In Rheinstetten verlassen täglich 600 Tonnen Wurst und Fleisch das Gelände des neuen Edeka Fleischwerks, um die Edeka-Filialen im Südwesten mit Waren zu beliefern.
"Verkehr belästigt Anwohner stark"
Der 85 Millionen teure Neubau befindet sich in unmittelbarer Nähe der Messe und ist innerhalb von 18 Monaten gebaut worden. Seit einem Jahr zerlegen dort jede Woche rund 800 Mitarbeiter 25.000 bis 30.000 Schweinehälften, wie ein Unternehmenssprecher mitteilt. So weit so gut. Während das Werk für Edeka Südwest ein "Meilenstein in der Fleischproduktion" ist, wie Geschäftsführer Detlev Weiler im Juli 2011 erklärte, stößt es einigen Anwohnern und Bürgerinitiativen immer noch sauer auf. Aus Kreisen der Interessengemeinschaft "Siedler von KA" ist zu hören, dass der Verkehr die Anwohner stark belästige.
Manfred Einhaus, Vorstand der Siedler, bestätigt, dass die Wohngegend durch das Fleischwerk unangenehm laut geworden sei. Um dies zu beweisen, hat sich die Interessengemeinschaft inzwischen ein Schallmessgerät zugelegt und zwei Nächte lang gemessen. "Wir können nicht genau bestimmen, welche Geräusche genau den Lärmanstieg bestimmen, je nach Windrichtung spielt sicher auch die B36 eine Rolle", erläutert er. Fest stehe aber, dass die Messungen höher lägen, als die Lärmprognose im Zuge des Neubaus gelautet habe. Als störend empfänden viele Anwohner auch das ständige Piepsen beim Zurücksetzen der Lkw. Nun plant die Interessengemeinschaft eine Verkehrszählung.
Relativiert hat sich hingegen die Befürchtung einer Geruchsbelästigung. Zwar sei eindeutig ein Wurst- und Fleischgeruch wahrnehmbar - je nachdem wie der Wind stehe - dies stelle aber kein größeres Problem dar. Im Gegensatz dazu stören sich die Siedler von KA nach wie vor am Bau an sich und dem damit verbundenen Eingriff in die Natur. "Nach der Neuen Messe hätte dort nichts mehr gebaut werden dürfen", so Einhaus; immerhin sei das Gebiet eigentlich als Erholungsgebiet im Regionalplan ausgewiesen und werde durch das Fleischwerk stark beeinträchtigt. Statt grüner Lunge und klimafreundlichen Grünflächen pulsiere dort jetzt der Verkehr. "Dabei braucht eine Stadt solche Freiflächen zur Abkühlung - auch im Hinblick auf die Klimaerwärmung", betont Einhaus.
"Nicht nur Arbeitsplätze für die Region"
Schließlich sei man unzufrieden, in welcher Weise das Argument der neu geschaffenen Arbeitsplätze nun umgesetzt worden sei. Denn im Fleischwerk arbeiteten nicht nur Leute aus der Region, sondern auch ungarische und polnische Kräfte. Dies bestätigt der Geschäftsführer des Fleischwerks, Jürgen Mäder: Von den 800 Mitarbeitern seien 150 ausländische Arbeiter in der Fleischzerlegung über Werksverträge angestellt. Alle anderen jedoch seien Mitarbeiter aus der Region oder aus den alten Werken, die inzwischen größtenteils umgezogen seien. "Wir fühlen uns hier sehr wohl und haben eine positive Grundstimmung im Betrieb", kontert er.
Viele Bedenken der Siedler von KA teilen jedoch auch die Freien Wähler Karlsruhe: "Was wir 2009 und 2010 an Bedenken geäußert haben, gilt nach wie vor", erklärt der Vorsitzende Lars Dragmanli auf ka-news-Anfrage. Er bemängelt, dass es für die 800 Mitarbeiter keine öffentlichen Verkehrsmittel zum Fleischwerk gebe, was die Verkehrsbelastung noch einmal deutlich erhöhe. Auch könne das Dach des Gebäudes nicht begrünt werden - um wenigstens einen Ausgleich zu schaffen.
Stadt: "Weniger Verkehr als prognostiziert"
Die Stadt Rheinstettenn hingegen steht dem Steuerzahler positiv gegenüber. "Wir schauen heute nach einem Betriebsjahr mit Stolz auf diesen Arbeitgeber in unserer Stadt", berichtet Oberbürgermeister Sebastian Schrempp gegenüber ka-news. Das Unternehmen identifiziere sich in hohem Maße mit dem Standort und übernehme neben seiner Funktion als großer Arbeitgeber auch Verantwortung in Vereinen und Stiftungen. "Derzeit werden zum Beispiel 6.000 Jungbäume in unserem Wald durch das Unternehmen gepflanzt", betont er.
Nach Ansicht der Stadt Rheinstetten sind die prognostizierten Verkehrsströme nicht erreicht worden - trotz des jährlichen Umsatzes von über 500 Millionen Euro "mit seinen notwendigen Warenströmen". Beschwerden über den Verkehr oder die im Vorfeld geäußerten Befürchtungen über Geruchsbelästigungen seien der Verwaltung derzeit keine bekannt. "Gerade in diesen Punkten stehen wir in einem regelmäßigen Dialog mit der Unternehmensführung und freuen uns über den guten Austausch", so Schrempp.
Für das Fleischwerk läuft die Arbeit am neuen Standort gut - Edeka sucht noch Auszubildende für die Berufe "Fleischer/in" und "Fachkraft für Lebensmitteltechnik" ab September.
Verwaltungsgericht lehnt Eilantrag ab
Die Planungen des Fleischwerks waren von massiver Kritik von Bürgerinitiativen und Naturschützern begleitet. Die Gegner befürchten eine Zunahme des Verkehrs. So versuchten die Interessengemeinschaft "Die Siedler von KA" und die "Interessengemeinschaft Rheinstetten e.V." das Fleischwerk zu verhindern. Aktivisten der Initiative "Bürger für Karlsruhe" (BüKA) rechneten neben klimatischen Veränderungen auch mit Geruchs- und Lärmbelästigungen. Im August 2009 wurde einEilantragdes Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der den Baubeginn des Vorhabens verhindern sollte, vom Verwaltungsgericht Karlsruhe abgelehnt.
Gegner unterliegen - Bau des Edeka-Fleischwerks darf beginnen
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Fleischwerk: Trotz Protesten endgültige Genehmigung erteilt