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Karlsruhe: Hupkonzert und Verkehrschaos: 20 Minuten am Europaplatz

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Hupkonzert und Verkehrschaos: 20 Minuten am Europaplatz

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    (Symbolfoto)
    (Symbolfoto) Foto: ErS

    Es ist 11.30 Uhr an einem Mittwochvormittag - die Sonne scheint und auf der Kaiserstraße herrscht purer Alltagstrubel. Wocheneinkäufe, ins Bistro zur Mittagspause oder schnell zum Arzttermin: Turbulent geht es besonders am Europaplatz zu.

    Über Rot gehen: "Am Europaplatz kommt man schnell in Versuchung"

    Hier scheinen die Passanten auf den ersten Blick kreuz und quer über Straßen und Schienen zu laufen - auch auf den zweiten Blick, denn sowohl Fußgänger als auch Fahrradfahrer machen hier offenbar ihre eigenen Verkahrsregeln. ka-news begab sich in Beobachter-Stellung und verfolgte für 20 Minuten das Geschehen. Der erste Blick fiel auf die Fußgängerampel an der Ecke Kaiserstraße/Karlstraße. Die Leuchtanlage schien stets im gleichen Takt umzuschalten, wobei die Grünphasen deutlich überwogen. Und trotzdem: Schon nach den ersten fünf Minuten zählte der aufmerksame Betrachter etwa 30 Personen, die entweder mit dem Fahrrad oder zu Fuß über Rot fuhren, beziehungsweise gingen. Die in solchen Momenten wütend mit dem Gaspedal spielenden Autofahrer schienen sie zu überhören.

    Manfred Schwab von der Verkehrspolizei erklärt das fahrlässige Verkehrsverhalten am Europaplatz so: "Baustellenbedingt ist von der Karlstraße kommend in Richtung Amalienstraße nur ein Fahrstreifen befahrbar. Da die Passanten hier nur auf eine Seite schauen müssen, wenn sie die Straße überqueren wollen, kommen sie besonders schnell in die Versuchung 'eben mal schnell' über Rot zu gehen - sie meinen die Verkehrslage ausreichend im Blick zu haben." Ein besonders unfallreiches Pflaster sei der Europaplatz im Vergleich mit anderen Stellen in Karlsruhe allerdings nicht.

    Auf längstem Weg und kreuz und quer über die Kreuzung

    Ins Auge sprang an gleicher Stelle eine Mutter, die ihre Tochter an der Hand über die Straße zerrte. "Aber Mama, es ist rot", als sich das kleine Mädchen besorgt umsah, wurde es sogleich noch näher herangezogen: "Komm, auf", knurrte die Frau daraufhin genervt. Offenbar hatte sie es eilig. Weniger fahrlässig würden vermutlich jene Fußgänger ihr Verhalten einstufen, die die Ampelschaltung offenbar in- und auswendig kennen. Auch wenn kein Auto an der Begrenzung hält, wissen sie wohl, dass das Licht demnächst auf Grün umspringt und laufen sozusagen "vorwissentlich" den restlichen Wartenden voraus. Oft fühlen sich diese durch die Vorahnung eines Einzelnen motiviert und folgen über die noch rote Ampel.

    Dass es hingegen auch anders geht, bewies eine junge Mutter, die wiederum ebenfalls mit ihrem Sohn an der Hand die Schienen in Richtung Postgalerie überquerte und mit Blick auf das unübersichtliche Treiben von Mensch und Bahn bemerkte, dass hier eine Ampel auch nicht fehl am Platz wäre. Sicherlich handelte es sich bei rot-ignorierenden Eltern um Ausnahmen - ein Großteil der Familien, die den Europaplatz querten, nahmen ihre Schützlinge oft sogar an beiden Händen oder warteten mit dem Kinderwagen manchmal Minuten, bis alle Gefahren auf der Kreuzung ausgeschlossen werden konnten.

    In 20 Minuten: 146 Passanten ignorieren Ampel-Rot

    Anders eine gute Hand voll Senioren, die trotz Gehhilfe, Rollkoffer oder langsamen Fußes nicht vor herannahenden S-Bahnen zurückschraken. Im Gegenteil nahmen viele die längste Strecke, um auf die andere Straßenseite zu gelangen. So überhörte wohl auch eine ältere Frau mit einem Hund an der Leine das Läuten einer Straßenbahn und lief geradewegs auf die Schienen, sodass der S-Bahn-Fahrer stark abbremsen musste. Gleich tat es ihr ein anderer Mann: Gleich zwei Mal lief er innerhalb von drei Minuten beinahe vor eine Tram. Wenige Augenblicke später setzte ein Radfahrer aus der Kaiserstraße kommend zum Abbiegen in die Karlstraße in Richtung Pädagogische Hochschule an, als plötzlich die auf dem Gepäckträger abgestellte Einkaufstüte verrutschte und ein Becher mit Sahne zunächst platze und auf die Straße fiel. Im Schock blieb der Radler mitten im Kreuzungsbereich stehen und begutachtete seine verschmutzte Tasche - bis er sich erst gute zwei Minuten später, als hinter ihm Autos und Bahnen anhielten, auf den Sattel schwang. Respekt vor den gelben Fahrzeugen schienen die wenigsten zu haben: Auffällig war auch, dass ein Großteil der Passanten, wenn sie warteten, viel zu nah an den Schienen standen. Besonders im Bereich der Kurve Kaiserstraße/Karlsstraße wurde dies schnell gefährlich.

    Gut möglich, dass der Europaplatz einer der Punkte im Karlsruher Schienennetz ist, an dem unter anderem die meisten Verspätungen auf den Linien verursacht werden, denn: Oft fuhren die Bahnen sehr langsam an und mussten sich zunächst durch den restlichen Verkehr boxen. Das Fazit nach 20 Minuten Verkehrsbeobachtung spricht für sich: Etwa 146 Passanten, die das Ampelrot übersahen, zwölf mehr oder weniger brenzlige Situationen zwischen Straßenbahn und Mensch, zehn Mal musste sich die S-Bahn mit einem Läuten durch die Menge zwängen und neun Mal warnten Autos die über Rot laufenden Passanten per Hupsignal.

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