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Olli Schulz & der Hund Marie: Das "Warten auf den Bumerang"

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Olli Schulz & der Hund Marie: Das "Warten auf den Bumerang"

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    Und zur Belohnung gibt's ein weiteres wunderschönes Akustikgitarren-Pop-Album in deutscher Sprache? Auch. Und doch so viel mehr. Dass der Olli ein kluger Beobachter ist, mit großem Herzen, der zwangsläufigen Wut im Bauch und einem feinen Sinn für die absurden Brüche des Alltags, wussten wir. Dass er dabei immer besser werden würde - das haben wir zumindest geahnt.

    Der CD-Tipp von Patrick Wurster

    Album Nummer drei macht aus Olli einen Oliver und mit dem Singer/Songwriter wächst auch seine Band: Neben Tomte-Gitarrist Dennis Becker (ka-news berichtete) wird die Begleitung nun mit einem festen Trommler (André Frahm) zur Kapelle aufgestockt. Und die braucht offenbar mehr Platz: Ausgecheckt hat man im Grand Hotel van Cleef und haust fortan neben den artverwandten Indie-Kollegen von Kante (ka-news berichtete) beim Major Labels.

    Der Schritt nach vorn hat sich schon beim Vergleich zwischen "Brichst du mir das Herz, dann brech ich dir die Beine" und dem "Beigen Album" (ka-news berichtete) angedeutet; jetzt ist die Reife überdeutlich zu hören. Bloße Ambition greift um sich, dort wo einst die Akustikgitarre einsam knarrte, während Hund Marie aka Max Schröder alle möglichen Instrumente zu bearbeiteten hatte. In den neuen Studio-Songs ist fast alles fahrige und skizzenhafte verschwunden, der Un- ist endgültig dem Tiefsinn gewichen, "Warten auf den Bumerang" - das ist 37 Minuten reinstes Musik-Destillat.

    Zotige, unbeschwerte Textzeilen wird man vergeblich suchen. Ganz am Ende lukt dann zwar doch noch ein verschmitzter Bub mit "Kleine Meise, grosses Herz" um die Ecke, ansonsten machen "Affenbär" und "Klappskalli" nurmehr den Gruß-Onkel: Adieu. Den Jux gibt's ausschließlich auf der "Limited Edition". Dort präsentiert sich Schulz auf der Bonus-EP solo mit Klampfe, spielt mehr als die Hälfte der Album-Songs ein weiteres Mal live, unplugged und anders, klopft wie gewohnt seine Sprüche und hält mit dem "Vorführeffekt" auch einen lockerleichten Bonus-Track parat; ganz so wie man den Sympathikus aus Hamburg vom ersten Konzertbesuch an kennen, schätzen und lieben gelernt hat.

    Dabei ist die neue Ernsthaftigkeit so neu gar nicht, nur konsequenter und weitaus vollmundiger. Schulz, Hund Marie und der Rest vom Rudel beherrschen das besungene Scheitern in jeder Tonlage; leise ("Schritt für Schritt") wie laut ("Medizin"), avantgardistisch mit vielschichtigen Streicher-Arrangements ("Wenn das Leben dich beisst"), ja man probiert sich sogar an Elektro-Loops ("Keiner hier bewegt sich"). Haben wir eben nicht noch mit Vehemenz und wippendem Fuß zugestimmt: "Wenn die Music nicht so laut wär, dann wär sie auch nur halb so schön"? Wie verdammt recht der Schulzens doch schon wieder hat! Oder auch nicht: Acht Tracks später flüstert er uns das mit zartem Frauengesang verzierte "Armer Vater".

    Und schaut ein Olli Schulz in den "Rückspiegel", dann streift beim Piano-Intro ganz kurz ein Hauch Coldplay (ka-news berichtete) durch den Wagen, bevor der warme Schauer des Verstandenwerdens Besitz ergreift. "Warten auf den Bumerang" nimmt so manche musikalische Abzweigung und Nebenstraße, findet aber immer wieder in die Spur. Das Ziel der Reise: Musik mit Seele.

    Wenn wir uns also das nächste mal ob all der Sorgen und Nöte winselnd im eigenen Wehleid suhlen, sollten wir nicht nur dem Volksmund entsprechend viel tun, sondern auch den Oliver Marc Schulz gelegentlich wieder für uns singen (und seine Band spielen) lassen. So für die Befindlichkeit in der Zeit dazwischen. Könnte helfen. Irgendwann kommt ganz bestimmt schon wieder ein Moment, der besser ist. Bumerang, wir warten...

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