Einzig beim Titel hat sich Chaoze One vom gleichnamigen Buch aus der Feder Feridun Zaimoglus inspirieren lassen, vielleicht besser bekannt durch "Kanaka Sprak vom Rande der Gesellschaft". Ansonsten macht er wie gewohnt sein ganz eigenes Ding. Und gleich beim zweiten Track fällt abermals ein prominenter Name, ist einmal mehr ein alter Bekannter zu hören: Bei "Some People" geben sich Chaoze und Deadly T. - von dem keiner so recht weiß, ob seine Anarchisten Academy ihre Pforten denn nun endgültig für alle Ewigkeit geschlossen hat - das Mikro in die Hand und offerieren nach dem Abgesang aufs "Grüngroßdeutschland" nun ihr ganz persönliches "State Of Mind der Rapper zur Deutschrap-Beliebigkeits-Diskussion".
Und wollte man den sich anschließenden "Heimatmelodien" auch noch einen Zusatztitel geben, dann hieße der zweifelsohne: "Kein Mensch ist illegal - Part II". Abgesehen von türkisch und spanisch angehauchten Samples im Beat und den ersten Chaoz’schen Rapgehversuchen auf englischem Terrain präsentiert sich bei diesem Anti-Abschiebe-Track eine Newcomerin an der Seite des "Altmeisters": Lotta C nennt sie sich und nicht zuletzt ihr markantes Organ macht die "Heimatmelodien" zu dem herausragenden "Koppstoff"-Stück schlechthin.
Chaoze One und die neue HipHop-Härte
Es folgt der altbekannte Track "Revolution/Koma Deluxe", welcher bereits zu Jahresbeginn veröffentlicht und bis dato an die 1.000 Mal als MP3-Fassung veräußert wurde. Und - wie sollte es bei soviel harter Polit-Kost anders sein - ist der emotionale Rausschmeißer eben dort platziert, wo er hingehört: an den Schluss nämlich. "Hey Schwungi", ein kurzer, melancholischer Song mit sehr persönlichen Lyrics im Stile von "Letzter Gruß", welchen Chaoze auf dezente Drums und Klaviersamples rappt.
Doch nach den 18:38 Minuten ist noch längst nicht Schluss: "Koppstoff" enthält außerdem als PC-Datentrack Chaoze Ones erste und längst restlos vergriffene Demo-CD "Neue Kreise", ein Selfmade-Video zu "Revolution/Koma Deluxe" sowie über 40 Minuten Live-Material vom Bensheim-Auftritt 2003. Dass an angesprochener letzter Stelle ruhigere Töne angemessen sind, ist nur zu klar. Ansonsten aber präsentiert sich Chaoze One auf "Koppstoff" einen gehörigen Tick härter und aggressiver als auf den meisten "Rapression"-Nummern - und diese Härte steht ihm und seiner Musik nur zu gut; zumal die bundesdeutschen Zustände in gewohnter Chaoze-Manier nicht eben zimperlich anprangert werden.
Und auch wenn die Menschheit zumindest mittelfristig noch mit "der neuen deutschen Battlehärte und den patriarchal-pubertären Besamungsphantasien der politisch bewusstlos vor sich hindumpfenden HipHop-Stammtischler"- wie es Hannes Loh, Ex-MC der Erste-Stunde-Polit-Rapper Anarchist Academy so adrett formuliert hat - geplagt sein wird: Koppstoff, den gibt’s hierzulande ganz sicher auch auf lange Sicht noch jede Menge. Chaoze One wird hoffentlich weiterhin das Beste draus machen und ein waches Auge auf die Zustände haben. Also fein in Acht genommen, ob Enkel oder Großmama.