Wie ist die CSD-Parade in Karlsruhe im Vergleich zu anderen Städten? Eher groß oder eher übersichtlich?
Melanie: Natürlich mit zirka 30 Teilnehmer-Gruppen und rund 1.100 Zuschauern eher übersichtlich und noch am Wachsen. Aber wir sind ja auch nicht in Berlin oder Köln
Hans: Aber dafür, dass Karlsruhe eine 300.000-Einwohner-Stadt ist, ist es repräsentativ, auf jeden Fall. Wir unterstützen uns gegenseitig.
Melanie:Aber um die Größe geht es beim CSD auch nicht, sondern darum, gesehen zu werden und eine Botschaft zu vermitteln. Deshalb gibt es seit vergangenem Jahr auch im Anschluss an den CSD ein Familienfest auf dem Stephanplatz mit großer Bühne und einem abwechslungsreichen Rahmenprogramm. Das schafft noch mehr Aufmerksamkeit als die Parade.
Karin: Wir haben letztes Jahr mit unserer Veranstaltung auch offiziell als Gruppe teilgenommen, nicht nur als Zuschauer und auf einem Truck Präsenz gezeigt. Mehr Auffallen geht schon fast nicht mehr.
Wer und was ist "Buntes Rauschen"?
Karin: Wir sind kein Verein oder Unternehmen, wir sind drei Freunde, die sich zusammen getan haben. Meli und ich sind ein Paar.
Hans: Wir sind Meli, Karin und Hans und zusammen sind wir Buntes Rauschen! Das ist eine Veranstaltungsreihe, die eben "buntes Rauschen" heißt. Bunt steht für die Vielfalt der Gäste, die wechselnde Mottos und die vielen Specials. Rauschen steht sinnbildlich für Klänge der Musik. Immer am zweiten Samstag jeden Monat hat primär das homosexuelle Publikum die Möglichkeit, gemeinsam zu feiern.
Welche weiteren Veranstaltungen gibt es noch in Karlsruhe?
Karin: Es gibt schwul-lesbische Filmtage und zwei weitere Veranstaltungen in Karlsruhe. Zum einen ist das "Rosa Park" am ersten Samstag im Monat und "Holla die Waldfee" an wechselnden Terminen im Jahr.
Wie "bunt" ist Karlsruhe - macht die Stadt genug für Gleichberechtigung?
Melanie: Bei uns in Karlsruhe wird viel gemacht. Wir können uns da nicht beschweren. Allein die Präsenz und die Eröffnungsreden von Herrn Dr. Mentrup beim CSD sind schon ein tolles Statement.
Wie ist das Heiratsrecht bei schwul-lesbischen Paaren aktuell? Wie ist es in Karlsruhe?
Karin: Es unterscheidet sich in der Bezeichnung: Es heißt nicht "Frau" und "Mann" - also "Ehe - sondern es ist eine eingetragene Lebenspartnerschaft. Es gibt noch keine Gleichberechtigung.
Hans: Die Politik ist auf dem besten Weg, wie ich mitbekommen habe. Es gibt bislang verschiedene Varianten.
Melanie: Jetzt mittlerweile ist auch die Hinterbliebenenversorgung bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften kein Thema mehr. Man kann inzwischen erben und der Partner wird versorgt. Da gab es bis vor Kurzem erhebliche Nachteile gegenüber gleichgeschlechtlichen Partnerschaften.
Karin: Was immer noch nicht geht und ich glaube auch nicht, dass es jemals der Fall sein wird, ist eine kirchliche Hochzeit. Man kann in diesem Fall nur eine Freie Trauung machen. In Karlsruhe gibt es wohl nur eine Person beim Standesamt, die ausschließlich gleichgeschlechtliche Trauungen betreut. Diese finden in anderen Räumlichkeiten in der Kaiserallee statt, nicht im Standesamt. Ist aber auch nur mein Wissenstand seit einigen Jahren - vielleicht hat sich hier auch etwas getan.
Und wie sieht es mit dem Adoptionsrecht aus?
Melanie: Man darf als eingetragene Lebenspartnerschaft kein fremdes Kind adoptieren...
Karin: ...sondern nur die leiblichen Kinder der Partner, welche eventuell mit in die Partnerschaft gebracht wurden. Hintertürchen gibt es natürlich schon. Aber als homosexuelles Paar ehrlich zu sagen, dass man zusammen ein Kind adoptieren möchte, das geht nicht.
Erlebt ihr Diskriminierung im Alltag?
Karin: Diskriminierung habe ich in sofern jetzt noch nicht erlebt. Ich habe immer nur positive Erfahrungen gemacht, sowohl in der Familie als auch im Beruf. Klar gibt es die ein oder andere fragwürdige Situation: Wenn man händchenhaltend durch die Straßen läuft, lässt es sich nicht vermeiden, dass blöde Blicke kommen. Aber das ist für mich keine Diskriminierung, wie man es aus den Medien kennt.
Gibt es Unterschiede in der Wahrnehmung von lesbischen und schwulen Paaren?
Karin: Wenn man offensichtlich als lesbisches Pärchen auf eine Party geht, verstehen Hetero-Männer unser Verhalten oft als Einladung und fragen: "Darf ich mitmachen?" oder "Habt ihr Bock auf einen Dreier?" Und auch wenn man ihnen klar signalisiert, dass kein Interesse da ist...
Melanie: ... stehen sie trotzdem da mit dem Handy und filmen uns oder machen Fotos während wir uns beispielsweise küssen.
Karin: Das ist schon immer so gewesen. Ich bin seit 15 Jahren geoutet. Ich glaube, das wird sich auch nie ändern.
Hans: Es wird als Provokation gesehen.
Melanie: Ja, man wird nicht als Paar wahrgenommen, sondern immer als Provokation gesehen. Man bekommt sofort unterstellt, dass man irgendwie mal mit Männern schlechte Erfahrung gemacht hat. Ich glaube allerdings, dass es Männerpaare deutlich schwerer haben als Frauen. Denn, bei Frauen ist das nie so eindeutig wie bei Männern - da ist immer der Gedanke "Das könnten auch Freundinnen oder Schwestern sein" - bei Männern ist das eine ganz andere Hausnummer. Sie bekommen Diskriminierung schon sehr viel stärker zu spüren.
Stimmt das, Hans?
Hans: Also ich bin in der Hetero- und Homosexuellen-Szene in Karlsruhe unterwegs. ich habe bisher nicht Negatives erlebt. Natürlich - je auffälliger ein Mensch ist, desto mehr Aufmerksamkeit zieht er auf sich. Das ist auch bei uns Schwulen so. In kleineren Städten ist es jedoch schwieriger geoutet zu leben. In Offenburg wurde beispielsweise das Auto eines Bekannten demoliert als die Täter gesehen haben, dass das Auto einem Schwulen gehört.
Wie begegnet ihr den Vorurteile gegenüber Homosexuellen und was kann man dagegen unternehmen?
Karin und Melanie:
Zum Beispiel mit dem Christopher Street Day (CSD) am 30. Mai. Damit wollen wir Vorurteile abbauen und für mehr Rechte einstehen.
Melanie: Das fängt aber nicht nur beim CSD an. Auch in der Medienlandschaft könnte man die Homo-Pärchen als ganz normale Familie darstellen. Oder im Beruf - wir drei haben es gut getroffen. (Anm. d. Red.: Karin ist Chefsekretärin bzw. Buchhalterin, Hans Kundenbetreuer in der Gastronomie und Melanie Kauffrau für Marketingkommunikation) Aber es gibt Gruppen, die sehr stark diskriminiert werde werden, beispielsweise männliche Kindergärtner, Polizisten oder Fußballer.
Hans: Buntes Rauschen ist für uns nicht nur eine Party - da steckt viel mehr dahinter. Wir beraten, sind die ganze Nacht greifbar für jeden. Wir versuchen, die Gäste zu sensibilisieren und ihnen einzuschärfen: Wenn du Diskriminierung erfährst, gib ihnen kein Kontra. Denn das, was wir verbreiten wollen und wofür wir einstehen, ist Toleranz. Sobald du dich wehrst, bekämpfst du Feuer mit Feuer - und Feuer wird nur mit Wasser bekämpft.
Das Gespräch führte Corina Bohner.
ka-news Hintergrund:
Mit dem Christopher Street Day demonstrieren Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle in vielen Städten über den ganzen Sommer hinweg für ihre volle Gleichberechtigung überall auf der Welt. Mit dem CSD erinnert die Community einmal jährlich an den ersten Aufstand von Lesben und Schwulen 1969 in der New Yorker Christopher Street. Nähere Informationen zum CSD in Karlsruhe unter www.csd-karlsruhe.de
Der Karlsruher CSD zog 2011 zum ersten Mal durch die Fächerstraßen. Im vergangenen Jahr übernahm Boxerin Regina Halmich die Schirmherrschaft über die Veranstaltung, 2013 war es Oberbürgermeister Frank Mentrup.
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