"In Karlsruhe haben wir als erste Kommune in Baden-Württemberg mit dem Drogenkonsumraum einen wichtigen Schritt in Richtung akzeptierende Drogenarbeit gemacht. In diesen akzeptierenden Ansatz fügt sich das Modellprojekt ein", sagt Stadtrat Niko Riebel, gesundheitspolitische Sprecher der Grünen Gemeinderatsfraktion in Karlsruhe. Nur so könne man Konsumenten erreichen und die Risiken effektiv minimieren.
Warum soll Karlsruhe Modell werden?
Am 6. Dezember 2019 eröffnet AWO Karlsruhe in der Kriegsstraße 76 das K76. Die Einrichtung richtet sich mit ihrem Angebot an schwerstabhängige Drogenkonsumenten. Abhängigen von Opioiden, Kokain und Amphetamin wird hier unter anderem auch Ausstiegshilfe angeboten. Darauf aufbauend wollen die Karlsruher Grünen nun etwas für den legalen Cannabiskonsum tun.

Damit dies gelingen kann, soll im Rahmen des Cannabis-Modellprojekts, aufbauend auf der Kabinettsvorlage der Bundesregierung, geprüft werden, inwiefern Karlsruhe als Vorreiter der Cannabislegalisierung fungieren könnte. "Wichtig ist eine transparente und offene Darstellung der von uns beantragten Prüfung", so die Grünen.
Was besagt die Kabinettsvorlage?
Die Koalitionsfraktionen haben im Koalitionsvertrag 2021 die Einführung einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften vereinbart. Unter anderem soll dadurch die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz sowie Gesundheitsschutz für Konsumentinnen und Konsumenten bestmöglich gewährleistet werden, so die Darstellung der Eckpunkte vonseiten des Bundesgesundheitsministeriums.

Viel Jahre nach Verabschiedung des Gesetzes soll eine Evaluierung die gesellschaftlichen Auswirkungen prüfen, heißt es weiter. Die zentralen Eckpunkte der Vorlage sind unter anderem:
- Cannabis und Tetrahydrocannabinol (THC) werden künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft.
- Die Produktion, die Lieferung und der Vertrieb von Genusscannabis werden innerhalb eines lizenzierten und staatlich kontrollierten Rahmens zugelassen.
- Der Erwerb und der Besitz bis zu einer Höchstmenge von 20 bis 30 Gramm Genusscannabis zum Eigenkonsum im privaten und öffentlichen Raum werden straffrei ermöglicht.
- Privater Eigenanbau wird in begrenztem Umfang erlaubt.
- Als Mindestaltersgrenze für den Verkauf und den Erwerb von Genusscannabis wird die Vollendung des 18. Lebensjahres des Erwerbers festgelegt.
- Umsätze aus Verkäufen von "Genusscannabis" sollen der Umsatzsteuer unterliegen.
- Daneben ist die Einführung einer besonderen Verbrauchssteuer ("Cannabissteuer") vorgesehen.
Was bedeutet das für Karlsruhe
Soweit die Grundlage zur gesetzlichen Regelung und Einführung einer kontrollierten Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken. Für den Antrag der Grünen bedeutet das: "Endgültige Maßnahmen zur Realisierung des Projekts könnten dann besprochen werden, wenn die Gesetzgebung in Berlin vollständig abgeschlossen sei", meint Riebel. Für September werde auf erste Ergebnisse der Drogenkommission gehofft.

Nun bleibe die Bewertung des Grünen-Antrags vonseiten der Suchthilfenkoordination und der Drogenbeauftragen der Stadt Karlsruhe abzuwarten, meinen die Grünen. Dem Gemeinderat der Stadt liegt für seine Sitzung am 18. Juli der entsprechende Antrag vor.
Wer könnte das Projekt begleiten?
Als etwaige Projektpartner sollen unter anderem Einzelhändler und Organisationen in Karlsruhe mit einbezogen werden. "Sicherlich ist es wichtig, die AWO einzubeziehen, die derzeit den Drogenkonsumraum betreiben und mit der AWO-Ambulanz schon Kontakt zu Drogen konsumierenden Menschen hat", erklärt der Stadtrat.

Die Stadtverwaltung arbeite bereits mit bewährten Partner-Organisationen zusammen. Als weiteren Akteur könne man sich die ZeSIA Aidshilfe Karlsruhe vorstellen, sagt Riebel. "Um auch spezielle Themenfelder, wie den Konsum im sexuellen Kontext, zu berücksichtigen."
Was steckt hinter dem Modellprojekt?
Ein Grund für eine Teilnahme an besagtem Modellprojekt, sei die "Entkriminalisierung" von Cannabiskonsum, so der Antrag der Fraktion. "Durch eine Teilnahme am Projekt wird den konsumierenden Menschen bekannt, wo sie sich sicher legal mit Cannabis versorgen können. Dort besteht auch die Möglichkeit zu kontrollieren, wie das Cannabis zusammengesetzt ist", erklärt Riebel.

So sollen unter anderem die Risiken für Konsumenten minimiert werden. "Der illegale Drogenverkauf in Karlsruhe würde somit geschwächt werden. Damit sehen wir große Vorteile für Karlsruhe bei einer Teilnahme", meint der Stadtrat.

Mit einer Entkriminalisierung ginge auch die Entstigmatisierung von Cannabis-Konsumenten einher. "Diese sind so eher bereit, bei Bedarf Hilfe zu suchen. Auch eröffnet dies die Möglichkeit einer ehrlichen und offenen Diskussion über Gefahren und Nebenwirkungen", heißt es in der Antragsbegründung.