen oder nicht.
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Die VBK machen Verluste und schlagen vor, künftig den Nacht-Fahrplan der Nightliner auszudünnen. Was halten Sie von diesem Vorschlag? Diskutieren Sie mit und stimmen Sie ab!