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Karlsruhe: Finsterer Pate: Verliert der Karlsruher Fritz-Haber-Weg seinen Namen?

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Finsterer Pate: Verliert der Karlsruher Fritz-Haber-Weg seinen Namen?

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    Sind die Tage des Fritz-Haber-Weges gezählt? Die Kult-Fraktion fordert eine Umbenennung in Clara-Immerwahr-Weg.
    Sind die Tage des Fritz-Haber-Weges gezählt? Die Kult-Fraktion fordert eine Umbenennung in Clara-Immerwahr-Weg. Foto: rh

    Die Kult-Fraktion lässt mit einem Antrag an den Karlsruher Gemeinderat eine alte Debatte wieder aufflammen. Darin fordern Lüppo Cramer (KAL) und Erik Wohlfeil (Piraten) eine Umbenennung des Fritz-Haber-Weges auf dem Campus des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Dabei taucht Habers Name nicht nur einmal in der Fächerstadt auf: Neben dem Fritz-Haber-Weg auf dem Campus Ost, ziert sein Name auch ein Straßenschild in Grünwinkel. 

    Fritz Haber - Nobelpreisträger oder "Vater des Gaskrieges"?

    "Der Nobelpreisträger Fritz Haber wird heute weniger wegen seiner außerordentlichen Leistungen im Bereich Chemie wahrgenommen, sondern mehr als 'Vater des Gaskrieges'", argumentiert die Kult-Fraktion in ihrem Antrag. Haber habe während des Ersten Weltkriegs die Entwicklung und den Einsatz chemischer Massenvernichtungswaffen geplant, geleitet und verantwortet. Der derzeitige Name der Straße werde schon seit geraumer Zeit in Teilen der Bürgerschaft kritisch diskutiert.

    Als neue Namenspatin schlägt die Kult-Fraktion in ihrem Antrag Habers erste Ehefrau Clara Immerwahr vor. Die Chemikerin habe nicht nur als eine der ersten Frauen in Deutschland promoviert, sondern sich auch öffentlich gegen die Arbeit ihres Mannes ausgesprochen. Sie habe sich sogar aus Protest selbst das Leben genommen, so wird es überliefert. Einige Mitarbeiter am KIT hatten die umstrittene Straße daher bereits 2009 in Clara-Immerwahr-Weg umbenannt.

    Kritische Ergänzungstexte für zweifelhafte Namensgeber

    Die Diskussion über zweifelhafte Namenspaten ist in der Fächerstadt nicht neu. 2010 forderte die Grüne Gemeinderatsfraktion, dass umstrittene Namen wie die Treitschkestraße, Lüderitzstraße oder die Wißmannstraße umbenannt oder kritisch kommentiert werden sollten. Ein Jahr später kam die Stadtverwaltung nach eigenen Angaben dem Vorschlag der Grünen nach.

    "Straßen, die nach Personen benannt sind, die aufgrund der von Ihnen begangenen Menschenrechtsverletzungen heute nicht mehr bei der Neuvergabe von Straßenname berücksichtigt werden würden, wurden mit einem entsprechenden Ergänzungstext versehen", schreibt die Stadtverwaltung in ihrer Stellungnahme zum Kult-Antrag. Wie das konkret aussieht, zeigt ein Blick in die umstrittene Treitschkestraße: "Heinrich von Treitschke trug mit seinen Publikationen dazu bei, dass der Antisemitismus in der Kaiserzeit gesellschaftsfähig wurde. Die Straße wurde 1889 benannt. Die Benennung entspricht nicht mehr den heutigen Wertevorstellungen", heißt es hier unterhalb des Straßennamens. Aber konnten bei der Aktion schon alle zweifelhaften Straßenschilder berücksichtigt werden?

    Stadtverwaltung sieht sich nicht zuständig

    Bereits im Sommer dieses Jahres sei die Grünen-Gemeinderatsfraktion mit dem Vorschlag an die Stadtverwaltung herangetreten, die Fritz-Haber-Straße in Grünwinkel mit einem solchen Zusatzschild zu versehen. Beim Fritz-Haber-Weg am KIT sei die Stadt Karlsruhe allerdings nicht zuständig, wie sie auf Nachfrage von ka-news erklärt. So sei hier auch noch kein Zusatztext vorhanden.

    "Die Wege auf dem KIT-Campus sind als private innere Erschließung des Geländes anzusehen", erklärt die Stadt in ihrer Stellungnahme. Die Benennungen zur besseren Orientierung sei durch die damalige Universitätsverwaltung in eigener Regie erfolgt. Der Gemeinderat habe diese 1993 lediglich zur Kenntnis genommen.

    "Eine Zuständigkeit der Stadt ist daher nicht gegeben", teilt die Stadtverwaltung weiter mit. Allerdings habe die Verwaltung Kontakt mit dem Eigentümer "Vermögen und Bau Baden-Württemberg" Kontakt aufgenommen. "In die Beschlussvorlage für die Behandlung der Fritz-Haber-Straße in Grünwinkel sollte auch eine Aussage über die Vorgehensweise beim Fritz-Haber-Weg aufgenommen werden", begründet die Stadverwaltung ihr Vorgehen. Eine Äußerung des Eigentümers stehe derzeit noch aus. 

    Kritische Ergänzungen sind nach Ansicht der Kult-Fraktion nicht genug: Am kommenden Dienstag, 18. November, soll die Diskussion im Karlsruher Gemeinderat erneut ins Rollen gebracht werden. ka-news ist vor Ort und berichtet.

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