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Karlsruher Oststadtkreisel: Verkehrsexperimente senken Unfallzahlen drastisch

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Weniger Unfälle am Oststadtkreisel: So soll es mit den Verkehrsversuchen weitergehen

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    Getestet und für gut befunden: die beiden Verkehrsversuche am Oststadtkreisel.
    Getestet und für gut befunden: die beiden Verkehrsversuche am Oststadtkreisel. Foto: Thomas Riedel

    Die Karlsruher kennen und fürchten ihn: den „Oststadtkreisel“. Mehrere Fahrspuren, Radquerungen und eine Bahnstrecke treffen sich inmitten eines Kreisverkehrs, der gar keiner ist. Seit 26 Jahren beschäftigt die kuriose „runde Kreuzung“, die es sogar schon in die Satire-Sendung „extra 3“ geschafft hat, die Autofahrer der Region - und damit auch die Verkehrsexperten.

    Denn: Immer wieder kommt es aufgrund der komplizierten Verkehrsführung am „Todeskreisel“, wie er im badischen Jargon auch liebevoll genannt wird, zu Unfällen und Konflikten zwischen den Verkehrsteilnehmern. Insgesamt 36 Mal krachte es 2024 auf dem Knotenpunkt im Karlsruher Osten.

    Die beiden Verkehrsexperimente im Überblick

    Dagegen helfen sollten nun zwei großangelegte Verkehrsversuche der Stadt Karlsruhe in Zusammenarbeit mit Experten der Polizei und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Im Fokus stehen besonders kritische Teile der Kreuzung:

    • Versuch 1: Zufahrt Oststadtkreisel aus der Stuttgarter Straße
      Was wurde geändert? Der rechte Fahrstreifen wurde gesperrt, Autos können nur noch auf einer Spur in die runde Kreuzung einfahren. Der baulich abgetrennte rechte Fahrstreifen wurde - statt reine Sperrfläche zu bleiben - zum Radweg für den von Osten kommenden Radverkehr mit Ziel Stuttgarter Straße umfunktioniert.
      Was soll sich verbessern? Der Einmündungsbereich sollte übersichtlicher werden. Verkehrsteilnehmer, die von der Stuttgarter Straße kommen, sollten Autos und Radfahrer aus Richtung der Ludwig-Erhard-Allee besser sehen können. Unfälle, aufgrund schlechter Sicht in die Kreuzung hinein, sollten so reduziert werden.
    • Versuch 2: Zufahrt Oststadtkreisel aus der Wolfartsweierer Straße/ Verkehrsführung innerhalb des Kreisels
      Was wurde geändert? Die Spur geradeaus in den Oststadtkreisel in Richtung Stuttgarter Straße wurde gesperrt, auch hier führt nur noch eine Fahrspur - die rechte in Richtung Ludwig-Erhard-Allee - in die Kreuzung hinein. Alternativrouten: über den Ostring oder die Kapellenstraße. Ebenfalls einspurig führt nun der Weg von innerhalb des Kreisels in Richtung Stuttgarter Straße.
      Was soll sich verbessern? Die Wegnahme von jeweils einem Fahrstreifen sollte auch hier bessere Übersicht für Verkehrsteilnehmer sorgen und weniger Unfälle durch die wegfallenden Fahrstreifenwechsel quer über die Kreuzung bewirken.
    Die geänderte Verkehrsführung an der Wolfartsweierer Straße im Überblick.
    Die geänderte Verkehrsführung an der Wolfartsweierer Straße im Überblick. Foto: Stadt Karlsruhe, Ordnungs- und Bürgeramt

    Versuch eins startete am 11. Juni 2024, Versuch zwei Anfang März dieses Jahres. Zeit für eine Zwischenbilanz: Haben die Verkehrsexperimente den Oststadtkreisel tatsächlich entschärfen können?

    Unfallquote drastisch gesenkt

    Eine Nachfrage bei der Polizei Karlsruhe ergibt: Ja, das haben sie. - und das nicht zu knapp. So habe bei Verkehrsversuch eins an der Stuttgarter Straße die Unfallquote um ganze 80 Prozent senken lassen. „In den 14 Monaten des Verkehrsversuchs, also bis 10. August 2025, ereignete sich lediglich ein polizeilich dokumentierter Verkehrsunfall. Hierbei handelte es sich um einen Auffahrunfall zweier Pkw ohne Personenschaden“, erklärt die Polizei gegenüber ka-news.

    Fahrstreifen weg, Radspur hin: Verkehrsversuch eins an der Stuttgarter Straße.
    Fahrstreifen weg, Radspur hin: Verkehrsversuch eins an der Stuttgarter Straße. Foto: Thomas Riedel

    Zum Vergleich: Im selben Zeitraum des Vorjahres habe es hier fünf Unfälle gegeben - mit insgesamt drei verletzten Radfahrern, einem verletzten E-Scooter-Fahrer sowie einem Auto-Auffahrunfall. Noch drastischer auf die Verkehrssicherheit wirkt sich nach Angaben der Polizei das zweite Verkehrsexperiment am Knoten Wolfartsweierer Straße/Ludwig-Erhard-Allee aus.

    Der zweite Verkehrsversuch an der Wolfartsweierer Straße.
    Der zweite Verkehrsversuch an der Wolfartsweierer Straße. Foto: Thomas Riedel

    Wurden hier in den ersten fünf Monaten (bis 18. August) des Verkehrsversuchs ebenfalls nur ein Unfall ohne Personenschaden registriert, waren es im Vergleichszeitraum des Vorjahres noch zehn Unfälle, einer davon mit Personenschaden. Das ergibt eine Senkung der Unfallquote um ganze 90 Prozent. Auch Projektexperte Matthias Zimmermann vom KIT ist mit den Ergebnissen bislang zufrieden.

    Nicht alle Verkehrsteilnehmer sind zufrieden

    Die Experimente tragen also Früchte - doch sehen das die Verkehrsteilnehmer genauso? Laut der Polizei sowie der Karlsruher Stadtverwaltung haben sich die negativen Rückmeldungen der Auto- und Radfahrer zu beiden Verkehrsversuchen in Grenzen gehalten. „Zum ersten Verkehrsversuch konnten auf sozialen Medien Beschwerden festgestellt werden, die sich in erster Linie auf den befürchteten Rückstau in der Stuttgarter Straße und die wahrgenommen ungerechte Bevorzugung des Radverkehrs bezogen haben“, erklärt die Polizei gegenüber ka-news.

    „Die Reaktionen zum zweiten Verkehrsversuch fielen in der polizeilichen Wahrnehmung deutlich moderater aus und betrafen in erster Linie die fehlende Möglichkeit des Linksabbiegens aus der nördlichen Wolfartsweierer Straße sowie die daraus folgenden notwendigen Umwege.“ Lob sei dagegen von Radfahrern für die verbesserte Querungsmöglichkeit gekommen sowie von Anwohnern, die weniger Lärm durch Hupen wahrgenommen hätten.

    Der Oststadtring an der Ludwig-Erhard-Allee.
    Der Oststadtring an der Ludwig-Erhard-Allee. Foto: Carmele/ TMC-Fotografie

    Wie die Stadtverwaltung auf Anfrage von ka-news erklärt, dauere es erfahrungsgemäß einige Tage bis Wochen, bis sich alle Verkehrsteilnehmer an die neue Verkehrsführung gewöhnt haben. Mittlerweile würden aber kaum noch Rückmeldungen zum Oststadtkreisel eingehen. „Die neue Verkehrsführung hat sich eingespielt und wird angenommen.“

    Chancen auf Verstetigung der Experimente stehen gut

    Was bedeuten diese Zahlen nun für die Zukunft des Oststadtkreisels? Die Stadtverwaltung hatte bereits im Vorfeld angekündigt, nach Abschluss beider Experimente über eine sogenannte bauliche Verstetigung der jeweils geänderten Verkehrsführung beraten zu wollen. Das soll im Februar 2026 passieren.

    Auch innerhalb der Kreuzung hat sich die Verkehrsführung verändert.
    Auch innerhalb der Kreuzung hat sich die Verkehrsführung verändert. Foto: Corina Bohner

    „Nach bisherigen Erkenntnissen wirken sich die Verkehrsversuche positiv auf den Verkehr, die Unfalllage und damit auf die Verkehrssicherheit aus“, so die Stadt. Das bestätigt auch die Polizei auf Nachfrage von ka-news. Heißt: Aus den Experimenten könnten in naher Zukunft dauerhaft geänderte Fahrstreifen werden.

    Wird der Oststadtkreisel noch sicherer?

    Und es gibt eine weitere gute Nachricht für alle Verkehrsteilnehmer: Die Verbesserung der komplizierten Kreuzung soll damit noch nicht zu Ende sein. Wie die Polizei mitteilt, wird bereits an weiteren Lösungsansätzen für das sichere Navigieren durch den Fahrstreifen-Dschungel getüftelt: „Die zuständige Unfallkommission, bestehend aus Straßenverkehrs- und Straßenbaubehörde, Polizei und externem Berater ist bemüht, neben dem Vorschlag einer Neuplanung und den derzeit eingerichteten Verkehrsversuchen weitere tragfähige Lösungen zu erarbeiten, die schnell und möglichst endgültig die Verkehrssicherheit verbessern.“

    Einziger Wermutstropfen: Bis diese in die Tat umgesetzt werden können, wird noch einige Zeit ins Land ziehen. Denn: Jeder baulichen Veränderung des Oststadtkreisels müsse eine Prüfung vorangehen, ob diese tatsächlich für mehr Verkehrssicherheit sorgt, erklärt die Stadtverwaltung.

    Der Kreisel könnte noch weiter umgebaut werden.
    Der Kreisel könnte noch weiter umgebaut werden. Foto: Thomas Riedel

    Weitere Verkehrsversuche und Evaluationen werden die Folge sein. Für die Rad- und Autofahrer heißt das: Der Oststadtkreisel wird also noch eine ganze Weile Verkehrs-Hotspot bleiben - und damit ein zentrales Karlsruher Gesprächsthema.

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