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Bundestagsabgeordnete Zoe Mayer über Wohnraummangel in Karlsruhe

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Auf ein Bier mit Zoe Mayer: „Das Problem ist nicht zu wenig Wohnraum – sondern seine Verteilung“

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    Interview  Zoe Meyer (die Grünen).
    Interview Zoe Meyer (die Grünen). Foto: Paul Needham

    Im Biergarten des Karlsruher Vogelbräu traf sich ka-news am Mittwochnachmittag, 18. Juni, mit der Grünen-Bundestagsabgeordneten Zoe Mayer – zum gemeinsamen Bierchen.

    Frau Mayer, Sie sind jetzt zum ersten Mal in der Opposition im Bundestag. Worin unterscheidet sich das von Ihrer bisherigen Arbeit in der Regierung?
    Der Unterschied zwischen Regierungs- und Oppositionsarbeit ist definitiv groß. Ich persönlich freue mich aber auf die kommenden Jahre, weil ich in der Oppositionsrolle viele Chancen sehe – besonders, wenn man sich die Themen anschaut, die die neue Regierung als prioritär einstuft. Da können wir Grünen konstruktiv und mit Nachdruck oppositionell arbeiten.

    Auf welche Themen beziehen Sie sich hier konkret?
    Der gesamte Kurs der neuen Regierung wirkt auf mich wie ein „Zurück in die Neunziger“. Klimaschutz spielt dort offenbar kaum noch eine Rolle. Wir werden lautstark und entschieden dafür eintreten, dass das nicht so bleibt.

    Hat sich durch die neue Koalition in Berlin auch das Verhältnis zu Ihrem Karlsruher Kollegen Parsa Marvi (SPD) verändert?
    Nein, das hat sich nicht verändert. Ich finde, Politik muss funktionieren – dazu gehört, dass Regierung und Opposition auch konstruktiv zusammenarbeiten. Während der Ampel hat das nicht immer geklappt. Die Koalition war besser als ihr Ruf, aber gerade die damalige Opposition aus CDU/CSU war oft destruktiv. Wir Grüne wollen es jetzt anders machen. Deshalb ist auch das Verhältnis zu meinen Karlsruher Kolleginnen und Kollegen nicht stark betroffen. Wir wollen lokale Projekte weiterhin gemeinsam vorantreiben – auch, wenn wir jetzt unterschiedliche Rollen einnehmen.

    Interview  Zoe Meyer (die Grünen).
    Interview Zoe Meyer (die Grünen). Foto: Paul Needham

    Sie sprechen konstruktive Opposition an. Ein Beispiel?
    WIR WOLLEN KEINE POLITIK DER TOTALVERWEIGERUNG. DAS ZEIGT SICH ETWA BEIM SONDERVERMÖGEN: Hier haben wir als Opposition mitgetragen, weil wir es für sinnvoll halten. Eine Totalopposition würde unsere Gesellschaft an den Rand bringen. Wir wollen stattdessen Vertrauen in die Politik erhalten und wieder stärken.

    Hat es Sie überrascht, dass Friedrich Merz im ersten Wahlgang als Kanzler durchgefallen ist?
    „ÜBERRASCHT“ WÄRE ZU VIEL GESAGT. IN MEINER FRAKTION WAR DAS GEFÜHL EHER: „Was für ein chaotischer Laden.“ Und das hat sich ja dann auch bestätigt. Mich persönlich hat das als Bürgerin besorgt – denn es hat nicht die Stabilität und Verlässlichkeit ausgestrahlt, die in dieser Situation wichtig gewesen wäre.

    Friedrich Merz (Symboldbild).
    Friedrich Merz (Symboldbild). Foto: Michael Kappeler/dpa

    Welche Karlsruher Themen erreichen Sie in Berlin – auch abseits der großen Politik?
    Das reicht von kleineren Projekten wie Fördermitteln für die Sanierung der Orgel in der Stabkirche oder für die Modernisierung örtlicher Sporthallen bis zu größeren Anliegen. Man kann in Berlin oft darauf hinweisen, dass Mittel auch in Karlsruhe gebraucht werden – und das tue ich regelmäßig.

    Die Grünen befinden sich nach den Neuwahlen im Umbruch. Immer wieder kommt der Vorwurf auf, die Partei stecke in einer „elitären Blase“. Was sagen Sie dazu?
    Wir haben immer den Anspruch, Politik für die ganze Gesellschaft zu machen. Trotzdem wollen wir als Partei künftig deutlich heterogener werden. Bei der internen Frauenquote gelingt uns das schon sehr gut – unsere Fraktion besteht zu 60 Prozent aus Frauen. Aber in Bereichen wie Migrationshintergrund oder Bildungshintergrund haben wir noch viel Luft nach oben.

    Interview  Zoe Meyer (die Grünen).
    Interview Zoe Meyer (die Grünen). Foto: Paul Needham

    In aktuellen Umfragen liegen Grüne und Linke fast gleichauf. Woran könnte dies liegen?
    ES GIBT INHALTLICH KLARE UNTERSCHIEDE ZWISCHEN DEN GRÜNEN UND DER LINKEN. NATÜRLICH IST EINE STARKE SOZIALPOLITIK ZENTRAL, UM GESELLSCHAFTLICHE ZUKUNFTSFRAGEN ZU LÖSEN. INNERHALB DER AMPEL MUSSTEN WIR UNSER PROFIL ZWANGSLÄUFIG ETWAS VERWÄSSERN – GERADE IN DER ZUSAMMENARBEIT MIT DER FDP GAB ES VIELE REIBUNGSPUNKTE. DAS HAT SICHER DAZU GEFÜHRT, DASS MANCHE MENSCHEN SICH FRAGTEN: „Was machen die da eigentlich?“ Hier müssen wir wieder klarer zeigen, wofür wir stehen.

    Zurück nach Karlsruhe: Die Stadt muss sparen, betroffen sind besonders „grüne Kernthemen“ wie ÖPNV oder Kultur. Wie kann der Bund die Kommunen hier unterstützen?
    Aktuell wird auf allen Ebenen gespart – und bei Pflichtaufgaben wie Schulen, Renten oder Löhnen können Kommunen kaum kürzen. Deshalb geraten freiwillige Leistungen wie der ÖPNV oder etwa die Geschwisterkindregelung unter Druck – gegen solche Kürzungen stellen wir uns entschieden. Die finanziellen Spielräume der Kommunen sind begrenzt. Der Bund muss mehr Mittel bereitstellen. Mit dem Sondervermögen haben wir hier einen wichtigen Schritt gemacht – auch für Investitionen in Karlsruhe. Aber zur Wahrheit gehört auch: In Berlin wird in den nächsten Jahren an manchen Stellen viel Geld aus dem Fenster geworfen – etwa bei der dauerhaften Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie. Das hilft vor allem Großkonzernen. Wir finden: Dieses Geld könnte sinnvoller eingesetzt werden.

    Thema Wohnen: Was ist der Ansatz Ihrer Partei, um das Problem in Karlsruhe zu lösen?
    Das zentrale Problem ist weniger ein Mangel an Wohnraum – sondern seine schlechte Verteilung. Viele ältere Menschen wohnen allein auf sehr großen Flächen, während anderswo Wohnraum fehlt. Auch in kleineren Kommunen stehen Wohnungen leer. Wir setzen deshalb auf Nachverdichtung und sozialverträglichen Wohnungsbau – nicht auf neue Einfamilienhäuser auf der grünen Wiese. In Karlsruhe ist die Volkswohnung da ein gutes Beispiel. Solche Unternehmen wollen wir steuerlich begünstigen, wenn sie in sozialen Wohnungsbau investieren.

    Wie wollen Sie ältere Menschen motivieren, Wohnraum abzugeben?
    Das geht nur freiwillig. Viele wünschen sich barrierefreien Wohnraum, wissen aber nicht, wie sie einen Umzug organisatorisch oder finanziell stemmen sollen. Genau da müssen wir ansetzen. Die Volkswohnung arbeitet hier bereits sehr gut, etwa beim Wohnungstausch.

    Interview  Zoe Meyer (die Grünen).
    Interview Zoe Meyer (die Grünen). Foto: Paul Needham

    In Ihrer Partei gibt es gerade interne Auseinandersetzungen – besonders zwischen etablierten Kräften und der Grünen Jugend. Wie sehen Sie diese Konflikte?
    Ich finde es nicht überraschend, dass eine Jugendorganisation radikalere Positionen vertritt als die Mutterpartei. Auch wenn ich einige Äußerungen der Grünen Jugend für kontraproduktiv halte, konnte ich das Ausmaß der Aufregung nicht ganz nachvollziehen. Eine Partei lebt von internen Debatten – wenn sie konstruktiv geführt werden, stärkt das uns alle.

    Wie können die Grünen wieder attraktiver für junge Menschen werden – gerade in einer Zeit, in der sich viele Jugendliche politischen Extremen zuwenden?
    WIR SEHEN, DASS JUNGE FRAUEN ZUNEHMEND PROGRESSIV, LINKS UND FEMINISTISCH WÄHLEN. GLEICHZEITIG ORIENTIERT SICH EIN TEIL DER JUNGEN MÄNNER AN KONSERVATIVEN ROLLENBILDERN. DIESER TREND HAT VIEL MIT EINEM GEFÜHL VON KONTROLLVERLUST ZU TUN – DAS DARF DIE POLITIK NICHT UNTERSCHÄTZEN. WIR MÜSSEN DIESE SORGEN ERNST NEHMEN UND DEUTLICH MACHEN: Wir können die Gesellschaft nur gemeinsam verbessern.

    Zum Abschluss etwas Persönliches: Wo verbringen Sie Ihre Ferien – in Karlsruhe oder Berlin?
    Definitiv lieber in Karlsruhe. Die Stadt ist schöner, ruhiger – und meine Familie lebt hier. Ich bin gefühlt viel zu selten in der Heimat, deshalb möchte ich in der Sommerpause bewusst mehr Zeit hier verbringen.

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    1 Kommentar
    Juergen Haecker

    Man kann von den Gruenen halten, was man will. Aber so frustriert und deprimiert wie die älteren Herren sieht sie nicht aus. (Ja, die Macht der Bilder...)

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