Seit dem 8. Juli ist Karlsruhe um ein Kult-Lokal ärmer. Denn das Gasthaus „Zum Kleinen Ketterer“ am Lidellplatz musste schließen. Der Grund: Insolvenz! Seit der Corona-Zeit sind die Kosten zu sehr gestiegen – neben den Energiekosten sind es insbesondere die Lebensmittel, die zu teuer geworden sind.
ka-news schaut zurück ins Jahr 1790, als die Gaststätte neu erbaut und unter drei verschiedenen Namen in der Fächerstadt bekannt wurde.
Die Anfänge des Kleinen Ketterer am Lidellplatz
„Zum Kleinen Ketterer“ liegt in der östlichen Innenstadt von Karlsruhe, am Lidellplatz. Der wird 1790 unter dem Namen Spitalplatz angelegt, denn damals stand hier auch ein Bürgerspital. Erst 1893 wird der Platz in Lidellplatz umbenannt. Dort verläuft auch der Karlsruher Landgraben entlang. Der Lidellbrunnen in der Mitte des Platzes wird in den 1870er Jahren vom Bildhauer Hermann Volz gebaut.

„Zum kleinen Ketterer“ heißt zunächst „zum König von Preußen“
Das Gasthaus am Lidellplatz wird 1790 von dem Gastwirt Philipp Jakob Klein als Schankwirtschaft „Zum König von Preußen“ erbaut. Die Fenster- und Türumrahmungen ähneln denen des Spitals, das sich damals neben dem Gasthaus befindet. Zu dieser Zeit herrschen bestimmte Vorschriften beim Bau von Häusern. Nicht nur das erste Stockwerk, sondern auch das zweite muss massiv aus Steinen konstruiert werden.

Der Bau der Gastwirtschaft dauert einige Jahre, aber im Oktober 1794 meldet der Wirt Philipp Klein, dass „sein schon vor einigen Jahren neuerbautes zweistöckiges Wirtshaus in der verlängerten Adlerstraße nunmehr mit dem äußeren Verputz versehen sei“.
Die Familie Klein hat jedoch offensichtlich nicht vor, das Gasthaus zu behalten. Schon im Januar 1796 kündigt die Familie an, „das neu erbaute Gasthaus mit ewiger Schildgerechtigkeit öffentlich an den Meistbietenden versteigern zu lassen“.
Das Haus steht offen zur Besichtigung. „Täglich kann man das Haus und all seine Bequemlichkeiten in Augenschein nehmen und die desfallsigen (diesbezüglichen) billigen Bedingungen bei ihm selbst vernehmen“, heißt es weiter.

Am Ende des gleichen Jahres verliert das Gasthaus eines seiner Pferde, ein Pferd vom „Kaiserlichen Fuhrwesen“. Mit Letzterem sind die Pferde des Deutschen Kaiserreichs, die für militärische, zivile und wirtschaftliche Zwecke genutzt wurden, gemeint. Das Pferd ist am Durlacher Tor entlaufen und das Gasthaus bietet für seine Rückgabe „Ersatz der Unkosten“ oder „billiges Douceur“ (eine kleine Entschädigung).
Die Jahre bis zum Ersten Weltkrieg
Nachdem Friedrich Weinbrenner in Karlsruhe 1801 das Bauwesen übernimmt, wird das Gebäude um ein Stockwerk aufgestockt und auch durch einen Anbau verlängert. Zu dieser Zeit liegt gegenüber vom Gasthaus der Holzmarkt, begrenzt von dem damals noch offenen Landgraben. Bei der Erbauung der Gewerbeschule wird der Landgraben erneut und erheblich verstärkt.

Somit kann das Gasthaus jetzt als Hotel genutzt werden. Im Jahr 1867 hat hier der berühmteste Gast in der Geschichte des Hotels übernachtet – der russische Schriftsteller Fjodor Dostojewski, der gerade viel Geld in der Spielbank Baden-Baden verspielt hat.
Bis zum Ersten Welkrieg wechselt das Gasthaus öfter seinen Besitzer, blieb aber immer ein gutgehendes, bürgerliches Lokal, bekannt für seine gute Küche.
Umbenannt in „Alte Post“
Direkt nach dem Ersten Weltkrieg wird das Gasthaus in „Alte Post“ umbenannt. Dies hängt vermutlich mit der Abdankung des Kaisers im Jahr 1918 und der Gründung der Weimarer Republik zusammen. Die Bevölkerung möchte von königlichen Assoziationen Abstand nehmen. Jedoch wird es zum Opfer der Inflation der 1920er Jahre und die Tore des Gasthauses bleiben für einige Jahre geschlossen.

Der Name hält nicht lange, denn es gibt 1924 wieder einen Besitzerwechsel – Wilhelm Sebastian Ketterer, ein Brauereibesitzer aus Pforzheim kauft das Gasthaus. Er lässt das Gebäude renovieren und richtet es innen völlig neu ein.
Eigene Metzgerei und moderne Küche durch Ketterer
Ketterer benennt das Haus um in „Zum Kleinen Ketterer“. Er möchte das Bier aus seiner Brauerei in Pforzheim nur noch in eigenen Lokalen ausschenken. Der „Kleine Ketterer“ werde bald als „gemütliches Bierlokal“ eröffnen, heißt es und in der Tat öffnet es wieder im Februar 1926. Außerdem stattet Ketterer das Lokal mit einer eigenen Metzgerei und einer neuen Küche aus.

Beim Bau wird die alte Fassade des Hauses erhalten – die alten, Wirtschaftsräume werden in ein zeitgemäßes, luftiges Bierlokal umgewandelt. Trotzdem bleibt der Charakter des Hauses bewahrt.
Während des Zweiten Weltkrieges erlitt das Haus durch Luftangriffe einige schwere Schäden. Im Jahr 2007 wurde das komplette Haus in Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde saniert.
Heute wie damals leidet der Gastgewerbesektor unter inflationsbedingten Faktoren. Wie in den 1920er Jahren, als das Gasthaus mehrere Jahre lang nicht mehr im Betrieb war. Vielleicht gibt es die Hoffnung, dass sich die Geschichte wiederholt und das schöne Gebäude wieder seine Türen öffnet.
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