Los ging die Verhandlung um 9 Uhr im Amtsgericht Karlsruhe. Angeklagt sind Silas R. und Markus M.
Angeklagte äußern sich nicht
Wie bereits bei den vorherigen Prozessen wurden unter anderem Videoausschnitte (Treffen vor dem Spiel, Pyro-Aufzeichnungen, Einlasskontrolle), Chatverläufe und Protokolle von Mitgliedertreffen als Beweise hinzugezogen.
Beide Angeklagten äußerten sich vor dem Amtsgericht nur zu den Personalien, nicht jedoch zum Pyro-Vorfall. Staatsanwalt Adrian Hepworth wies darauf hin, dass sich das Schweigen womöglich negativ auswirken könnte. Das wurde von den Angeklagten und den Verteidigern zur Kenntnis genommen.
Verteidiger: Keine konkrete Beteiligung der Mandanten
"Aus meiner Sicht, ist mein Mandant freizusprechen. Da haben die anderen Verhandlungen keinen Einfluss darauf", betont einer der Verteidiger. Der Grund: Videos, Chatverläufe und sonstiges Quellenmaterial würden eine konkrete Beteiligung der Angeklagten an der Pyro-Aktion nicht bestätigen.

Die Staatsanwaltschaft sieht das anders. Beide seien über die Planungen durch die entsprechenden Chatgruppen informiert gewesen. Silas R. soll zudem bei einigen Versammlungen zur Vorbereitung der Pyro-Aktion anwesend gewesen sein.
Waren die Kontrollen zu oberflächlich?
Während des ersten Prozesstages wurde hervorgehoben, dass sich Markus M. sich 2021 in der "Probezeit" befunden habe, sei zu dem Zeitpunkt also noch kein vollwertiges Ultramitglied gewesen. (Anmerkung der Redaktion: Die ersten Planungen zur Jubiläumsfeier starteten wohl 2020) Das bestätigen die Zeugenaussagen von zwei Polizeibeamten.

Darunter ist auch der Leiter der Ermittlungen. Er, so sagt er, habe solche Ausmaße "in seinen 20 Jahren noch nicht erlebt". Er selbst war an dem Tag nicht im Stadion, sein Kollege schon. Der szenekundige Beamte befand sich auf der Osttribüne.
Er bestätigt, dass das Pyro-Spektakel aufgrund der Rauchentwicklung und Größe "ungewöhnlich" gewesen sei. Ungewöhnlich sei nach den Zeugenaussagen auch die Art und Weise der "oberflächlichen" Kontrollen gewesen. Großen Rucksäcken sei wohl zu wenig Beachtung geschenkt worden.
Verteidigung sind die Beweise nicht konkret genug
Bei allen angeführten Punkten haben die Verteidiger Einwände: "In den großen Rucksäcken werden auch Fahnen transportiert." Ob sich darin tatsächlich Pyro-Material befunden habe, sei unklar. Das gehe auch aus den Videos nicht hervor.
Auch ein Video, dass den Angeklagten M. wohl beim "Herunterziehen der Fahne" zeigen soll, überzeugt seinen Verteidiger Tobias Westkamp nicht. "Dass Herr M. für zwei Sekunden die Plane runtergezogen hat, das waren wohl seine einzigen aktiven Sekunden", betont er.

Auch zur Blockreinigung nach dem Vorfall fand der Verteidiger Silas R., Ashraf Abouzeid, klare Worte. (Anmerkung der Redaktion: Bei den bisherigen Prozesstagen wurde öfter angemerkt, dass keine Pyro-Überreste vorgefunden worden waren.)
"Es gab mehrere Gespräche zwischen dem KSC und der aktiven Fanszene wegen erheblichen Verschmutzungen. Sie sollen aus Kostengründen die gröbsten Verunreinigungen selbst entsorgen. Es gab keine polizeiliche Anordnung, das zu unterlassen", so Abouzeid. Das gehe aus einem Fragenkatalog der Polizei an den Sicherheitsbeauftragten hervor.
Wie geht es weiter?
Aus Zeitgründen wurde der Prozess am 8. Oktober unterbrochen. Um 15 Uhr war Schluss. Er soll am 22. Oktober, um 13 Uhr, fortgeführt werden. An diesem Datum wird voraussichtlich ein Urteil für die Angeklagten Silas R. und Markus M. fallen.
Der Karlsruher "Pyro-Prozess"
Am 12. November 2022 trafen der Karlsruher Sportclub (KSC) und der FC St. Pauli aufeinander.
Vor Anpfiff der Partie kam es zu einer nicht angemeldeten Pyro-Aktion der Ultra-Gruppierung "Rheinfire". Sie feierten mit der Aktion ihr 20-jähriges Jubiläum, zündeten pyrotechnische Gegenstände und Feuerwerksbatterien.

Die Partie musste mit 15 Minuten Verzögerung angepfiffen werden - der Rauch behinderte die Sicht im gesamten Stadion. Nach dem Spiel meldeten sich Stadionbesucher: Der Rauch verletzte elf Fans, einen davon schwer und nachhaltig.
Der KSC suchte erst das Gespräch zwischen Verletzten und Ultras, stellte dann aber doch wenige Tage darauf Strafanzeige gegen Unbekannt. Die Polizei nahm Ermittlungen auf und suchte nach Handyaufnahmen und Fotos der Aktion.
Die Pyro-Aktion der Ultras fand zusätzlich zu einer beim KSC angemeldeten Choreographie statt. Letztere wurde im Vorfeld der Pyro gezeigt: Spruchbanner und ein großformatiges Logo zierte die Südtribüne.
Das Thema beschäftigt seitdem die Karlsruher Justiz: Im Mai 2024 starteten die Verhandlungen am Amtsgericht Karlsruhe. In insgesamt 28 Verfahren stehen 25 Ultra-Fans und drei Sozialarbeiter des Fanprojekts vor Gericht. Für acht "Rheinfire"-Mitglieder wurde bereits ein Urteil gesprochen (Stand: 7. Oktober).