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Karlsruhe: Wo d'r Himmel op jeiht

Karlsruhe

Wo d'r Himmel op jeiht

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    ka-news: Was hat euch dazu bewogen, bei der "Einheizfeier" als Headliner anzutreten?
    Kutlu: Dass wir Headliner sind, haben wir erst kurz vor dem Auftritt erfahren. Aber abgesehen davon spielen wir oft auf Antifa-Veranstaltungen. Von der Ex-Steffi haben wir das erste mal über unsere Connection zu Chaoze One (ka-news berichtete) erfahren, der bekanntlich einen Song über das Haus gemacht hat. Dank ihm war'n wir hier.
    Rossi: Für die gute Sache und den guten Zweck - da sind wir immer zu haben!

    Kutlu und Rossi hatten wenig Mühe auch die bunthaarige Klientel von ihrem HipHop-Sound zu überzeugen... (Foto: ka-news)

    ka-news:

    Nun ging wider Erwarten doch noch der Himmel über Karlsruhe op. Eigentlich wolltet ihr den Höhner-Song heute Abend gar nicht spielen. Warum kamen wir doch noch in den Genuss?

    Kutlu: Wir hatten das Instrumental von "Wann jeiht d'r Himmel widder op" gar nicht dabei... Aber nachdem Chaoze und ganz viele andere Leute in der Sache auf uns zugekommen sind, war klar: Das ist der Song, den alle hier heute Abend hören möchten. So haben wir den Original-Track von der Platte laufen lassen und einfach über unsere Stimmen drübergerappt!

    ...während DJ Ra die Turntables bearbeitete (Foto: ka-news)

    ka-news:

    Ein Song mit Ohrwurmcharakter! Warum gab's seinerzeit zum Release kein Video?

    Rossi: Wir hatten nie den Hintergedanken ein Video oder 'ne Single draus zu machen. Das wiederum liegt an der Entstehungsgeschichte des Songs. Wir haben ihn für einen Sampler der Kölner Künstlerinitiative gegen Rechts mit dem Namen "Arsch huh - Zäng ussenander" produziert. Dort sollte jeder Kölner Künstler einen anderen covern - und wir haben uns die Höhner ausgesucht, weil das Lied super zu unserer Geschichte passt: Kutlu mit seinen türkischen Wurzeln, ich mit meinen itlaienischen.
    Kutlu: Hey, ich bin doch kein Baum! (lacht) Naja, aber so haben wir die Höhner kennengelernt und das sind wirklich supernette Menschen! Die Jungs waren übrigens sehr angetan von der Mic Mafia-Fassung.
    DJ Ra: Dann haben wir dreimal bei den "Höhner Classics" in der Kölner Philharmonie gespielt - das ist ein Gefühl mit den Höhnern und einem 80-Mann-Orchester im Rücken auf der Bühne zu stehen!
    Rossi: (lacht) Vor allem, wenn 3.000 Leute aufstehen und schunkeln!
    Kutlu: Am letzten Abend hat sich der Rossi angemaßt die Menge zu bitten: 'Und jetzt alle aufstehen und abgehen!" Und das haben dann tatsächlich alle gemacht! Hinterher kam der Chef der Philharmonie zu mir und meinte, er hat so etwas in seinem Haus noch nie gesehen!
    Rossi: Und all diese schönen Erlebnisse sind doch viel mehr wert als ein Video bei Viva oder MTV laufen zu haben oder in die Charts zu kommen!

    "Die Lunte brennt, wir warten noch auf die Explosion"

    ka-news:

    Ihr habt vor vier Jahren nach den schlechten Erfahrungen mit "Die Farbe des Geldes" euer eigenes Label Al Dente Recordz gegründet. Konzept aufgegangen?

    Rossi: In der Musikbranche ist es derzeit sehr schwierig Fuß zu fassen. Aber es ist einfach toll, wenn du weißt, ich kann rausbringen was ich will, wann ich will und vor allem wie ich will. Aber um richtig zu klotzen, fehlt hier und da leider das Geld. Dennoch sind wir froh, diesen Schritt gemacht zu haben, um neben uns selbst auch einigen anderen Künstlern - wie zum Beispiel Superskank, den Saloniki Surfers (ka-news berichtete), Straßenkinda oder Kopfhörer (ka-news berichtete) - zu helfen. Die Lunte brennt, wir warten noch auf die Explosion.

    Noch steht Chaoze One im Publikum... (Foto: ka-news)

    ka-news:

    Eigene HipHop-Formation, eigenes Label - reicht's zum Überleben?

    DJ Ra: Absolut nicht! Wir müssen alle drei nebenher arbeiten.
    Kutlu: Aber das war für uns immer klar. Wir sind nicht von der Fraktion, die sagt: 'Wir haben jetzt 'ne Platte auf'm Markt und zehn Auftritte in diesem Jahr - ich kündige und mach fortan nur noch Musik.' Nach zwei Jahren läuft's vielleicht nicht mehr - und dann? Nein nein, wir fahren das parallel. Ist zwar manchmal schwer, aber es ist gut so wie es ist, weil wir wissen, dass wir jeden Monat den Lohn auf dem Konto haben und ruhigen Gewissens zu unseren Auftritten fahren können. Vielleicht ist das der Grund, warum wir schon 16 Jahre Musik machen. Ich bin mir sicher, andernfalls gäbe es die Mic Mafia nicht mehr. Wenn du davon leben musst, setzt du dir zwangsläufig ein Zeitlimit, in dem ein bestimmter Status Quo erreichen sein muss. Und wenn's nicht hinhaut, brichst du ab. Wir haben uns nie solche Marken gesetzt. Wenn's aber doch mal irgendwann so richtig abgehen sollte, dass wir davon leben können - es gibt nix einfacheres als 'ne Kündigung zu unterschreiben.

    ka-news: Ihr könntet euch also vorstellen als "Teilzeitmusiker" die Karriere zu beenden?
    Rossi: Ganz klar! Ich find's cool so wie es ist. Wir können unser Ding machen und müssen uns nicht verstellen, nur um überleben zu können.

    "Die Leute wollen nicht viel nachdenken bei Musik"

    ...doch dann bittet Signore Rossi zum Freestyle! (Foto: ka-news)

    ka-news:

    Was sagt ihr zu "Kollegen" wie Sido oder Bushido (ka-news berichtete), die mit ihren Dumpfbackentexten auf der Erfolgswelle schwimmen während ihr trotz eingängiger Beats und intelligenten Reimen kein Land seht?

    Kutlu: Oh je Aggro Berlin... Die haben doch fast alle einen an der Waffel. Immer hart sein, immer cool sein und dann dieses 'Ich lebe für HipHop'! Ich lebe nicht für HipHop! HipHop ist ein wichtiger Bestandteil meines Lebens, weil es mich dazu gebracht hat bestimmte Dinge nicht zu tun. Für uns war es beispielsweise einfach wichtiger, in Jugendzentren aufzutreten anstatt uns in irgendwelchen Discos mit Drogen wegzuhauen. Und wenn irgendeiner meint auf der Bühne meine Familie beschimpfen zu müssen, hört's auf mit HipHop, das Mic geht zur Seite und dann wird geboxt! Meine Familie hat nichts mit HipHop zu tun, hat nichts mit Coolness zu tun, hat nix mit irgendwas zu tun. Meine Familie bleibt aus dem Spiel. HipHop darf alles? Darf es nicht! Bushido bringt zwar in der Richtung wenig, aber der hat dafür 'ne andere Macke. Auf der einen Seite seine harten Rhymes, dabei ist er im Grunde total nett! Ich trenne ja generell Musik und Mensch und als Mensch ist er ganz in Ordnung. Aber um nochmal aufs Stichwort "Dumpfbackentexte" zurückzukommen: Die Leute wollen nicht viel nachdenken bei Musik.
    DJ Ra: In Berlin geht das ohnehin ganz anders ab. Da braucht nur irgendjemand 'ne Platte rauszubringen, dann haben die schon 20.000 verkauft. Das Konzept von Aggro Berlin ist eigentlich ganz cool, die halten sich gegenseitig, auch wenn man sich dann zwei Wochen später wieder die Fresse einschlägt. Aber alles, was textlich und musikalisch rüberkommt - das muss ich mir echt nicht antun.
    Rossi: Du bist ja nur neidisch! Nein, im Ernst: Jeder soll das machen was er will, wenn er mit den Konsequenzen leben kann.

    Waren mit guten Rhymes, eingängigen Beats und nicht zuletzt mit flotten Sprüchen die Entertainer des Abends: Rossi und Kutlu (Foto: ka-news)

    ka-news:

    Gibt's denn in naher Zukunft einen Mic Mafia-Gig in der Region?

    Kutlu Leider nicht in Baden-Württemberg, aber am 13. November spielen wir schon wieder in der Ex-Steffi und zwar als Gäste von Chaoze One, der dann die Release-Party seiner neuen EP "Koppstoff" (ka-news berichtete) feiern wird.

    ka-news: Lotta Continua - der Kampf geht weiter. Wie?
    Kutlu: Wir sind schon drei echte Spezialisten und haben ein Faible dafür entwickelt, die falschen Songs für die Maxis auszusuchen... Aber heute Abend haben wir uns vorgenommen eine limitierte Auflage von "Wann jeiht d'r Himmel widder op" und "Denkmal" zu veröffentlichen. Und das Video dazu drehen wir in der Ex-Steffi.

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