"Mitfahrer mit einer Sehbehinderung brauchen hörbare Signale, um zu erfahren, welche Bahn gerade anrollt und in welche sie einsteigen können", erklären die Karlsruher Grünen ihr Anliegen.
"Sprechende Haltestellen" würden 2,4 Millionen Euro kosten
Konkret fordern sie die Stadtverwaltung dazu auf, über so genannte "sprechende Haltestellen", die beispielsweise auf Knopfdruck ihre Ansage starten oder andere akustische Möglichkeiten nachzudenken, um die derzeitige Situation vor Ort zu verbessern. Weiter sollte man in Erfahrung bringen, mit welchen Kosten man bei den unterschiedlichen Lösungen rechnen müsste.
In ihrer Stellungnahme weist die Stadtverwaltung darauf hin, dass sich bereits Nahbeschallungen mit Drucktastenanforderung und Vorlesefunktion im bundesweiten ÖPNV durchgesetzt hätten. Der Vorteil dieser Möglichkeit sei die geringe Lärmbeeinträchtigung für Anwohner und Fahrgäste, da die Ansage nur durch Anforderung ausgelöst werden könne. Der Nachteil: Eine einzelne Anlage dieser Art würde rund 8.000 Euro kosten - das entspreche Gesamtkosten von etwa 248.000 Euro nur für die Fokus-Haltestellen Hauptbahnhof, Herrenstraße, Durlach Turmberg, Zündhütle, Entenfang, Mühlburger Tor und Durlacher Tor.
VBK erneuern gerade 300 Anzeigetafeln - Umrüstung würde weitere drei Jahre kosten
Flächendeckend käme man laut Stadtverwaltung auf 2,4 Millionen Euro - zuzüglich steigenden Personalkosten hinsichtlich der Instandhaltung. Würden die Tickets damit künftig also noch teurer werden? Derzeit konnten bereits 250 von 300 Anzeigetafeln erneuert werden. Die Nachrüstung der gerade barrierefrei umgebauten Haltestellen im Stadtgebiet würden daher wohl mindestens drei Jahre in Anspruch nehmen, wobei davon abzusehen sei, die provisorischen Kombi-Haltestellen in den Plan mitaufzunehmen. Das sei schlicht sinnlos, wie die Stadt weiter erklärt.
Alles in allem zeigt sich die Stadt Karlsruhe nicht überzeugt von den, von der Grünen- und CDU-Fraktion vorgeschlagenen, "sprechenden Haltestellen". Weiter zur Debatte stehen Lautsprecher, die außen an den jeweiligen Bahnen angebracht werden. "Hier werden derzeit sowohl Konzepte ohne Bedarfsanforderung wie auch Systeme, bei denen der mobilitätseingeschränkte Fahrgast die Ansage über einen Handsender manuell oder automatisch aktiviert, getestet - beispielsweise in Linz, Gera und Dresden", erklärt die Stadtverwaltung auf Anfrage der Fraktionen. Der Kostenpunkt liege deutlich günstiger bei rund 100.000 Euro pro 50-teiliger Fahrzeugflotte. Geeignete Handsender könnten individuell für rund 25 Euro im Handel erhältlich sein.
Karlsruhe bietet aktuell Vorlesefunktion für Smartphones und Blindenleitsystem
Zum aktuellen Stadt wisse man bereits, dass die Verständlichkeit solcher Durchsagen stark vom Wetter und den Umgebungsgeräuschen abhänge - mit anderen Worten sie diese Lösung also nicht in allen Punkten zufriedenstellend. Da derzeit noch keine allgemeine Empfehlung des Verbands deutscher Verkehrsunternehmen (VCV) vorliege, ob und welche Systeme deutschlandweit zum Einsatz kommen sollen, wollen die VBK die technische Entwicklung vorerst beobachten, ehe sie sich für einen Weg der Verbesserung für blinde Fahrgäste entscheiden.
Und was tut die Stadt Karlsruhe bereits für sehbehinderte Fahrgäste? "Es gibt bereits die Möglichkeit, Echtzeitfahrinfos über das Smartphone abzurufen und sich dann per Screenreader vorlesen zu lassen", so die Verwaltung in ihrer Stellungnahme. Dies stehe bereits heute, ohne weitere Investitionen, bereit.
Weiter heißt es gegenüber der CDU-Fraktion, dass die VBK wie auch die Vertreter der städtischen Ämter stets in Kontakt mit den Karlsruher Blinden- und Sehbehindertenverbände stehen. So sei beispielsweise gemeinsam entschieden worden, die Anforderungen an Bodenindikatoren im öffentlichen Raum (Blindenleitsystem) nach neuer Regelung umzusetzen.
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